Verfahrensgang

LG Traunstein (Urteil vom 01.09.1989; Aktenzeichen 3 O 94/88)

 

Tatbestand

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist nurmehr der von den Beklagten zu ersetzende immaterielle Schaden, den der Kläger durch den Verkehrsunfall vom Freitag, 21.3.1986, gegen 22.45 Uhr auf der Münchner Allee in Bad Reichenhall erlitten hat. Seine Schmerzensgeldklage wurde den Beklagten am 20.2.1988 zugestellt.

Der am 4.12.1964 geborene Kläger war Fußgänger, der am 20.2.1937 geborene Erstbeklagte Halter und Fahrer des Pkw Marke VW-Käfer (amtliches Kennzeichen ...) haftpflichtversichert bei der Zweitbeklagten. Die volle Haftung der Beklagten ist dem Grunde nach im Berufungsverfahren unstreitig.

Zur Unfallzeit war es dunkel. Es fiel Schneeregen. Der Erstbeklagte fuhr stadtauswärts. Die Richtungsfahrbahnen der Münchner Allee sind im fraglichen Abschnitt durch bepflanzte Mittelstreifen voneinander getrennt. Vor der Einmündung des unter der Eisenbahnlinie hindurchführenden Zubringers zur Frühlingstraße ist die Richtungsfahrbahn stadtauswärts links um eine Abbiegespur erweitert. Im Bereich der Einmündung des genannten Zubringers ist der Mittelstreifen unterbrochen. Auf Höhe des Zubringers befindet sich rechter Hand - stadtauswärts gesehen - das Haus der Jugend. Etwas weiter stadtauswärts befindet sich - ebenfalls rechts der Münchner Allee - ein Gebäudekomplex, der die Eislaufhalle und das Hallenbad beherbergt. Bevor der Erstbeklagte auf die beschriebene Stelle zufuhr, hatten mehrere Jugendliche die Eislaufhalle verlassen und befanden sich - im Gespräch - auf dem Bürgersteig vor dem Haus der Jugend. Die damals fast 14-jährige Zeugin C., löste sich von der Gruppe, um beide Fahrbahnen der Münchner Allee zu überqueren, da ihre Mutter sie auf der anderen Straßenseite mit dem Auto erwartete. Der Kläger lief der Zeugin C. nach und überquerte dabei ebenfalls die Münchner Allee. Bevor die Zeugin C. und der Kläger die Münchner Allee vollständig überquert hatten, wurden beide von dem Fahrzeug des Erstbeklagten erfaßt. Während C. im Bereich der Unterbrechung des Mittelstreifens liegen blieb, fiel der Kläger über 30 Meter weiter stadtauswärts nieder. Bei dem Verkehrsunfall wurde die Kofferraumhaube des Volkswagens eingedrückt. Der Erstbeklagte verletzte sich an der linken Hand. Er verließ den Unfallort, bevor Feststellungen über den Unfallhergang getroffen werden konnten.

Zum Unfallzeitpunkt befand sich am Anfang des Mittelstreifens, der - stadtauswärts gesehen - nach der Einmündung folgt, ein durch Zeichen 293 und 350 StVO gekennzeichneter Fußgängerüberweg (Zebrastreifen). Diesen benützten weder die Zeugin C. noch der Kläger. Der Erstbeklagte fuhr unstreitig auf der linken Seite seiner Richtungsfahrbahn, bevor er die beiden Fußgänger erfaßte. Der Kläger ist seit seiner Kindheit geistig behindert. Seine geistige Behinderung war vor dem Unfall im Bereich der Debilität und ist nunmehr im Bereich der Imbezillität anzusiedeln.

Der Erstbeklagte ist infolge des Verkehrsunfalls wegen fahrlässiger Körperverletzung in zwei Fällen und des unerlaubten Entfernens vom Unfallort rechtskräftig zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 30.- DM und zu einer Freiheitsstrafe von - 8 Monaten mit Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt worden; die Fahrerlaubnis wurde ihm entzogen (Urteile des Amtsgerichts Laufen vom 18.8.1986 und des Landgerichts Traunstein vom 11.11.1986: Ls bzw. 1 Ns 310 Js 7244/86).

Der Kläger führt aus, der Erstbeklagte habe mit dem linken vorderen Kotflügel seines Wagens die Zeugin C. zu Boden gestoßen. Den hinter ihr befindlichen Kläger habe er mit dem linken Teil der Fronthaube seines Fahrzeugs erfaßt. Dadurch sei der Kläger hochgehoben und in die Windschutzscheibe geschleudert worden, die dabei völlig zerbrochen sei. Erst nach 35 Metern sei er herabgestürzt weil der Erstbeklagte seine Bremsung zu spät eingeleitet habe.

Der Kläger trägt vor, er habe bei dem Unfall eine Prellung des Stammhirns und einen Bruch des rechten Wadenbeines davongetragen. Infolge des Unfalls sei er in eine tiefe Bewußtlosigkeit gefallen, die mindestens 10 Tage angedauert habe. Weitere Unfallfolgen seien eine völlige Lähmung der Extremitäten (Tetraparese), eine horizontale Blicklähmung und ein psychomotorisches Übergangssyndrom gewesen. Seine geistige Behinderung sei durch den Verkehrsunfall erschwert worden. Nunmehr sei seine geistige Behinderung im Bereich der Imbezillität anzusiedeln. Früher habe er einen Intelligenzquotienten von 50 bis 70 Punkten gehabt, heute habe er einen solchen zwischen 25 und 50 Punkten. Während er früher zu einem gewissen Grade des Lesens und Schreibens mächtig gewesen sei, sich mit Erfolg sportlich betätigt habe und als Radfahrer (unter Beachtung der Regeln) am Straßenverkehr teilgenommen habe, gelinge ihm heute im wesentlichen nur noch das An- und Auskleiden sowie der Gang zur Toilette. Der Verkehrsunfall habe Heilversuche in Spezialkliniken in Gabersee, Vogtareuth, Aschau und Gailingen erforderlich gemacht. Als lebensrettende Maßnahm...

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