Entscheidungsstichwort (Thema)
Nutzungsuntersagung für ehemalige Werkhalle der Deutschen Bundesbahn bei illegaler Nutzung als Versammlungsstätte. zur Ordnungsfunktion des formellen Baurechts
Normenkette
VwGO § 80 Abs. 2, 5; LBO § 60 Abs. 1, § 82 Abs. 2; VStättVO § 1 Abs. 1 Nr. 4
Tenor
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.
Der Streitwert wird auf 15.000,– Euro festgesetzt.
Gründe
Die Antragstellerin wendet sich gegen die baurechtliche Verfügung der Antragsgegnerin vom 13.03.2008, mit der ihr unter Anordnung des Sofortvollzugs die Nutzung der auf dem Grundstück Gemarkung St. Johann, Flur, Flurstück stehenden ehemaligen Werkhalle der Deutschen Bundesbahn als Versammlungsstätte untersagt und für den Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 15.000 Euro angedroht wurde.
Hinsichtlich der Zulässigkeit des Antrages bestehen keine Bedenken. Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des bei der Antragsgegnerin am 11.04.2008 eingegangenen Widerspruchs der Antragstellerin vom 10.04.2008 gegen die im Bescheid vom 13.03.2008 enthaltene Nutzungsuntersagung ist nach § 80 Abs. 5 Satz 1 2. Alt. VwGO statthaft, da insoweit gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO der Sofortvollzug angeordnet wurde.
In der Sache hat der Antrag keinen Erfolg.
Die vom Gericht zu treffende Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO richtet sich danach, ob ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der angegriffenen Verfügung schriftlich hinreichend begründet wurde (§ 80 Abs. 3 VwGO) und ob es gegenüber dem Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs schwerer wiegt (§ 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO). Im Rahmen der Interessenabwägung sind die Erfolgsaussichten des Widerspruchs zu berücksichtigen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs ist in der Regel abzulehnen, wenn der Rechtsbehelf nach dem derzeitigen Erkenntnisstand offensichtlich aussichtslos ist; umgekehrt überwiegt bei einer offensichtlichen Erfolgsaussicht des Widerspruchs das Aussetzungsinteresse des Antragstellers (vgl. Kopp, VwGO, 14. Aufl., § 80 Rz. 158).
Die Antragsgegnerin hat das aus ihrer Sicht bestehende besondere öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung der Nutzungsuntersagung in einer den formalen Erfordernissen des § 80 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 Satz 1 VwGO genügenden Weise ausreichend dargelegt, indem sie wegen der formellen Widerrechtlichkeit der Nutzung die generelle Erforderlichkeit der Sicherung der Ordnungsfunktion des formellen Baurechts (Baugenehmigungspflicht) herausgestellt hat. In derartigen „typischen Interessenlagen” ist der Verweis auf die im Normalfall gebotene kurzfristig wirksame Unterbindung derartiger Gesetzesverstöße als ausreichend anzusehen (vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 10.05.1999 – 2 W 3/99 –, m.w.N.). Ansonsten würde die Antragstellerin ohne den Sofortvollzug besser dastehen als derjenige, der eine genehmigungspflichtige Nutzung erst nach der Erteilung der Genehmigung aufnimmt. Außerdem hat die Antragsgegnerin auf die Gefahr für Leib und Leben der Besucher hingewiesen, die wegen der Mängel bei Fluchtwegen, Lüftungsanlagen und brandschutztechnischer Ausstattung besteht.
Unter Berücksichtigung der eingeschränkten Erkenntnismöglichkeiten des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens geht die Kammer davon aus, dass der Widerspruch der Antragstellerin gegen die Nutzungsuntersagung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat.
Die Antragsgegnerin hat sich als Rechtsgrundlage für den angegriffenen Bescheid auf § 82 Abs. 2 LBO gestützt. Danach kann die Bauaufsichtsbehörde die Benutzung baulicher Anlagen, die im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften benutzt werden, untersagen.
Nach der ständigen Rechtsprechung der saarländischen Verwaltungsgerichte (grundlegend: OVG des Saarlandes, Urteil vom 09.03.1984 – 2 R 175/82 –, BRS 42 Nr. 227 = NVwZ 1985, 122 = DÖV 1985, 247 noch zu § 104 Abs. 1 LBO 1974 sowie Beschluss vom 01.02.1999 – 2 V 1/99 –) rechtfertigt allgemein bereits die ohne eine entsprechende, nach § 60 Abs. 1 LBO erforderliche Baugenehmigung aufgenommene Nutzung baulicher Anlagen den Ausspruch einer Nutzungsuntersagung auf der Grundlage des § 82 Abs. 2 LBO, es sei denn die betreffende Nutzung genießt Bestandsschutz oder ist offensichtlich genehmigungsfähig. Allein das Fehlen der erforderlichen Genehmigung für die Nutzung baulicher Anlagen berechtigt die Behörde in aller Regel, von dem ihr durch § 82 Abs. 2 LBO eingeräumten Eingriffsermessen im Sinne eines Entschlusses zum Erlass einer solchen Verfügung Gebrauch zu machen (vgl. Finkelnburg/Domberg/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsverfahren, 5. Aufl. 2008, Rdnr. 1287; Bay. VGH, Beschlüsse vom 06.02.1980 – 14 Cs 1776/79 –, BRS 36 Nr. 213 und vom 10.02.1988 – 2 Cs 88.00208 –, BayVBl. 1988, 436; OVG Lü...