4.1 Überblick

Nach § 554 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Mieter verlangen, dass ihm der Vermieter bauliche Veränderungen der Mietsache erlaubt, die dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen, dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge oder dem Einbruchschutz dienen. Die Regelung wurde mit dem Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEMoG) eingeführt, das am 1.12.2020 in Kraft getreten ist. Die Vorschrift gilt für alle Mietverhältnisse einschließlich der Gewerberaummiete und ist auch vom vermietenden Wohnungseigentümer zu beachten.

4.2 Privilegierte Maßnahme

4.2.1 Maßnahmen der Barrierereduzierung

Voraussetzung für den Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis zur Vornahme von Maßnahmen der Barrierefreiheit ist, dass die bauliche Veränderung oder die Einrichtung für eine behindertengerechte Nutzung der Räume oder des Zugangs zu den Räumen dienlich ist. Eine Behinderung liegt nach der Regeldefinition in § 3 Behindertengleichstellungsgesetz vor, wenn die

  • körperliche Funktion,
  • geistige Fähigkeit oder
  • seelische Gesundheit

eines Menschen länger als 6 Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher seine Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt. Dienlich ist eine bauliche Maßnahme dann, wenn sie eine nicht nur unerhebliche Erleichterung für den Behinderten mit sich bringt. Insoweit fallen unter den Regelungsbereich des § 554 Abs. 1 Satz 1 BGB Maßnahmen, die

  • der Schaffung eines ebenerdigen Hauseingangs etwa in Form einer Auffahrtrampe,
  • der Beseitigung von Türschwellen bei Nutzung der Wohnung durch einen Rollstuhlfahrer,
  • der Verbreiterung der Türen auf Rollstuhlbreite,
  • dem Umbau eines Badezimmers,
  • der Montage von Stützstangen oder Gehhilfen entlang der Wände,
  • der Montage beiderseitiger Handläufe im Treppenhaus und
  • dem Einbau eines Treppenlifts im Treppenhaus

dienen. Insoweit gelten keine Besonderheiten gegenüber § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WEG.[1]

Die Art der Behinderung ist gleichgültig. Im Regelfall werden Umbaumaßnahmen im Interesse körperlich Behinderter sowie alter oder gebrechlicher Mieter erforderlich werden. Durchaus kommen aber auch Maßnahmen zugunsten oder zum Schutz sehbehinderter, hörbehinderter oder geistig behinderter Mieter in Betracht. Der Mieter muss nicht zwingend selbst unmittelbar betroffen sein. Ausreichend ist, dass der Mieter mit einer behinderten Person einen gemeinsamen Hausstand führt. Nicht geklärt ist, ob ein lediglich gelegentlicher Besuch eines Menschen mit Behinderung auch von § 554 Abs. 1 Satz 1 BGB erfasst wird.

[1] Siehe "Bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums".

4.2.2 Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge

Die nach § 554 Abs. 1 Satz 1 BGB privilegierten Maßnahmen betreffen auch bauliche Veränderungen, die dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge dienen. Elektrisch betriebene Fahrzeuge sind insbesondere Fahrzeuge gemäß § 2 Nr. 1 des Elektromobilitätsgesetzes (EmoG), also ein

  • reines Batterieelektrofahrzeug,
  • von außen aufladbares Hybridelektrofahrzeug oder
  • Brennstoffzellenfahrzeug.

Erfasst sind darüber hinaus auch elektrisch betriebene Fahrräder und spezielle Elektromobile für Gehbehinderte, die nicht unter den Anwendungsbereich des EmoG fallen. Dem Laden dieser Fahrzeuge dienen alle baulichen Veränderungen, die es dem Mieter ermöglichen, Strom in Fahrzeuge einzuspeisen bzw. aus diesen auszuspeisen. Erfasst wird damit vor allem die Installation einer Lademöglichkeit, etwa in Form der Verlegung erforderlicher Stromleitungen und des Einbaus eines Ladepunkts, zum Beispiel einer Wallbox. Mit umfasst sind außerdem Maßnahmen, die zur Umsetzung von Vorgaben des Messstellenbetriebsgesetzes oder zur Teilnahme an einem Flexibilitätsmechanismus nach § 14a des Energiewirtschaftsgesetzes erforderlich sind.

Korrespondierend mit der Regelung in § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WEG, erstreckt sich der Anspruch des Mieters nicht nur auf die Ersteinrichtung einer solchen Ladeinfrastruktur, sondern auch auf Maßnahmen, die der Verbesserung oder Erhaltung einer bereits vorhandenen Lademöglichkeit dienen.

4.2.3 Einbruchschutz

§ 554 Abs. 1 Satz 1 BGB verleiht dem Mieter schließlich auch einen Anspruch auf Erlaubnis von baulichen Veränderungen, die dem Einbruchschutz dienen. Wie nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 WEG sind hiervon bauliche Veränderungen erfasst, die geeignet sind, den widerrechtlichen Zutritt zur Wohnung des Mieters

  • zu verhindern,
  • zu erschweren oder auch nur
  • unwahrscheinlicher zu machen.

Der Anspruch ist dabei nicht auf bauliche Veränderungen in Bereichen beschränkt, die dem Mieter zum exklusiven Gebrauch zugewiesen sind, wie es etwa beim Einbau eines Wohnungstürspions der Fall ist. § 554 Abs. 1 Satz 1 BGB kann vielmehr auch auf die Erlaubnis der Ausführung von Einbruchschutzmaßnahmen in Bereichen des Grundstücks oder des Gebäudes gerichtet sein, die dem Mieter nur zum Mitgebrauch vermietet sind. Ein Beispiel ist etwa der Einbau eines einbruchhemmenden Schließsystems an der Hauseingangstür.

4.3 Interessenabwägung

4.3.1 Grundsätze

In aller Regel ist der Mieter mietvertraglich nicht berechtigt, die in § 554 Abs. 1 Satz 1 BGB geregelten baulichen Maßnahmen eigenmächtig durchzuführen. Er benötigt vielmehr die Erlaubnis seines Vermieters hierzu, was § 554 BGB Abs. 1...

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