Entscheidungsstichwort (Thema)
Wiederaufgenommene Versorgungsausgleichsverfahren bleiben keine Folgesachen
Leitsatz (amtlich)
Selbständige Verfahren nach Art. 111 Abs. 4 FGG-RG sind keine Folgesachen.
In Verfahren nach Art. 111 Abs. 4 FGG-RG wird über die Kosten neu entschieden und der Verfahrenswert gesondert festgesetzt.
Normenkette
VAÜG § 2; VersAusglG § 48 Abs. 2; FGG-RG Art. 111 Abs. 4; FamFG § 137 Abs. 5; FamFGKG §§ 63, 34, 50
Verfahrensgang
AG Erfurt (Beschluss vom 12.07.2010; Aktenzeichen 36 F 105/07) |
Tenor
1. In Abänderung des Beschlusses des AG - Familiengericht - Erfurt vom 12.7.2010 (Ziff. III.) wird der Verfahrenswert für das erstinstanzliche Verfahren auf 2944,50 EUR festgesetzt.
2. Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Das AG hat mit Urteil vom 17.9.2007 die Ehe der Parteien geschieden und das Versorgungsausgleichsverfahren nach § 2 Abs. 1, 2 VAÜG ausgesetzt.
Das AG hat das Versorgungsausgleichsverfahren mit Beschluss vom 25.3.2010 wieder aufgenommen.
Nach den neu eingeholten Auskünften der Versorgungsträger hat die Ehefrau ein Anrecht aus einer privaten Altersversorgung mit einem ehezeitlichen Kapitalwert erworben.
Die Ehefrau und der Ehemann haben in der gesetzlichen Rentenversicherung sowohl Ost- als auch Westanrechte erworben.
Das AG hat mit Beschluss vom 12.7.2010 den Versorgungsausgleich geregelt, die West- und Ostanwartschaften der Eheleute einer internen Teilung unterworfen und hinsichtlich des Anrechts der Ehefrau bei der Generali Lebensversicherung von einem Ausgleich wegen Geringfügigkeit abgesehen (§ 18 Abs. 3 VersAusglG).
Das AG hat weiter von einer Kostenentscheidung abgesehen und einen gesonderten Verfahrenswert nicht festgesetzt. Zur Begründung wird ausgeführt, die Kostenentscheidung folge der Entscheidung im Scheidungsurteil. Eine neue Kostenentscheidung sei nicht zu treffen. Zwar bestimme Art. 111 Abs. 4 FGG-Reformgesetz, dass eine wiederaufgenommene Folgesache zum Versorgungsausgleich, die am 1.9.2009 vom Verbund abgetrennt ist, nach den Vorschriften des FGG - Reformgesetzes als selbständige Familiensache "fortzuführen" sei. In erster Linie gelte insofern nicht mehr der Verbund mit der Scheidungssache (BT-Drucks. 16/11903, 127 f.) und es seien bei der Verfahrensdurchführung nach Wiederaufnahme des Verfahrens zur Durchführung des Versorgungsausgleiches insbesondere die §§ 217 ff. FamFG anzuwenden. Ein Anwaltszwang - wie in § 114 Abs. 1 FamFG für Ehe- und Folgesachen - gelte für eine selbständige Familiensache nicht.
Das Kostenrecht werde ausdrücklich im FGG-Reformgesetz nicht genannt. Kostenrecht sei im weitesten Sinne auch Verfahrensrecht. Es gehöre jedoch vor dem Hintergrund des Vertrauensschutzes zu den kostenrechtlichen Grundsätzen, dass eine Änderung der Rechtslage im Kostenrecht auf bereits anhängige Verfahren keinen Einfluss habe. So bestimme § 63 FamGKG für die Kostenerhebung, dass sich in Verfahren, die bereits vor Inkrafttreten des FamGKG vor dem 1.9.2009 anhängig geworden sind, die Kostenerhebung nach dem bisherigen Recht, also nach dem bis zum 31.8.2009 geltenden Recht richte. Vertrauensschutz bedeute, dass die Beteiligten eines Verfahrens nicht im Nachhinein mit Kosten belastet werden, mit denen sie bei Beginn des Verfahrens nicht rechnen mussten. Dies könne allerdings eintreten, da nunmehr keine feste Regelung vorgesehen sei, sondern die Gebührenerhebung sich danach richte, wie viele Anrechte auszugleichen seien.
Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass nunmehr ein "neues" Verfahren zur Durchführung des Versorgungsausgleichs angestoßen worden sei und deswegen hierfür eine gesonderte Kostenentscheidung zu treffen und ein gesonderter Verfahrenswert festzusetzen wäre. Insofern werde nach dem Wortlaut in Art. 111 Abs. 4 FGG-Reformgesetz ausdrücklich darauf Bezug genommen, dass das Verfahren "fortgeführt" werde.
Es sei deshalb davon auszugehen, dass § 63 FamGKG die speziellere Vorschrift gegenüber Art. 111 FGG-Reformgesetz sei. Das gleiche gelte für die Rechtsanwaltsgebühren, §§ 60, 61 RVG.
Eine andere Sichtweise würde auch zu unpraktischen Ergebnissen führen, da die Verfahren nach den bis zum 31.8.2009 geltenden Kostenvorschriften abgerechnet worden seien.
Die Entscheidung hinsichtlich der Beschwerdezulassung folge aus § 57 Abs. 2 FamGKG.
Die Beschwerde der Bevollmächtigten des Antragsgegners richtet sich gegen Ziff. 3 des erstinstanzlichen Beschlusses zur Wertfestsetzung. Wegen der Begründung wird auf Bl. 115 - 117d A Bezug genommen.
Das AG hat der Beschwerde mit Beschluss vom 10.8.2010 nicht abgeholfen und zur Begründung ausgeführt, es gebe keinen Hinweis darauf, dass der Gesetzgeber auf Verfahren, die vor dem 1.9.2009 anhängig geworden seien, das neue Kostenrecht anwende.
II. Die Beschwerde ist gem. § 59 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 57 FamGKG sowie § 32 Abs. 2 RVG statthaft und im Übrigen in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden; insbesondere ist sie fristgerecht (§§ 59 Abs. 1 Satz 3, 55 Abs. 3 ...