Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufgebotsverfahren zum Zwecke des Ausschlusses eingetragener Eigentümer mehrerer Grundstücke

 

Leitsatz (amtlich)

§ 927 BGB ist grundsätzlich nicht auf Gesamthandsanteile anwendbar ist, da kein sachenrechtlich fassbarer Anteil vorhanden ist, der den Miteigentümern bruchteilsmäßig zurechenbar wäre und daher auch nicht herrenlos werden könnte. Demgemäß kommt weder ein Aufgebot gegen einen Gesamthandsanteil noch dessen spätere Aneignung in Betracht, da der Gesamthandsanteil bei seiner Aufgabe den übrigen Gesamthändern zuwächst.

 

Normenkette

BGB § 927; FamFG §§ 433 ff.; FamFG §§ 442 ff.

 

Verfahrensgang

AG Eisenach (Beschluss vom 05.11.2012; Aktenzeichen 8 II 76/12)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG Eisenach vom 5.11.2012 wird zurückgewiesen.

2. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 20.000 EUR festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Antragsteller hat das Aufgebotsverfahren nach §§ 927 BGB, 433 ff., 442 ff. FamFG zum Zwecke des Ausschlusses eingetragener Eigentümer mehrerer Grundstücke, eingetragen im Grundbuch von G., Blatt, mit einer Gesamtfläche von m2 beantragt. Als Eigentümer sind die hiesigen Beteiligten zu 1) bis 4) und die unbekannten Erben des Beteiligten zu 5) in Erbengemeinschaft eingetragen.

Der Antragsteller trägt vor, er habe die Grundstücke im Besitz gem. § 927 BGB und begehrt als Miteigentümer zur Wiederherstellung der Richtigkeit des Grundbuchs den Ausschluss der weiteren eingetragenen Eigentümer. Trotz umfangreicher Recherchen seien die Erben der Beteiligten zu 3) bis 5) nicht ausfindig zu machen.

Mit Beschluss vom 5.11.2012, zugestellt am 7.11.2012, hat das AG den Antrag zurückgewiesen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die am 13.11.2012 eingegangene Beschwerde des Antragstellers vom 11.11.2012, mit welcher er erstmals auch das Aufgebot bezüglich des Beteiligten zu 2) beantragt.

Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen, weil der Antragsteller das Aufgebot zunächst nur für drei der - mit ihm - insgesamt fünf in Erbengemeinschaft eingetragenen Eigentümer beantragt hat und ein Aufgebot bezüglich einzelner Mitglieder der Gemeinschaft nach § 719 BGB unzulässig sei.

II. Die nach §§ 58, 59, 63 bis 65 FamFG, 11 Abs. 1 RPflG zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, da die Voraussetzungen für das Aufgebotsverfahren gem. § 927 Abs. 1 BGB nicht vorliegen.

Nach dieser Norm kann der Eigentümer eines Grundstücks, wenn das Grundstück seit 30 Jahren im Eigenbesitz eines anderen ist, im Wege des Aufgebotsverfahrens mit seinem Recht ausgeschlossen werden. Voraussetzung wäre daher, dass der Antragsteller das Grundstück seit 30 Jahren im Eigenbesitz hat und nach § 927 Abs. 1 S. 3 BGB der wahre Eigentümer - sofern nicht gestorben oder verschollen - nicht eingetragen ist, also kein Eigentümer oder ein Nichteigentümer im Grundbuch eingetragen ist (vgl. BGH, Beschl. v. 27.3.2003 - V ZB 1/03). Ob diese Voraussetzungen hier schon deshalb nicht vorliegen, weil der Antragsteller als Miteigentümer im Grundbuch eingetragen ist, oder aber § 927 Abs. 1 S. 3 BGB als bloße Schutzbestimmung zugunsten des eingetragenen Eigentümers unberücksichtigt bleiben kann, wenn die im Grundbuch eingetragenen Mitglieder einer Erbengemeinschaft das Aufgebot beantragen (so OLG Bamberg, NJW 1966, 1413), bedarf keiner Entscheidung.

Das AG hat das Aufgebot im Ergebnis zutreffend hinsichtlich der vom Antragsteller letztlich insgesamt erstrebten Anteile am Gesamthandseigentum zurückgewiesen. § 927 BGB ist grundsätzlich nicht auf Gesamthandsanteile anwendbar ist, da kein sachenrechtlich fassbarer Anteil vorhanden ist, der den Miteigentümern bruchteilsmäßig zurechenbar wäre und daher auch nicht herrenlos werden könnte (vgl. Palandt/Bassenge, BGB, 70. Aufl., § 927 Rz. 1; RGRK/Augustin, 12. Aufl., § 927 Rz. 2; Staudinger/Pfeifer, BGB, Stand 2011, § 927 Rz. 5). Demgemäß kommt weder ein Aufgebot gegen einen Gesamthandsanteil noch dessen spätere Aneignung in Betracht, da der Gesamthandsanteil bei seiner Aufgabe den übrigen Gesamthändern zuwächst.

Anders beurteilt sich dies allerdings beim Ausschluss sämtlicher Gesamthänder, und zwar auch dann, wenn ein Gesamthänder das Verfahren betreibt (OLG Bamberg, a.a.O.; Anwaltskommentar/Grziwotz, BGB, § 927 Rz. 3; Staudinger/Pfeifer, a.a.O.). Indes haben in der vom OLG Bamberg entschiedenen Konstellation alle lebenden Mitglieder der Erbengemeinschaft das Aufgebot beantragt, während dies vorliegend seitens des Beteiligten zu 2) nicht der Fall ist. Insofern greift § 927 Abs. 1 S. 3 BGB hier jedenfalls als Schutzbestimmung für diesen als eingetragenen und - soweit ersichtlich - weder verstorbenen noch verschollenen Eigentümer. Dieses Schutzes hat er sich im Hinblick auf seinen noch bestehenden Anteil auch nicht begeben.

Die Rechtsbeschwerde ist nach § 70 Abs. 2 FamFG nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bed...

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