Verfahrensgang
LG Kiel (Aktenzeichen 15 HKO 38/18) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der Einzelrichterin der 15. Zivilkammer - Kammer für Handelssachen II - des Landgerichts Kiel vom 26.06.2019 geändert. Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Sicherheitsleistungen in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger ist ein eingetragener Verein, der satzungsgemäß das Interesse seiner Mitglieder an der Einhaltung des Wettbewerbsrechts überwacht. Die Beklagte vertreibt Lebensmittel. In einem Faltblatt mit Angeboten für den Zeitraum vom 17. bis zum 22.09.2018 bewarb sie unter anderem Getränke in Pfandflaschen und Joghurt in Pfandgläsern. Das Pfand war in die angegebenen Preise nicht einberechnet, sondern eigens mit dem Zusatz "zzgl. ... EUR Pfand" angegeben (Anlage K3). Der Kläger hält dies für unzulässig. Nach § 1 Abs. 1 S. 1 PAngV müsse ein Gesamtpreis angegeben werden. Die Ausnahmeregelung in Absatz 4 sei seit dem Auslaufen der Übergangsregelung in Art. 3 Abs. 5 der Richtlinie 2005/29/EG (UGP-RL) europarechtswidrig. Er nimmt die Beklagte auf Unterlassung der beanstandeten Werbung für Getränke und Joghurt in Anspruch. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie stellt die Aktivlegitimation des Klägers in Abrede, hält § 1 Abs. 4 PAngV weiterhin für anwendbar und einen etwaigen Verstoß dagegen jedenfalls nicht für eine spürbare Beeinträchtigung der Interessen der Verbraucher.
Wegen des weiteren Parteivortrags und der im ersten Rechtszug zuletzt gestellten Anträge wird auf das angefochtene Urteil verwiesen (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.
Die Klage sei zulässig. Die Klagebefugnis des Klägers ergebe sich aus § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG. Dem Kläger gehörten ausweislich der eidesstattlichen Versicherung seines Geschäftsführers mit dem E1-Verband und wiederum dessen Mitgliedern eine erhebliche Anzahl von Unternehmen an, die Waren gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertrieben wie die Beklagte. Auch berühre der Wettbewerbsverstoß deren Interessen. Werde das Pfand nicht in den Preis eingerechnet und dadurch ein geringerer Preis ausgewiesen als bei Einbeziehung des Pfandes, so bestünde die Gefahr, dass der Verbraucher dem vermeintlich günstigeren Angebot den Vorzug gebe. Unerheblich sei, ob auch Mitglieder des Klägers ihre Preise ohne Pfand auswiesen, weil in diesem Falle der Kläger auch gegen diese vorgehen könne. Hierzu sei er zur Vermeidung des Vorwurfs rechtsmissbräuchlichen Verhaltens sogar gehalten. Dann aber bestünde die Gefahr, dass der Kläger erfolgreich gegen Mitglieder vorgehe und diese durch die Preisauszeichnung der Beklagten einen Wettbewerbsnachteil erlitten.
Der Sache nach ergebe sich der Anspruch aus den §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, 3 a UWG, § 1 Abs. 1 S. 1 PAngV. Nach § 1 Abs. 1 S. 1 PAngV - einer Marktverhaltensregelung - sei der Gesamtpreis anzugeben, als der in richtlinienkonformer Auslegung der Verkaufspreis anzusehen sei. Dieser Preis müsse notwendigerweise die unvermeidbaren und vorhersehbaren Bestandteile enthalten, die obligatorisch vom Verbraucher zu tragen seien und die Gegenleistung in Geld für den Erwerb des betreffenden Erzeugnisses bildeten. Zu diesen Bestandteilen gehöre auch das Pfand für eine Verpackung. Ohne diese nämlich könne der Verbraucher Getränke und Joghurt, die mit einem Pfand belastet seien, nicht erwerben. Damit stelle sich das Pfand als notwendiger Teil der Gegenleistung für den Erwerb der Waren dar. Dieser Teil der Gegenleistung werde dem Verbraucher auch nicht zurückerstattet, wenn er die Verpackung nicht zurückgebe. § 1 Abs. 4 PAngV, wonach die Höhe des Pfands neben dem Preis für die Ware anzugeben und insoweit kein Gesamtpreis zu bilden sei, seien nicht mehr anzuwenden, weil diese Vorschrift keine unionsrechtliche Grundlage habe. Sie könne weder zur Begründung eines Verstoßes gegen das UWG herangezogen werden noch zur Ablehnung eines Verstoßes gegen § 1 Abs. 1 S. 1 PAngV, weil die UGP-RL zu einer vollständigen Harmonisierung des Lauterkeitsrechts geführt habe und nationale Bestimmungen eine Unlauterkeit nach § 3a UWG daher grundsätzlich nur noch zu begründen vermöchten, wenn die betreffenden Regelungen eine Grundlage im Unionsrecht hätten. Die Unionsstaaten dürften im Anwendungsbereich der UGP-RL jedoch grundsätzlich weder mildere noch strengere Maßnahmen als in der Richtlinie festgelegt erlassen. Im Übrigen könne dem Verbraucherschutz in Fällen der vorliegenden Art auch im gewissen Umfang durch den deutlichen Hinweis Rechnung getragen werden, dass der angegebene Gesamtpreis ein Pfand in Höhe des jeweiligen Pfandbetrages enthalte. Ausnah...