Entscheidungsstichwort (Thema)

Maßgeblichkeit der Kenntnis des Dritten bei Kontoüberlassung

 

Leitsatz (amtlich)

Überlässt ein Kontoinhaber sein Konto einem Dritten zur Erledigung von Geldgeschäften in eigener Verantwortung dieses Dritten, muss er sich das Wissen des Dritten über rechtsgrundlose Eingänge auf diesem Konto in entsprechender Anwendung von § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen und kann sich nicht auf den Wegfall der Bereicherung berufen.

 

Normenkette

BGB §§ 166, 812 Abs. 1, § 818 Abs. 4, § 819 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Itzehoe (Urteil vom 30.11.2006; Aktenzeichen 7 O 396/04)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 30.11.2006 verkündete Urteil des Einzelrichters der 7. Zivilkamer des LG Itzehoe geändert:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.340,82 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 3.315,73 EUR seit dem 1.8.2004 zu zahlen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt von dem Beklagten Rückzahlung von 5.340,83 EUR aus einem unter dessen Namen abgeschlossenen Darlehensvertrag.

Der Beklagte und seine damalige Ehefrau (Streitverkündete) führten bei der Sparkasse S. ein gemeinsames Girokonto (Oder-Konto). Auf dieses Konto überwies die Klägerin am 16.10.2000 eine Darlehensvaluta i.H.v. 15.000 DM. Dieser Überweisung lagen folgende Vorgänge zugrunde:

Die Klägerin erhielt eine mit den Personalien und persönlichen Angaben des Beklagten ausgefüllte und unter dem 10.9.2000 mit "A. B." unterzeichnete Kreditanfrage für einen "Vertrauenskredit" über 15.000 DM. Aufgrund dieses Kreditantrages übersandte sie einen auf den Namen des Beklagten lautenden Kreditvertrag an dessen Anschrift. Am 27.9.2000 erhielt die Klägerin den Kreditantrag per Post zurückgesandt. Er war zweifach mit "A. B." unterzeichnet.

Mit Schreiben vom 28.9.2000 teilte die Klägerin mit, den Kredit ausbezahlt zu haben. Dieses Schreiben wurde per Rückschein mit Identitätsfeststellung (PostIdent) an den Beklagten verschickt. Der PostIdent-Bogen gelangte unterzeichnet mit "A. B." zurück. Parallel zu diesem Schreiben verschickte die Klägerin formlos eine Benachrichtigung über die Auszahlung des Kredites an den Beklagten. Am 16.10.2000 ist der Betrag von 15.000 DM auf das Gemeinschaftskonto überwiesen worden.

Die monatlichen Raten wurden in der Folgezeit von dem Gemeinschaftskonto abgebucht. Im Mai 2001 kam es erstmals zu einer Lastschriftrückgabe. Zwischen Mai und August 2001 rief die Klägerin den Beklagten wegen ausstehender Raten mehrfach an seinem Arbeitsplatz an. Der Inhalt dieser Gespräche ist streitig.

Die Ehe des Beklagten und der Streitverkündeten wurde am 13.3.2004 geschieden. Nachdem die Raten für April bis Juli 2004 nicht bezahlt worden waren, kündigte die Klägerin das Darlehen mit Schreiben vom 28.7.2004 fristlos. Der Restsaldo - Gegenstand der Klagforderung - beträgt bis zum Stichtag (1.8.2004) 5.340,82 EUR.

Die Klägerin hat geltend gemacht, der Beklagte sei durch Unterschrift unter den Kreditvertrag ihr Vertragspartner geworden. Er habe den Vertrag zumindest genehmigt, falle er möglicherweise doch nicht von ihm unterzeichnet worden sein sollte. Schließlich sei der Beklagte durch die Gutschrift der Darlehensvaluta auf dem gemeinsamen Girokonto jedenfalls ungerechtfertigt bereichert. Dem Auszahlungsanspruch des Beklagten gegen die Bank fehle der Rechtsgrund, wenn ein Darlehensvertrag nicht bestehen sollte.

Der Beklagte hat jeglichen Schriftverkehr mit der Beklagten vor April 2004 bestritten. Sämtliche Unterschriften stammten nicht von ihm. Dies gelte auch für die Unterschrift auf dem PostIdent. Dieses Formular habe er nicht unterschrieben, er habe das Schreiben auch nicht von der Post abgeholt und von seinem Inhalt keine Kenntnis gehabt. Die Kontoführung habe bis zu ihrer Trennung allein seine Frau erledigt. Er habe daher keine Kenntnis von der Darlehensgutschrift gehabt. Das Geld habe seine Frau allein für eigene - unbekannte - Zwecke verwendet.

Durch die Telefonanrufe der Klägerin am Arbeitsplatz habe der Beklagte sich überrumpelt gefühlt. Er habe dort darauf hingewiesen, keinen Kredit bei der Klägerin aufgenommen zu haben. Er habe die Vermutung geäußert, dass die Unterschrift von seiner Ehefrau ohne sein Wissen nachgemacht worden sei. In den Telefonaten habe die Mitarbeiterin der Klägerin dem Beklagten jedoch mit einer Lohnpfändung gedroht. Er habe darauf hin in Unkenntnis der rechtlichen Lage und in der Annahme, dass eine Lohnpfändung ohne vorausgegangenes gerichtliches Verfahren möglich sei, Zahlungen geleistet, um seinen Arbeitsplatz nicht zu gefährden.

Eine Haftung aus ungerechtfertigter Bereicherung käme nicht in Betracht. Er habe von der Kreditaufnahme keine Kenntnis gehabt, seine Frau habe auch nicht mit seiner Einwilligung gehandelt. Eine Haftung aus § 819 BGB wegen eigenen oder zuzurechnenden Wissens scheide daher aus.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines graphologischen Gutachtens über die Echtheit der Untersc...

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