Alexander C. Blankenstein
Die Wohnungseigentümer sind grundsätzlich nicht gehindert, über eine schon geregelte gemeinschaftliche Angelegenheit erneut zu beschließen. Die Befugnis dazu ergibt sich aus der autonomen Beschlusszuständigkeit der Gemeinschaft. Dabei ist unerheblich, aus welchen Gründen die Gemeinschaft eine erneute Beschlussfassung für angebracht hält.
Grundsätzlich zulässig ist es also, den Erstbeschluss durch einen weiteren Beschluss abzuändern oder zu ergänzen. Stellt sich etwa heraus, dass der Beschluss über die Erhebung einer Sonderumlage fehlerhaft war, kann die Sonderumlage erneut auch noch nach der Beschlussfassung über die Festsetzung der Nachschüsse bzw. Anpassungsbeträge auf Grundlage der Jahresabrechnung nach § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG durch ergänzenden oder abändernden Zweitbeschluss geregelt werden, um eine ordnungsmäßige Anspruchsgrundlage für bereits geleistete oder auch noch nicht geleistete Beiträge der Wohnungseigentümer darstellen zu können. Nach der Beschlussfassung über die Festsetzung der Nachschüsse bzw. Anpassungsbeträge auf Grundlage der Jahresabrechnung können auch die ihr zugrunde liegenden Vorschüsse auf Grundlage des Wirtschaftsplans durch Zweitbeschluss geändert werden, wenn Zweifel an ihrer Wirksamkeit bestehen.
Eine Zweitbeschlussfassung ist überhaupt in all denjenigen Fällen erforderlich, in denen sich die der ursprünglichen Beschlussfassung zugrunde liegenden Tatsachen maßgeblich geändert haben. Hatten die Wohnungseigentümer etwa die Beauftragung eines Rechtsanwalts hinsichtlich einer juristischen Beratung zu einem bestimmten Betrag beschlossen und stellt sich dann bei Beauftragung des Anwalts heraus, dass der beschlossene Kostenrahmen zu niedrig festgelegt wurde, bedarf es freilich erneuter abändernder Beschlussfassung über den höheren Kostenrahmen.
Ein sachlicher Grund, die Aufhebung eines früheren Beschlusses zu beschließen, liegt vor, wenn dieser im Widerspruch zur Teilungserklärung steht.
Schutzwürdige Belange des Erstbeschlusses sind zu berücksichtigen
Jeder Wohnungseigentümer kann gemäß § 18 Abs. 2 WEG verlangen, dass der Zweitbeschluss schutzwürdige Belange aus Inhalt und Wirkung des Erstbeschlusses zu seinen Gunsten berücksichtigt.
Wurde einem Wohnungseigentümer also eine bauliche Veränderung durch Beschluss gestattet und ist dieser Beschluss bestandskräftig, so wäre ein Zweitbeschluss, mit dem diesem Eigentümer Auflagen für die Durchführung seiner baulichen Veränderung gemacht werden, rechtsfehlerhaft, wenn für die Auflagen kein sachlicher Grund vorliegt und sie die Interessen des begünstigten Eigentümers beeinträchtigen. Entsprechendes gilt bei einer Kostenverteilungs-Beschlussfassung bei einer bereits bestandskräftig beschlossenen Erhaltungsmaßnahme. Ohne sachlichen Grund darf insoweit nicht im Wege des abändernden Zweitbeschlusses die Kostenverteilung geändert werden.
Grundsätze auch bei Anerkenntnis zu beachten
Eine Beschlussfassung über eine Angelegenheit, die bereits Gegenstand eines Anerkenntnisurteils war, muss die schutzwürdige Rechtsposition, die der Kläger durch das Anerkenntnisurteil erlangt hat, berücksichtigen. Hat also die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer etwa im Rahmen eines Anfechtungsverfahrens eine bestimmte Rechtsposition des klagenden Wohnungseigentümers anerkannt, kann sie ihm diese nicht über erneute abweichende Beschlussfassung wieder nehmen.
Anspruch auf Zweitbeschlussfassung
Grundsätzlich ist zu beachten, dass ein bestandskräftiger Beschluss einen Anspruch auf einen abändernden Zweitbeschluss ausschließt. Dies gilt lediglich ausnahmsweise nicht, wenn schwerwiegende Umstände das Festhalten an der bestehenden Regelung als unbillig erscheinen lassen. Dabei sind nur solche Umstände zu berücksichtigen, die bei der Beschlussfassung noch nicht berücksichtigt wurden und auch durch ein Anfechtungsverfahren nicht geltend gemacht werden konnten.