Verfahrensgang

LG Gera (Entscheidung vom 21.09.2006; Aktenzeichen 4 O 2224/05)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Gera vom 21.09.2006, 4 O 2224/05, wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Von der Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen (§§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO).

Die Berufung ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg.

Das Landgericht hat die Klage auf Zahlung eines weiteren Schmerzensgeldes zu Recht abgewiesen.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch aus § 847 BGB a.F. (vgl. Art. 229 § 8 EGBGB) auf ein Schmerzensgeld über die bereits gezahlten 85.000,00 EUR hinaus.

Auch nach der Reform des Rechtsmittelrechts hat das Berufungsgericht die erstinstanzliche Schmerzensgeldbemessung auf der Grundlage der nach

§ 529 ZPO maßgeblichen Tatsachen gemäß §§ 513 Abs. 1, 546 ZPO in vollem Umfang darauf zu überprüfen, ob sie überzeugt. Hält das Berufungsgericht sie für zwar vertretbar, letztlich aber bei Berücksichtigung aller Gesichtspunkte nicht für sachlich überzeugend, so darf und muss es nach eigenem Ermessen einen eigenen, dem Einzelfall angemessenen Schmerzensgeldbetrag finden. Das Berufungsgericht darf es nicht dabei belassen zu prüfen, ob die Bemessung Rechtsfehler enthält, insbesondere ob das Gericht sich mit allen maßgeblichen Umständen ausreichend auseinandergesetzt und um eine angemessene Beziehung der Entschädigung zu Art und Dauer der Verletzungen bemüht hat (BGH, Urteil vom 28.03.2006, Az. VI ZR 46/05 = NJW 2006, 1589-1592).

Die Schmerzensgeldbemessung des Landgerichts überzeugt.

Die Höhe des dem Geschädigten zustehenden Schmerzensgeldes ist aufgrund einer ganzheitlichen Betrachtung der den Schadensfall prägenden Umstände unter Einbeziehung der absehbaren künftigen Entwicklung des Schadensbildes zu bemessen. Dabei steht die mit der Verletzung verbundene Lebensbeeinträchtigung im Verhältnis zu den anderen zu berücksichtigenden Umständen stets an der Spitze. Denn Heftigkeit und Dauer der Schmerzen und Leiden bilden das ausschlaggebende Moment für den angerichteten immateriellen Schaden. Im übrigen lässt sich ein Rangverhältnis der zu berücksichtigenden Umstände nicht allgemein aufstellen, weil diese Umstände ihr Maß und Gewicht für die vorzunehmende Ausmessung der billigen Entschädigung erst durch ihr Zusammenwirken im Einzelfall erhalten (BGH, Urteil vom 20.01.2004, Az. VI ZR 70/03 = NJW 2004, 1243-1245).

Die vom Landgericht für die Bemessung angeführten Gründe - auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird - sind ausführlich und zutreffend.

Insbesondere hat das Landgericht auf Seiten der Klägerin ausreichend berücksichtigt:

- Ausmaß und Schwere der Verletzung und der Schmerzen (dreigradig offene Unterarmfraktur links mit schwerstem Decollement im Handbereich und Radiusluxation links; Schädelkontusion mit frontaler Kopfplatzwunde und Verletzung der Ohrmuschel links; chronisches Schmerzsyndrom; stumpfes Bauchtrauma mit zentraler Milzruptur und kapsulärem, hilusseitgem Hämatom sowie subkapsulärem Nierenhämatom links; posttraumatische Belastungsreaktion und Anpassungsstörung bei bekannter Klaustrophobie, sekundäre Wundinfektion im lateralen Unterarmstumpf);

- Dauer der stationären Behandlung (16.02. bis 22.03.02 BG-Klinik Bergmannstrost; 11.02. bis 07.04.2004 stationäre Rehabilitationsmaßnahme);

- Belastung durch Operationen (Amputation des linken Unterarmes; Versorgung der frontalen Kopfquetschung und der Ohrmuschelverletzung);

- Belastung durch andere Behandlungsmaßnahmen (Schmerztherapie wegen starker Schmerzen am Amputationsstumpf sowie Phantomschmerzen, begleitet von psychologischer Betreuung; Wundheilungsstörungen am Unterarmstumpf verbunden mit täglicher Wundbehandlung; wird weiterhin psychologisch betreut, wird weiter medikamentös behandelt);

- Verbleiben von dauernden Behinderungen (war Linkshänderin - linker Arm fehlt; kann nicht mit eine myoelektrischen Prothese versorgt werden; lediglich Schmuckprothese; weiterhin starke Schmerzen im Unterarmstumpf; schwere Depressionen);

- Alter der Verletzten (geb. 22.08.1941, inzwischen 66 Jahre alt);

- Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit (nicht in der Lage, den Haushalt zu organisieren, ständig auf fremde Hilfe angewiesen);

- Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes (Unterarmprothese; Narbe nach Stirn- und Kopfplatzwunde; narbig verheilte Ohrmuschelverletzung);

Aus der Zeit nach Verkündung des angefochtenen Urteils ist vom Senat auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin erneut stationär behandelt werden musste (vom 20.06. bis 10.07.2007).

Unter Berücksichtigung dieser und aller anderen für die Schmerzensgeldbemessung maßgebenden Faktoren erscheinen die vorgerichtlich gezahlten 85.000 EUR angemessen, auch im Hinblick auf die von der Klägerin angeführte Entscheidung des OLG Frankfurt am Main vom 19.01.1994 (Az. 7 U 189/92 = ZfSch 1994, 77-78 = Schaden-Praxis 1994, 209-210). Dem...

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