Hubert Blank †, Serdar C. Karabulut
Damit die Einrede des nicht erfüllten Vertrags ihre Druckfunktion zur Durchsetzung einer Forderung erfüllen kann, ist es erforderlich, dass der Schuldner Kenntnis von dieser Verbindlichkeit hat. Daher muss der Mieter im Falle eines Mangels an der Mietsache diesen dem Vermieter anzeigen.
Welche Mieten können zurückgehalten werden?
Hieraus leitet die Rechtsprechung ab, dass das Zurückbehaltungsrecht nach § 320 BGB wegen eines Mangels der Mietsache durch den Mieter lediglich die Mieten betrifft, die fällig werden, nachdem der Mieter dem Vermieter den Mangel angezeigt hat.
Die Geltendmachung der Einrede des nicht erfüllten Vertrags ist nach § 320 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 BGB grundsätzlich ausgeschlossen, wenn der Schuldner vorleistungspflichtig ist. Daher ist im Falle der Raummiete zu berücksichtigen, dass der Mieter nach § 556b BGB bzw. § 579 Abs. 2 BGB bis zum 3. Werktag eines jeden Monats zur Entrichtung der Miete verpflichtet ist. Teilweise wird hierin eine Regelung zur Vorleistungspflicht mit der Folge gesehen, dass sich
- für die ersten 3 Tage eine Vorleistungspflicht des Vermieters hinsichtlich der Gebrauchsüberlassung und
- für den Rest des Monats eine Vorleistungspflicht des Mieters hinsichtlich der Monatsmiete ergibt. Zum Zwecke des Mieterschutzes wird mit Blick auf die Wertungen des § 556b Abs. 2 BGB dem Mieter dennoch ein Zurückbehaltungsrecht gewährt.
Hat eine Vertragspartei ihre Leistungspflicht erfüllt, obwohl die Tatbestandsvoraussetzungen der Einrede aus § 320 Abs. 1 BGB vorlagen, so kann sie nachträglich zum Zwecke der Geltendmachung der Einrede nicht zurückgefordert werden. Dies folgt zumindest aus § 813 Abs. 1 Satz 1 BGB, der einen Rückersattungsanspruch lediglich im Falle von dauernden Einreden gewährt.
Das besondere Gewährleistungsrecht des Mietrechts steht der Geltendmachung der Einrede des nicht erfüllten Vertrags nicht entgegen.
Allerdings kann nach der Rechtsprechung des VIII. Zivilsenats des BGH die Geltendmachung der Einrede aus § 320 BGB ausgeschlossen sein, wenn der Mieter bei Vertragsschluss Kenntnis von der Mangelhaftigkeit hatte. Zwar beziehe sich nach dieser Rechtsprechung § 536b BGB lediglich auf die Minderung sowie auf den Schadensersatz- und Aufwendungsersatzanspruch, der dieser Regelung zugrunde liegende Rechtsgedanke könne dennoch im Rahmen von § 320 Abs. 2 BGB mit der Folge herangezogen werden, dass die Geltendmachung der Einrede für den Mieter ausgeschlossen ist.
Der XII. Zivilsenat des BGH differenziert bei der Auslegung des § 536b BGB aber zwischen dem primären Erfüllungsanspruch und den sekundären Mängelansprüchen und stellt fest, dass diese Regelung lediglich die Mängelrechte des Mieters ausschließt. Von dem Ausschluss ist der Erfüllungsanspruch jedoch nicht umfasst. Daher kann die Erfüllung trotz Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzung des § 536b BGB mittels der Einrede des nicht erfüllten Vertrags weiterhin verfolgt werden.
Kein Ausschluss der Einrede bei der Wohnraummiete
Im Übrigen kann ein Ausschluss der Einrede aus § 320 BGB vertraglich vereinbart werden. Bei der Wohnraummiete ist allerdings eine solche Vereinbarung zulasten des Mieters nach § 556b Abs. 2 Satz 2 BGB unwirksam. Damit sind sowohl Individualvereinbarungen, aber auch eine solche Ausschlussklausel in Allgemeinen Geschäftsbedigungen gemeint, sodass es eines Rückgriffs auf § 309 Nr. 2 lit. a) BGB nicht bedarf.