1 Leitsatz

Der Anspruch aus § 18 Abs. 4 WEG richtet sich gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer.

2 Normenkette

§ 18 Abs. 4 WEG

3 Das Problem

Wohnungseigentümerin K beantragt im Wege einstweiliger Verfügung, Verwalter B zu verpflichten, 2 von ihr bevollmächtigte Personen (ihrem Bruder und ihrem Vater) Einsicht in die Verwaltungsunterlagen zu gewähren. Sie sei vor kurzem Mutter geworden und daher nicht in der Lage, selbst Einsicht zu nehmen. Da ihr Vertrauensverhältnis zum Verwalter gestört sei, habe sie auch einen Anspruch auf 2 Vertreter. B lehnt eine gleichzeitige Anwesenheit von 2 Personen in seinen Geschäftsräumen trotz vorheriger anwaltlicher Aufforderung ab.

4 Die Entscheidung

Das AG ist prozessual der Ansicht, der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes sei unzulässig, weil die begehrte Leistungsverfügung zu einer Vorwegnahme der Hauptsache führen würde. Eine Leistungsverfügung sei neben Fällen der Existenzgefährdung und Notlage des Antragstellers als Eilmaßnahme nur dann zulässig, wenn die geschuldete Handlung oder Leistung so kurzfristig zu erbringen ist, dass die Erwirkung eines Titels im ordentlichen Verfahren nicht (mehr) möglich sei. Für die Erfüllung des Rechts auf Einsicht in die Verwaltungsunterlagen liege es nicht so. Dies gelte auch dann, wenn K beabsichtige – wie Sie es ausführe – ihr Wohnungseigentum zu veräußern und sich in den Verwaltungsunterlagen Informationen zu ihrer Wohnung erhoffe.

Im Übrigen sei der Antrag aber auch unbegründet. Der Anspruch auf Einsichtnahme nach § 18 Abs. 4 WEG richte sich nämlich gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Der Antrag wäre ferner unbegründet, weil K kein nachvollziehbares und berechtigtes Interesse dargelegt habe, dass Dritte in die Verwaltungsunterlagen Einsicht nehmen.

5 Hinweis

Problemüberblick

Im Fall geht es neben Fragen des Prozessrechts, das hier nicht vertieft werden soll, um die am Ende dargestellte Frage, gegen wen der Anspruch auf Einsichtnahme besteht, und ob es für die Einsichtnahme eines Dritten eines nachvollziehbaren und berechtigten Interesses bedarf.

Einsichtnahme in Verwaltungsunterlagen: Verpflichteter

Nach § 18 Abs. 4 WEG ist die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verpflichtet, die Einsichtnahme zu gewähren. Für diese erfüllt die Pflicht der Verwalter.

Einsichtnahme in Verwaltungsunterlagen: Anspruchsteller

Der Anspruchsteller muss "Wohnungseigentümer" sein. Wohnungseigentümer in diesem Sinn ist auch der ausgeschiedene, sofern er noch betroffen ist. Das Einsichtsrecht umfasst das Recht, sich von einem Dritten, beispielsweise einem Rechtsanwalt, begleiten zu lassen. Ein Wohnungseigentümer kann aber auch einen Dritten ermächtigen, in die Verwaltungsunterlagen Einsicht zu nehmen. Dieser Dritte kann ein Rechtsanwalt, ein Vertrauter, aber auch ein Mieter sein. Dieser Dritte muss – das ist streitig – keiner Schweigepflicht/Vertraulichkeit unterworfen sein.

Das Einsichtsrecht unterliegt keinen weiteren Voraussetzungen. Der Einsichtnehmende muss also kein besonderes rechtliches Interesse geltend machen. Dies gilt auch dann, wenn – das ist streitig und wird vom AG anders gesehen – er einen Dritten ermächtigt. Ein berechtigtes Interesse des Wohnungseigentümers an einer Einsichtnahme durch Dritte kann jedenfalls bereits die fehlende Sachkunde des Wohnungseigentümers oder aber auch die Stellung des Bevollmächtigten als Vertrauter und insbesondere auch Mieter des Wohnungseigentümers begründen.

Auskunftsrecht

Ob es neben dem Einsichts- ein Auskunftsrecht gibt, ist unklar. Das LG Frankfurt a. M. (Beschluss v. 27.7.2021, 2-13 S 120/20) bejaht ein Auskunftsrecht. Es meint aber, der Auskunftsanspruch setze voraus, dass der Wohnungseigentümer die gewünschten Informationen nicht im Wege des Einsichtsrechts nach § 18 Abs. 4 WEG erlangen könne.

Ich selbst sehe dies anders. Jedenfalls nach Art. 15 DSGVO ist es aber anders. Danach hat ein Wohnungseigentümer das Recht, von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer eine Bestätigung darüber zu verlangen, ob sie den Wohnungseigentümer betreffende personenbezogene Daten verarbeitet. Ist dies der Fall, so hat der Wohnungseigentümer ferner ein Recht auf Auskunft über diese personenbezogenen Daten und auf folgende Informationen:

  • die Verarbeitungszwecke;
  • die Kategorien personenbezogener Daten, die verarbeitet werden;
  • die Empfänger oder Kategorien von Empfängern, gegenüber denen die personenbezogenen Daten offengelegt worden sind oder noch offengelegt werden, insbesondere bei Empfängern in Drittländern oder bei internationalen Organisationen;
  • falls möglich die geplante Dauer, für welche die personenbezogenen Daten gespeichert werden oder, falls dies nicht möglich ist, die Kriterien für die Festlegung dieser Dauer;
  • das Bestehen eines Rechts auf Berichtigung oder Löschung der sie betreffenden personenbezogenen Daten oder auf Einschränkung der Verarbeitung durch den Verantwortlichen oder eines Widerspruchsrechts gegen diese Verarbeitung;
  • das Bestehen eines Beschwerderechts bei einer Aufsichtsbehörde;
  • wenn die personenbezogenen Daten nicht bei der betroffenen Person erhoben w...

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