Verfahrensgang

LG Kiel (Entscheidung vom 14.11.2008; Aktenzeichen 8 O 22/08)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 26.10.2010; Aktenzeichen VI ZR 307/09)

 

Tatbestand

Die nach § 511 ZPO zulässige, insbesondere nach den §§ 517, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten gegen das am 14. November 2008 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Kiel hat nur zum Teil Erfolg. Der Kläger kann gegenüber den Beklagten als Gesamtschuldnern aus den §§ 823 Abs. 1, 831, 840 BGB bzw. positiver Vertragsverletzung des Behandlungsvertrages die Zahlung eines weiteren Schmerzensgeldkapitalbetrages, einer monatlichen Schmerzensgeldrente von EUR 500,00, vorprozessualer Anwaltskosten von EUR 4.071,10 sowie die Feststellung der Ersatzpflicht verlangen. Nicht beanspruchen kann er die Zahlung einer Schmerzensgeldrente für die Vergangenheit.

1) Zutreffend hat das Landgericht eine Bindung der Parteien an die eine Haftung der Beklagten als Gesamtschuldner aus grobem Behandlungsfehler bejahenden Feststellungen der am 09. März 2006 verkündeten Entscheidung des Landgerichts Kiel (Az. 12 O 312/00) unter Hinweis auf eine entsprechende, vorprozessuale Vereinbarung der Parteien bejaht. Die vom Landgericht in der rechtskräftigen Entscheidung aus dem Jahr 2006 festgestellte gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten für die Querschnittslähmung des Klägers unterhalb des Wirbels C 4 ist damit einer erneuten Überprüfung und Entscheidung entzogen.

a) Mit dem in den Gründen zu I. referierten vorprozessualen Schriftwechsel im Zeitraum von August 1998 bis Februar 1999 haben die Parteien vor Erhebung der Teilschmerzensgeldklage durch den Kläger jedenfalls in schlüssiger Form eine Vereinbarung getroffen, wonach die der erstrebten Entscheidung über das Teilschmerzensgeld zugrunde liegenden Feststellungen zwischen den Parteien Bindungswirkung für den Haftungsgrund haben. Die Parteien können sich nach der vom Senat geteilten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs durch einen formfreien Vertrag zu jedem verfahrensrechtlichen Handeln verpflichten, das möglich ist und weder gegen ein gesetzliches Verbot noch gegen die guten Sitten verstößt; dazu gehört auch das Eingehen einer vertraglichen Bindung an die Entscheidung über eine Teilklage für den Grund des gesamten Anspruchs (vgl. BGH NJW-RR 1996, 247). Diese Voraussetzungen liegen vor.

Die Auslegung der Erklärungen der Parteien vor Erhebung der Schmerzensgeldteilklage durch das Landgericht entspricht den Anforderungen an die tatrichterliche Auslegung einer durch den Austausch von Schreiben getroffenen Vereinbarung, nämlich der Berücksichtigung aller wesentlichen Umstände, der Beachtung von gesetzlichen oder allgemein anerkannten Auslegungsregeln wie etwa dem Grundsatz einer nach beiden Seiten hin interessengerechten Auslegung sowie von Denkgesetzen und Erfahrungssätzen (vgl. hierzu BGH NJW 1998, 2274, 2275). Der Senat teilt diese Auslegung, dies auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass an die Bejahung einer schlüssig getroffenen, von den Grundsätzen zur Rechtskraft von Teilurteilen nach der Zivilprozessordnung abweichende Prozessvereinbarung hohe Anforderungen zu stellen sind (vgl. etwa die Anforderungen zum kausalen Schuldanerkenntnis durch BGH WM 2008, 1301).

 

Entscheidungsgründe

Diese Vorgehensweise war im Interesse beider Parteien, lagen doch nach dem vorprozessualen Schriftwechsel der Parteien die Probleme des Falles neben der Frage einer Pflichtverletzung vor allem im Bereich der Kausalität, insbesondere der Frage der Beweislastumkehr wegen eines schweren Behandlungsfehlers, und beim Aspekt des "aufgepfropften Schadens", wobei diese Aspekte nur durch Einholung von Sachverständigengutachten geklärt werden konnten und dies angesichts der Einheitlichkeit des in Rede stehenden Schadensersatzanspruchs des Klägers von jedenfalls 1 Million DM für beide Seiten kostengünstig im Rahmen eines Teilklageverfahrens geschehen konnte. Für den Versicherer war erkennbar, dass für den rechtsschutzversicherten Kläger, der auf eine möglichst schnelle Klärung seines Anspruchs dem Grunde nach angewiesen war, eine nur auf die Teilklage beschränkte Rechtskraft nicht von besonderem Interesse war und der Kostenaspekt für ihn keine erhebliche Rolle spielte.

Für die von beiden Parteien gewünschte Bindungswirkung einer Entscheidung über die Teilklage für den Haftungsgrund spricht ferner die von beiden Seiten ausdrücklich auch im Hinblick auf eine etwaige teilweise Abweisung der Klage gewünschte Revisibilität der Sache, die eine höchstrichterliche Klärung der streitigen Fragen ermöglichen sollte. Diese Erheblichkeit hätte die Revisibilität der Teilklage bei fehlender Verbindlichkeit der dort zu treffenden Feststellungen zum Haftungsgrund nicht aufgewiesen.

Gegen die Annahme einer von den Parteien gewünschten Bindungswirkung der Entscheidung über die Teilklage spricht nicht der vom Kläger erbetene und von den Beklagten befristet bewilligte Verzicht auf die Einrede der Verjährung. Dieser Verzicht wa...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge