Entscheidungsstichwort (Thema)

Asylrecht. Familiennachzug. Pflegebedarf. außergewöhnliche Härte

 

Leitsatz (amtlich)

Eine außergewöhnliche Härte im Sinne von § 36 Abs. 2 AufenthG ist nur dann anzunehmen, wenn im konkreten Einzelfall gewichtige Umstände vorliegen, die unter Berücksichtigung des Schutzgebotes aus Art. 6 Abs. 1 und 2 GG und im Vergleich zu den übrigen geregelten Fällen des Familiennachzugs ausnahmsweise die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erforderlich machen. Die mit der Versagung der Aufenthaltserlaubnis eintretenden Schwierigkeiten für den Erhalt der Familiengemeinschaft müssen nach ihrer Art und Schwere so ungewöhnlich und groß sein, dass die Versagung der Aufenthaltserlaubnis als schlechthin unvertretbar anzusehen ist. Dies setzt grundsätzlich voraus, dass der im Ausland lebende Familienangehörige generell nicht in der Lage ist, ein eigenständiges Leben zu führen, sondern auf die Gewährung familiärer Lebenshilfe angewiesen ist und dass diese Hilfe in zumutbarer Weise nur im Bundesgebiet durch einen dortigen Angehörigen erbracht werden kann. Ein solches Bedürfnis kann etwa bei schwerwiegender Erkrankung oder Behinderung und/oder bei fortgeschrittenem Alter mit Pflegebedürftigkeit vorliegen und sich auch auf eine unabdingbare psychische Unterstützung beziehen.

 

Normenkette

VwGO § 80 Abs. 2 S. 2, Abs. 5; SAGVwGO § 20; AufenthG § 25 Abs. 5, § 28 Abs. 4, § 36 Abs. 2, § 58 Abs. 2, § 81 Abs. 2 S. 1, § 84 Abs. 1 Nr. 1; AufenthVO § 41 Abs. 1, 3 S. 1

 

Nachgehend

OVG des Saarlandes (Beschluss vom 23.07.2009; Aktenzeichen 2 B 377/09)

 

Tenor

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 2.500,-- Euro festgesetzt.

 

Gründe

Nachdem die Antragstellerin am 29.09.2008 ausweislich des Einreisestempels in ihrem israelischen Reisepass über den Flughafen Frankfurt a.M. auf der Grundlage von § 41 Abs. 1 AufenthVO visumsfrei in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist, sie innerhalb der Frist des § 41 Abs. 3 Satz 1 AufenthVO am 13.10.2008 einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke des Familiennachzuges zu ihrem Sohn, dem deutschen Staatsangehörigen Viktor Welterlich, beantragt hat und ihr in der Folge auf ihre jeweils fristgerechten Anträge hin Fiktionsbescheinigungen nach § 81 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 AufenthG erteilt bzw. verlängert worden sind, ist vorläufiger Rechtsschutz gegen den den Antrag auf Erteilung der Aufenthaltsgenehmigung ablehnenden Bescheid des Antragsgegners vom 20.04.2009, mit dem der Antragstellerin zugleich eine Ausreisefrist gesetzt worden und ihr die Abschiebung angedroht worden ist, auf der Grundlage von § 80 Abs. 5 VwGO im Hinblick auf die sich aus §§ 58 Abs. 2, 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG bzw. § 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO i.V.m. § 20 SAGVwGO ergebende Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht zu gewähren. Der von der Antragstellerin gestellte Antrag auf Verpflichtung des Antragsgegners, vorläufig von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen gegen die Antragstellerin Abstand zu nehmen, ist nach Maßgabe verständiger Würdigung entsprechend umzudeuten.

Vgl. zur Problematik Sturr/Wenger/Eberle/Albrecht/Harms, Kommentar zum Zuwanderungsrecht, 2. Auflage 2008, § 81 AufenthG Rdnr. 6.

Der so statthafte und auch im Übrigen zulässige Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des am 22.04.2009 rechtzeitig eingelegten Widerspruchs gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 20.04.2009 ist indes unbegründet.

Im Hinblick auf den gesetzlichen Ausschluss der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs richtet sich die vom Gericht in der Sache zu treffende Entscheidung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO danach, ob das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der angegriffenen behördlichen Entscheidung gegenüber dem Interesse der Antragstellerin an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs schwerer wiegt. Im Rahmen dieser vom Gericht vorzunehmenden Interessenabwägung sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Vorläufiger Rechtsschutz in diesem Sinne ist in der Regel abzulehnen, wenn der Rechtsbehelf nach Maßgabe summarischer Prüfung und dem zum Entscheidungszeitpunkt gegebenen Kenntnisstand aller Voraussicht nach erfolglos bleiben wird. Hiervon ist vorliegend auszugehen.

Zunächst wird auf die Gründe des angefochtenen Bescheides, denen die Kammer folgt, verwiesen (§ 117 Abs. 5 VwGO – entspr. –). Zutreffend hat der Antragsgegner der Prüfung des Antrages der Antragstellerin auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis § 28 Abs. 4 AufenthG i.V.m. § 36 AufenthG zugrunde gelegt, da die Antragstellerin als Mutter eines erwachsenen Deutschen – diese Angabe als nachgewiesen unterstellt – als sonstige Familienangehörige im Sinne dieser Vorschrift anzusehen ist. Davon ausgehend wird im angegriffenen Bescheid weiter rechtsfehlerfrei darauf abgestellt, dass die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 36 Abs. 2 AufenthG alleine im Falle des Vorliegens einer außergewöhnlichen Härte – hier bezogen auf die Antragstellerin – ...

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