Entscheidungsstichwort (Thema)

Beratungspflicht über Wechselmöglichkeit in den Basistarif in der privaten Krankenversicherung

 

Normenkette

AVG § 152 Abs. 4; VVG § 6 Abs. 4 S. 1, § 193

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Flensburg vom 13.08.2018 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das angefochtene und dieses Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Zahlung rückständiger Krankenversicherungsbeiträge für den Zeitraum Januar 2014 bis Dezember 2016.

Der - unter rechtlicher Betreuung stehende - Beklagte unterhält als Versicherungsnehmer eine private Krankenversicherung bei der Klägerin, welche die Anforderungen einer Pflichtversicherung gemäß § 193 Abs. 3 VVG erfüllt.

Aufgrund von Beitragsrückständen kam es nach Mahnung des Beklagten gemäß § 193 Abs. 6 VVG zu einem Ruhen des Vertrages und Einstufung des Beklagten in den Notlagentarif. Im Zeitraum Januar 2014 bis November 2015 zahlte der Beklagte die im Notlagentarif geschuldeten Versicherungsbeiträge von 23 × 99,14 EUR - insgesamt 2.280,22 EUR - nicht.

Ab dem Dezember 2015 trat Hilfebedürftigkeit des Beklagten ein. Mit - erst im Berufungsrechtszug vorgelegten - Schreiben an den Betreuer des Beklagten vom 08.02.2016 (Anlage zum Schriftsatz des Beklagten vom 07.01.2019, Bl. 143 d. A.) teilte die Klägerin u. a. Folgendes mit:

"Sie haben uns per Bescheid des Jobcenters Schleswig-Flensburg vom 29. Dezember 2015 über die Hilfebedürftigkeit von Herrn Matthias D informiert. Der Vertrag wird daher gemäß dem beigefügten Versicherungsschein entsprechend angepasst."

Dieser Bescheinigung beigefügt war ein Versicherungsschein vom 09.02.2016, der ab dem 01.02.2015 eine Versicherung des Beklagten im Ursprungstarif vorsah, welcher vor Ruhen des Vertrages und Eintritt in den Notlagentarif gegolten hatte. Auf Anlage K 5 (Bl. 118 ff. d. A.) wird Bezug genommen.

Der zuständige Sozialleistungsträger (jobcenter Schleswig-Flensburg) zahlte an die Klägerin im Zeitraum Dezember 2015 bis Dezember 2016 monatliche Zuschüsse auf die Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von 13 × 332,64 EUR. Auf die Bescheinigung des jobcenters (Anlage zum Schriftsatz des Beklagten vom 19.03.2018, Bl. 46 f. d. A.) wird Bezug genommen. Der Beklagte selbst leistete keine Zahlungen an die Klägerin.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass ihr für den Zeitraum Dezember 2015 bis Dezember 2016 auch unter Anrechnung der vorgenannten Zuschüsse weitere Versicherungsbeiträge zustünden. Denn mit Eintritt der Hilfebedürftigkeit habe gemäß § 193 Abs. 6 Satz 5 VVG das Ruhen des Vertrages geendet und der Beklagte sei wieder in den Ausgangstarif einzustufen gewesen, in dem er vor der Versicherung im Notlagentarif versichert gewesen sei. Wegen der Höhe der behaupteten Rückstände im Einzelnen wird auf die Darstellung in der Anspruchsbegründungsschrift vom 06.12.2017 (Bl. 15 d. A.) und den - erst im Berufungsverfahren vorgelegten - Versicherungsschein vom 09.02.2016 (Anlage K 5, Bl. 118 ff. d. A.) Bezug genommen. Zusammen mit dem Zahlungsrückstand aus dem Zeitraum Dezember 2014 bis November 2015 ergebe sich insgesamt ein rückständiger Betrag von 5.087,10 EUR.

Weiter hat die Klägerin gemeint, dass der Beklagte mit Eintritt der Hilfebedürftigkeit zum Dezember 2015 nicht in den Basistarif i. S. d. § 193 Abs. 5 VVG einzustufen gewesen sei, da er keinen Antrag auf Wechsel in den Basistarif gestellt habe. Insofern sei auch nicht lediglich ein halbierter Beitragssatz im Basistarif gemäß § 152 Abs. 4 VAG geschuldet gewesen, da der Beklagte seine Hilfebedürftigkeit der Klägerin gegenüber nicht nachgewiesen habe.

Die Klägerin hat zunächst beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 5.087,10 EUR nebst 1 % Säumniszuschlag für jeden angefangenen Monat des Beitragsrückstandes seit dem 01.01.2017 sowie

(a) 958,19 EUR vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten

(b) 6,00 EUR Mahnkosten

zu zahlen.

In diesem Umfang hat das Landgericht den Beklagten zunächst durch Versäumnisurteil vom 19.03.2018 verurteilt. Auf den fristgerechten Einspruch des Beklagten hin hat die Klägerin beantragt, das Versäumnisurteil aufrecht zu erhalten;

der Beklagte hat beantragt,

unter Aufhebung des Versäumnisurteils

die Klage abzuweisen.

In seinem Einspruch hat der Beklagte die Auffassung vertreten, dass nach Eintritt seiner Hilfebedürftigkeit für den Zeitraum Dezember 2015 bis Dezember 2016 nur Versicherungsbeiträge im Umfang des halbierten Basistarifs gemäß § 152 Abs. 4 VAG geschuldet gewesen seien. Die an die Klägerin gezahlten behördlichen Zuschüsse hätten ausgereicht, sämtliche streitgegenständlichen Beitragsrückstände - also auch die bis zum November 2015 im Notlagentarif aufgelaufenen Beitragsschulden - zu tilgen.

Das Landgericht hat das Versäumnisurteil aufrechterhalten, soweit der Beklagte zur Zahlung von 2.280,22 EUR nebst anteiligen Nebenforderungen verurteilt worden ist und hat dies damit begründet, dass auf die bis zum November 2015 im Notlagentarif aufgelau...

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