Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe im Scheidungsverbundverfahren nach Wiederaufnahme
Leitsatz (amtlich)
1. Versorgungsausgleichsverfahren, die nach § 2 VAÜG ausgesetzt waren und ab dem 01.09.2009 gemäß § 48 Abs. 2 VersAusglG wieder aufgenommen werden, sind neue selbständige Familiensachen.
2. Ohne Rücksicht auf die in dem Altverfahren bewilligte Prozesskostenhilfe ist in der selbständigen Familiensache Verfahrenskostenhilfe erneut zu beantragen und zu bescheiden.
Normenkette
VAÜG § 2; VersAusglG § 48 Abs. 2; FGG-RG Art. 111 Abs. 4; FamFG § 137; ZPO § 623
Verfahrensgang
AG Heilbad Heiligenstadt (Entscheidung vom 16.11.2010; Aktenzeichen 4 F 418/04) |
Tenor
1. Der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Heilbad Heiligenstadt vom 16.11.2010 wird aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Prüfung und Bescheidung des Verfahrenskostenhilfegesuchs des Antragstellers vom 06.08.2010 an das Amtsgericht - Familiengericht - Heilbad Heiligenstadt zurückverwiesen.
2. Eine Kostenentscheidung sowie die Festsetzung des Beschwerdewertes sind im Verfahren über die Verfahrenskostenhilfe nicht veranlasst.
Gründe
I. Das Familiengericht Worbis hat durch Urteil vom 15.12.2005 die Ehe der Parteien geschieden. Das Amtsgericht hat in dem Anhörungstermin vom 15.12.2005 durch Beschluss das Verfahren über den Versorgungsausgleich gemäß § 628 Ziffer 4 ZPO abgetrennt, weil den Parteien nicht zugemutet werden kann, mit der Ehescheidung bis zur Lohnangleichung zu warten.
In dem Protokoll heißt es weiter: Das Verfahren über den Versorgungsausgleich soll deshalb abgetrennt, ausgesetzt und in einem schriftlichen Verfahren weiterbetrieben werden.
Das Amtsgericht hat den abgetrennten Versorgungsausgleich mit Beschluss vom 19.12.2005 ausgesetzt (§ 2 Abs. 1 Versorgungsausgleichsüberleitungsgesetz, § 628 Abs. 1 ZPO).
Das Amtsgericht hat das abgetrennte Versorgungsausgleichsverfahren am 01.03.2010 gemäß § 50 VAStrRefG nach neuem Recht wieder aufgenommen; zur Vorbereitung der Entscheidung hatte es dem damaligen Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers und die Antragsgegnerin persönlich angeschrieben und die Rententräger aufgefordert, eine aktuelle Berechnung einzureichen und einen Ausgleichswert vorzuschlagen.
Die Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland hat am 07.06.2010 für den Antragsteller und die Deutsche Rentenversicherung Berlin-Brandenburg am 30.06.2010 für die Antragsgegnerin eine Auskunft erteilt. Das Amtsgericht hat den Beteiligten am 14.07.2010 einen Berechnungsvorschlag übersandt.
Daraufhin beantragte der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers Verfahrenskostenhilfe für seinen Mandanten und erklärte, gegen die übersandten aktuellen Auskünfte der Versorgungsträger würden keine Einwände erhoben.
Das Familiengericht hat daraufhin in der Hauptsache wie angekündigt entschieden, die begehrte Verfahrenskostenhilfe indes mit der Begründung verweigert, es fehle das Rechtsschutzbedürfnis für eine erneute Bewilligung. Die im ersten Rechtszug bewilligte Prozesskostenhilfe erstrecke sich gemäß § 624 Abs. 2 ZPO auch auf die Folgesache Versorgungsausgleich. Daran ändere auch die erfolgte Abtrennung gemäß § 2 VAÜG i.V.m. § 628 Abs. 1 ZPO nichts. Die Abtrennung führe nicht zu einer "echten" Verfahrenstrennung, sondern bloß dazu, dass im Scheidungsverbund zeitlich versetzte Teilentscheidungen zulässig wurden, wobei der Scheidungsverbund letztlich erhalten blieb. Bei der Abtrennung des Versorgungsausgleichs handele es sich nicht um eine End-, sondern um eine bloße Zwischenentscheidung. Folglich bliebe die Anordnung der Prozesskostenhilfe bestehen.
Soweit gemäß Art. 111 Abs. 4 FGG-RG auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, die am 01.09.2009 vom Verbund abgetrennt waren, nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit die geltenden Vorschriften des FamFG anzuwenden seien, würden diese abgetrennten Folgesachen als selbständige Familiensachen fortgeführt. Dies führe aber auch nicht dazu, auch Verfahrenskostenhilfe neu zu bewilligen. Denn die abgetrennten Versorgungsausgleichsverfahren hätten ihren Charakter als Folgesache der Ehescheidung nicht verloren. Denn dies ergebe sich nach dem neuen Recht aus § 137 Abs. 5 S. 1 FamFG. Dem stehe auch die Regelung des Art. 111 Abs. 4 FGG-RG nicht entgegen, wonach alle Folgesachen als selbständige Familiensachen fortzuführen seien. Denn nach der Gesetzesbegründung sei Sinn dieser Regelung, die auch für nach § 2 VAÜG ausgesetzte Verfahren gelte, lediglich klarzustellen, dass zwischen den abgetrennten Folgesachen kein Restverbund bestehe, sondern sie jeweils getrennt zu behandeln seien.
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 29.11.2010, die anführt, das von einer ZPO-Scheidungssache abgetrennte und ausgesetzte Versorgungsausgleichsverfahren sei nach seiner Wiederaufnahme als selbständige Familiensache fortzuführen (Art. 111 Abs. 4 FGG-RG). Das Familiengericht habe in dem neuen Verfahren ü...