1.5.1 Beschränkung auf Schutz befugter Personen
Grundsätzlich besteht die Verkehrssicherungspflicht nur gegenüber denjenigen, die nach dem erkennbaren Willen des Verfügungsberechtigten zum Verkehr zugelassen sind, insbesondere Zugang zum Grundstück haben sollen.
Gegenüber einem Interessenten obliegen dem Verkäufer eines Hausgrundstücks vorvertragliche Schutz- und Verkehrssicherungspflichten gem. §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB, welche inhaltlich mit einer Verkehrssicherungspflicht gem. § 823 Abs. 1 BGB korrespondieren. Ein Verkäufer muss allerdings nicht damit rechnen, dass ein Interessent unaufgefordert einen erkennbar provisorischen und nicht Wohnzwecken dienenden Bereich betritt, weshalb er für dort befindliche etwaige Gefahrenquellen nicht verkehrssicherungspflichtig ist.
Die Grenzziehung kann im Einzelfall schwierig sein. So soll in den Schutzbereich der durch Streuen bei Schnee- und Eisglätte zu erfüllenden Verkehrssicherungspflicht für einen nur für Arbeitnehmer und Lieferanten bestimmten Betriebsparkplatz auch eine Ehefrau einbezogen sein, die ihrem als Arbeitnehmer im Betrieb beschäftigten Ehemann Starthilfe geben will.
Der Eigentümer haftet im Allgemeinen nicht gegenüber Personen, die das Haus oder Grundstück unbefugt betreten oder dort unbefugt verweilen oder die die Einrichtungen missbräuchlich benutzen.
Unbefugtes Betreten des Grundstücks
So brauchen Treppen, Zugänge oder Einrichtungen eines Hauses nicht zugunsten von Einbrechern beleuchtet oder gesichert zu sein.
Wer unbefugt eine Umzäunung übersteigt, kann keinen Schutz vor dem Hund beanspruchen, der das Grundstück bewacht. Ähnliches gilt für denjenigen, der nachts bei der Suche nach seinem entlaufenen Hund unbefugt ein in ländlich einsamer Gegend gelegenes Hausgrundstück betritt und dabei in einen bei Tageslicht deutlich sichtbaren Kellerschacht neben dem Haus stürzt.
Allerdings kann die tatsächliche Duldung der Nutzung eines Privatgrundstücks durch Unbefugte grundsätzlich zu Sicherungspflichten der Eigentümer gegenüber diesen Benutzern führen. Der Grundsatz, dass Verkehrssicherungspflichten nicht gegenüber Personen gelten, die sich unbefugt auf einem Grundstück aufhalten, gilt dann nicht, wenn der Verkehrssicherungspflichtige erkennen kann, dass die Beschränkungen der Verkehrswidmung nicht beachtet werden. Doch dürfen an den Inhalt der Sicherungspflichten im Fall der bloßen Duldung privaten Verkehrs keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden.
Wird z. B. ein Garagenvorplatz mit Duldung der Eigentümer von Passanten aus Bequemlichkeit zur Abkürzung begangen, besteht bei Schneeglätte i. d. R. keine Räum- und Streupflicht nach den Grundsätzen, wie sie etwa für den allgemeinen Fußgängerverkehr gewidmete Gehwege gelten.
1.5.2 Ausnahmen gegenüber Kindern
Der Grundsatz, dass die Verkehrssicherungspflicht nur gegenüber befugten Personen besteht, wird allerdings in Ausnahmefällen durchbrochen, insbesondere wenn es um den Schutz von Kindern geht. Der Sicherungspflichtige muss damit rechnen, dass Kinder aufgrund ihrer Unerfahrenheit und ihres Spieltriebs in Gefahrenbereiche gelangen, die ihnen gegenüber durch bloße Hinweisschilder ("Zutritt verboten!") oder leicht überwindbare Hindernisse nicht hinreichend gesichert sind.
Ist dem Eigentümer bekannt, dass Kinder trotz solcher Verbote auf seinem Grundstück spielen, muss er für zusätzliche Sicherungen sorgen. Dies gilt insbesondere, wenn die Gefahr besteht, dass Kinder sich an dort befindlichen gefährlichen Gegenständen zu schaffen machen und dabei Schaden erleiden. Je größer der Reiz ist, den solche gefährlichen Gegenstände auf Kinder ausüben, desto wirksamer müssen die Schutzmaßnahmen sein.
Besonderer Schutz der Kinder
Eine Baustelle in einer geschlossenen Wohnanlage, zu der ein Kinderspielplatz gehört, muss mit einem Bauzaun gesichert werden.
Wegen der Verletzungsgefahr dürfen an der Oberkante eines Metallzauns neben einem von Kindern genutzten "Bolzplatz" nicht bis zu 5 cm lange Metallstreben überragen.
Die gesteigerte Verkehrssicherungspflicht besteht auch, wenn der Anreiz, das Grundstück zu betreten, nicht unmittelbar von gefährlichen Gegenständen ausgeht, sondern von an sich gefahrlosen, z. B. einem "Kletterbaum", die Kinder aber auf dem Grundstück gefährliche Sachen vorfinden, mit denen sie dann – wie zu erwarten – spielen.
Allerdings müssen diese Schutzmaßnahmen dem Sicherungspflichtigen im Hinblick auf Zeit- und Kostenaufwand zumutbar sein. Jedenfalls hat er für eine hinreichende...