Leitsatz (amtlich)

Nach § 940 ZPO sind grundsätzlich einstweilige Verfügungen nur zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis (gesetzlich) zulässig, zur Abwendung wesentlicher Nachteile, der Verhinderung drohender Gewalt und ähnlicher drohender (gravierender) Schäden; die Regelungsverfügung dient so der Wahrung des Rechtsfriedens durch präventiven Rechtsschutz, der Verfügungsgrund ist bei dieser Verfügung eine besondere Rechtsform des Rechtsschutzbedürfnisses.

Eine Leistungsverfügung führt darüber hinaus gehend zu einer endgültigen Befriedigung des Antragstellers, denn sie ist auf Erfüllung (des geltend gemachten Anspruchs) gerichtet; dies ist dem einstweiligen Verfügungsverfahren prinzipiell fremd. Hinsichtlich des Verfügungsanspruchs ist (deshalb) eine strenge Prüfung erforderlich, Voraussetzung ist ferner ein Verfügungsgrund nach Maßgabe der §§ 935, 940 ZPO, d.h. es muss ein dringendes Bedürfnis für den Erlass der begehrten Verfügung bestehen. Das bedingt, dass der Antragsteller auf die sofortige Erfüllung dringend angewiesen ist. Neben der schon vom LG genannten Existenzgefährdung und Notlage (des Antragstellers) ist daher eine solche Eilmaßnahme nur dann zulässig, wenn die (nicht nur verlangte, sondern) geschuldete Handlung/Leistung so kurzfristig zu erbringen ist, dass die Erwirkung eines Titels im ordentlichen Verfahren nicht (mehr) möglich ist, d.h. wenn ohne Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung anders nicht abwendbare Nachteile für den Lebensunterhalt des Antragstellers entstünden, ferner die Erwirkung eines Titels im Hauptsacheverfahren irreversible Fakten schaffen würde und der Verweis auf das ordentliche Verfahren praktisch einer Rechtsverweigerung gleichkäme.

Eine Leistungsverfügung soll und kann daher nicht den Hauptsacheprozess ersetzen; sie muss daher auf Notfälle wie eine existenzielle Gefährdung (ausschließlich) des Antragstellers beschränkt bleiben. Denn die (vorläufige) Befriedigung führt in der Regel zu einem endgültigen Rechtsverlust des Schuldners, weil er einen Rückforderungsanspruch nach Obsiegen in der Hauptsache gegen den Antragsteller, der - wie hier - sich bereits in einer völlig überschuldeten Situation befindet, nur schwerlich würde durchsetzen können.

 

Verfahrensgang

LG Gera (Beschluss vom 23.12.2011; Aktenzeichen 3 O 1524/11)

 

Tenor

Die Beschwerde wird aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung/Nichtabhilfe zurückgewiesen.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

 

Gründe

I. Der Antragsteller beantragt mit Antragsschriftsatz vom 12.12.2011 aus einer unter dem 26.6.2008 mit der Antragsgegnerin abgeschlossenen fondsgebundenen Lebensversicherung u.a. mit Berufsunfähigkeits-Zusatz-versicherung im Wege der einstweiligen Verfügung (zunächst rückwirkend für den Zeitraum vom 1.3.2010), jetzt (im Beschwerdeverfahren nur noch) ab dem Monat Dezember 2011 bis zur Entscheidung in der Hauptsache eine monatliche Berufsunfähigkeitsleistung von 1.500 EUR.

Der Antragsteller hatte (bereits) mit Schreiben vom 26.6.2008 wegen (behaupteter) eingetretener Berufsunfähigkeit Leistungen aus der BUZ beantragt. Er begründete dies im Wesentlichen mit (dauernden) Kopfschmerzen und schlechtem Befinden. Nach den von der Antragsgegnerin eingeholten Gutachten und ärztlichen Berichten litt der Antragsteller an einer bipolaren affektiven Störung mit zeitlich unterschiedlich schweren depressiven Episoden. Für die in den rezidivierenden depressiven und manischen Krankheitsphasen bedingte Arbeitsunfähigkeit hat die Antragsgegnerin eine bedingungsmäßige (mehr als 50-prozentige) Berufsunfähigkeit - für die Zeit ab Oktober 2008 bis Februar 2010 - anerkannt, allerdings wegen danach eingetretener Stabilisierung - so ihre Bewertung aus den erhaltenen Informationen der behandelnden Ärzte - weitere Leistungen abgelehnt. Insgesamt zahlte sie an den Antragsteller einen Betrag von 26.498,89 EUR für den vorgenannten Zeitraum (entsprechend ihrem Schreiben vom 14.3.2011, Bl. 22 d.A.). Mit gleichem Schreiben berief sie sich zudem auf den bereits mit Schreiben vom 8.10.2010 erklärten Rücktritt zur BUZ wegen Verschweigens erheblicher Vorerkrankungen gemäß den dem Vertrag zugrunde liegenden AVB. Auf den von dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers erklärten Widerspruch gegen diese "Teilkündigung" und die Aufforderung zu erklären, dass die BUZ fortbestehe, erklärte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 25.8.2011 (Bl. 36 d.A.), dass sie den Rücktritt vom 08.10.-20110 zurücknehme. Gleichzeitig erklärte sie sich zur Prüfung weiterer Ansprüche bereit. Weitere Zahlungen hat sie aber bisher wegen (angenommener) Besserung des Gesundheitszustands des Antragstellers nicht (mehr) erbracht.

Der Antragsteller hat vorgetragen, er sei weiter in Behandlung der praktischen Ärztin Dipl.-Med. K. H., diese stufe ihn weiterhin als durchgehend arbeitsunfähig ein; daher bestehe für die Einstellung der Leistungen ab März 2010 und deren Befristung bis zu diesem Zeitpunkt kein rechtlicher Grund. Auch bes...

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