Alexander C. Blankenstein
1.2.1 Grundsätze
Als Regelfall sieht der Gesetzgeber gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 WEG die Präsenzversammlung vor.
Seit Inkrafttreten des WEMoG am 1.12.2020 können die Wohnungseigentümer gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 WEG beschließen, dass auch eine Teilnahme im Wege der elektronischen Kommunikation erfolgen kann. Hieraus folgt wiederum, dass Wohnungseigentümern ohne entsprechende Beschlussfassung die Teilnahme in elektronischer Form nicht ermöglicht werden kann.
Zulassung virtueller Wohnungseigentümerversammlungen
Am 17.10.2024 ist das "Gesetz zur Zulassung virtueller Wohnungseigentümerversammlungen, zur Erleichterung des Einsatzes von Steckersolargeräten und zur Übertragbarkeit beschränkter persönlicher Dienstbarkeiten für Erneuerbare-Energien-Anlagen" in Kraft getreten. Hier sieht der neue § 23 Abs. 1a WEG die zeitlich befristete Möglichkeit einer Beschlussfassung über die rein virtuelle Durchführung von Wohnungseigentümerversammlungen vor. Wird der entsprechende Beschluss allerdings vor dem 1.1.2028 gefasst, sieht die Übergangsregelung in § 48 Abs. 6 WEG die Verpflichtung zur Durchführung mindestens einer Eigentümerversammlung jährlich bis einschließlich 2028 in Präsenzform vor, wenn die Wohnungseigentümer nicht durch einstimmigen Beschluss hierauf verzichten.
1.2.2 Elektronische Kommunikation
1.2.2.1 Grundsätze
Neben einer Beschlussfassung über die Durchführung rein virtueller Wohnungseigentümerversammlungen besteht auch eine Beschlusskompetenz dahingehend, dass die Wohnungseigentümer an Präsenzversammlungen auf elektronischem Weg teilnehmen können. Hierfür bedarf es also keiner Vereinbarung, vielmehr reicht eine einfach mehrheitliche Beschlussfassung aus. Die Ausgestaltung im Einzelnen obliegt den Wohnungseigentümern, das Gesetz enthält insoweit keine Vorgaben.
Möglich ist eine Online-Teilnahme über internetfähige Endgeräte wie Smartphones, Laptops oder Tablets – durchaus aber auch eine telefonische Teilnahme, wobei die Wohnungseigentümer derartige Modalitäten durch Beschluss regeln können.
Keine Telefonkonferenz
Eine Beschlussfassung der Wohnungseigentümer im Rahmen einer Telefonkonferenz ist nicht möglich.
Diese Beschlusskompetenz trägt der Unterscheidung von Teilnahme und physischer Anwesenheit der Wohnungseigentümer Rechnung. Ihre Anwesenheit wird durch die elektronische Kommunikation im Wege einer interaktiven 2-Wege-Direktverbindung in Echtzeit ersetzt, die dem Wohnungseigentümer die aktive Teilnahme an der Versammlung ermöglicht, also die elektronische Ausübung aller oder einzelner Versammlungsrechte. Mit Blick auf eine Ermöglichung auch des Stimmrechts, würde insbesondere der Einsatz von Stimmrechtsvertretern entbehrlich werden. Letztlich ermöglicht die Neuregelung den Wohnungseigentümern eine einfachere Wahrnehmung ihrer Rechte, womit zugleich auch die Anwesenheit in der Versammlung gesteigert wird.
Auch wenn die Präsenzversammlung weiterhin die Basis bildet, ist zu berücksichtigen, dass es zur Durchführung einer Wohnungseigentümerversammlung und für die Fassung von Beschlüssen nicht erforderlich ist, dass Wohnungseigentümer an der Wohnungseigentümerversammlung persönlich teilnehmen. Vielmehr können sämtliche Wohnungseigentümer dem Verwalter Stimmrechtsvollmachten erteilen, von denen er dann in einer "Ein-Mann-Präsenzversammlung" Gebrauch macht. Da die gesetzliche Regelung keine Beschränkung bezüglich der Anzahl elektronisch teilnehmender Wohnungseigentümer vorsieht und somit theoretisch auch alle Wohnungseigentümer zugeschaltet sein können, kommt die Regelung im Ergebnis einer "virtuellen" Wohnungseigentümerversammlung äußerst nahe. Allerdings muss stets die Möglichkeit der Präsenzteilnahme bestehen.
1.2.2.2 Teilnahmerechte
Die elektronische Teilnahme der Wohnungseigentümer an der Eigentümerversammlung muss berücksichtigen, dass die auf elektronischem Weg teilnehmenden Wohnungseigentümer "sämtliche oder einzelne" Rechte ausüben können. Die typischen und unentziehbaren Rechte der Wohnungseigentümer neben dem Teilnahmerecht stellen
- das Rederecht,
- das Fragerecht und
- bis auf die eng umgrenzten Fälle des § 25 Abs. 4 WEG das Stimmrecht dar.
Inwieweit diese an sich unentziehbaren Rechte durch Beschluss auf Grundlage von § 23 Abs. 1 Satz 2 WEG den elektronisch teilnehmenden Wohnungseigentümern entzogen werden können, ist den Gesetzesmaterialien nicht zu entnehmen. Allerdings wird man hier den Wohnungseigentümern eine weite Satzungsautonomie zusprechen müssen. Denn das Gesetz statuiert kein Recht zur Teilnahme an Wohnungseigentümerversammlungen in elektronischer Form. Es ermächtigt lediglich die Wohnungseigentümer, Entsprechendes durch Beschluss zu ermöglichen.
Die Ausgestaltung der einzelnen Rechte der auf elektronischem Weg teilnehmenden Wohnungseigentümer ist daher auch unter Einschränkung bestimmter Rechte, wie etwa des Fragerechts, durchaus zulässig. Auch wenn auf Grundlage von § 23 Abs. 1 Satz 2 WEG lediglich die Ausübung "einzelner" Rechte eingeräumt werden kann, können dem auf elektronischem...