Entscheidungsstichwort (Thema)
Dienstvertrag eines Geschäftsführers
Leitsatz (amtlich)
1. In Dienstverträgen, die keine Arbeitsverträge sind, können Probezeiten vereinbart werden (vgl. OLG Brandenburg, Urteil vom 27.11.2007, 6 U 11/07).
2. Eine mögliche organschaftliche Stellung ist von dem Vertragsverhältnis zu unterscheiden. Die beiden Rechtsverhältnisse sind in ihrer Begründung und in ihrem Bestand voneinander unabhängig, d. h. sie müssen gesondert begründet und beendet werden. Die Kündigung ist deshalb auch dann möglich, wenn organschaftliche Rechte bestehen.
Normenkette
BGB §§ 30, 613, 622 Abs. 3, § 823 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Lübeck vom 28.08.2020 unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert.
Es wird festgestellt, dass die von dem Beklagten am 04.06.2019 erklärte Freistellung der Klägerin von der Dienstpflicht und das gleichzeitig gegen sie ausgesprochene Hausverbot für alle Gebäude des Beklagten in Schleswig-Holstein für den Zeitraum vom 05.06.2019 bis zum 26.06.2019 unbegründet und rechtswidrig war.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistungen von 110 % des aufgrund des Urteils gegen sie zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweiligen Vollstreckungsbetrages leistet.
Der Wert des Berufungsverfahrens wird auf bis 170.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Kündigung.
Der beklagte Verein unterhält in Schleswig-Holstein mehrere Regionalverbände, unter anderem den Regionalverband H.. Die Parteien schlossen einen als Arbeitsvertrag bezeichneten schriftlichen Beschäftigungsvertrag, mit dem die Klägerin als Regionalgeschäftsführerin bei dem Beklagten eingestellt wurde. § 17 Abs. 1 des Vertrages enthielt eine Klausel, wonach die ersten 6 Monate als Probezeit galten, während der das Beschäftigungsverhältnis beidseitig mit einer Kündigungsfrist von 14 Tagen gekündigt werden konnte. Wegen der Einzelheiten wird auf den Vertrag, Anlage K1, Blatt 6 der Akte verwiesen.
Knapp drei Wochen nach ihrem Arbeitsbeginn wurde die Klägerin durch den Beklagten von ihrer Tätigkeit freigestellt und erhielt ein Hausverbot für alle Gebäude des Beklagten. Wenige Tage später kündigte der Beklagte das mit der Klägerin bestehende Beschäftigungsverhältnis schriftlich, nach einer Anhörung und Zustimmung des Betriebsrates zudem noch ein weiteres Mal.
Die Klägerin hat die Kündigung für unwirksam gehalten, weil aufgrund der Regelungen in der Satzung des Beklagten ihr Dienstverhältnis 5 Jahre betrage. Die Vereinbarung einer Probezeit sei unwirksam. Sie hat beantragt, festzustellen, dass sie weiterhin in einem Dienstverhältnis mit dem Beklagten stehe, dieses nicht durch die Kündigungen beendet worden sei, ihre Freistellung unbegründet und rechtswidrig, das Hausverbot unbegründet sei, sowie den Beklagten zu verurteilen, ihr eine Neufassung des Anstellungsvertrages auszustellen und die Aufhebung des Hausverbots betriebsöffentlich bekanntzumachen. Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat die zunächst beim Arbeitsgericht erhobene Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Kündigung sei wirksam, sie verletze keine Rechte der Klägerin aus den Bundesrichtlinien des Vereins, der Satzung des Beklagten oder der Geschäftsordnung des Kreisverbandes. Diese Vorschriften räumten der Klägerin keine subjektiven Rechte ein, sondern regelten die Organisation des Beklagten. Die dort bestimmte Höchstfrist von maximal 5 Jahren schütze nicht das Interesse der Mitarbeiter. Zweck der Regelung sei, die Höchstdauer des Dienstvertrages auf die Dauer der Amtszeit als Geschäftsführer zu begrenzen.
Das Kündigungsrecht des Beklagten folge aus der zwischen den Parteien geschlossenen Vereinbarung über eine Probezeit. Die Vereinbarung einer Probezeit sei nach § 622 Abs. 3 BGB zulässig und weit verbreitet. Sie verstoße auch nicht gegen § 15 Abs. 12 in Verbindung mit § 20 Abs. 4 der Satzung des Beklagten, wonach ein Regionalgeschäftsführer aus besonderem Grund abberufen und gekündigt werden könne. Diese Regelung sei nicht ausschließlich, sie lasse andere Kündigungsgründe unberührt. Auch die Freistellung sei wirksam. Aus dem Vertrag ergebe sich kein Anspruch der Klägerin, als Regionalgeschäftsleitung beschäftigt zu werden. Die Aufgabenzuweisung könne der Beklagte frei vornehmen. Dass das Hausverbot für die Klägerin unverhältnismäßig sei, sei nicht ersichtlich. Für die geforderte Entschuldigung gebe es keine Anspruchsgrundl...