Entscheidungsstichwort (Thema)

Betreuungssache

 

Leitsatz (amtlich)

1. Lehnt das Vormundschaftsgericht es ab, nachträglich festzustellen, daß der Betreuer die Betreuung berufsmäßig führt, ist diese Entscheidung mit der einfachen Beschwerde anfechtbar.

2. Erfüllt der Betreuer, der ehrenamtlich bestellt ist, erst im Laufe des Betreuungsverfahrens die Voraussetzungen der Bestellung zum Berufsbetreuer, steht ihm ein Vergütungsanspruch als Berufsbetreuer erst ab dem Zeitpunkt zu, zu dem das Vormundschaftsgericht feststellt, daß die Betreuung berufsmäßig geführt wird.

3. Diese Feststellung kann nicht rückwirkend auf den Tag der Betreuerbestellung getroffen werden. Ob sie rückwirkend zu dem Tag getroffen werden kann, an dem der entsprechende Antrag des Betreuers bei Gericht eingegangen ist, bleibt offen.

 

Normenkette

BGB § 1836 Abs. 1 S. 2; FGG § 19 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Weiden i.d.OPf. (Aktenzeichen 2 T 1017/00)

AG Weiden i.d. OPf. (Aktenzeichen XVII 93/92)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts Weiden i.d.OPf. vom 11. Dezember 2000 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Die Beschwerdeführerin wurde vom Amtsgericht am 19.7.1999 zur neuen Betreuerin der Betroffenen bestellt. Sie führte die Betreuung ehrenamtlich. Mit einem am 22.9.2000 beim Amtsgericht eingegangenen Schreiben beantragte sie „die nachträgliche Eintragung der berufsmäßigen Betreuungsführung” für das vorliegende Betreuungsverfahren. Mit Beschluß vom 18.10.2000 stellte das Amtsgericht fest, daß die Betreuung ab dem 22.9.2000 durch die Beschwerdeführerin berufsmäßig geführt werde. Die Beschwerde der Betreuerin, mit der diese begehrte, die Feststellung der Berufsmäßigkeit der Betreuungsführung auf 19.7.1999 zurückzudatieren, hat das Landgericht am 11.12.2000 zurückgewiesen und „in entsprechender Anwendung des § 56 g Abs. 5 Satz 2 FGG” die weitere Beschwerde zugelassen. Gegen diese Entscheidung wendet sich die weitere Beschwerde der Betreuerin.

II.

Die weitere Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.

1. Das Landgericht hat die Beschwerde für zulässig erachtet und zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, bei der Beschwerdeführerin seien die Kriterien für die Berufsmäßigkeit ihrer Betreuertätigkeit auf jeden Fall zum 22.9.2000 erfüllt. Nach § 1836 Abs. 1 Satz 2 BGB sei regelmäßig mit der Betreuerbestellung festzustellen, daß der Betreuer die Betreuung berufsmäßig führe, wenn zu diesem Zeitpunkt die Kriterien für eine solche Feststellung bereits vorlägen. Eine nachträgliche Feststellung der Berufsmäßigkeit rückwirkend auf den Zeitpunkt der Bestellung zum ehrenamtlichen Betreuer komme nur in Betracht, wenn zu diesem Zeitpunkt die Kriterien für die Qualifikation als Berufsbetreuer bereits erfüllt gewesen seien (§ 1836 Abs. 1 Satz 3 Alternative 1 i.V.m. Satz 4 BGB) oder die Erfüllung in absehbarer Zeit zu erwarten gewesen sei (§ 1836 Abs. 1 Satz 3 Alternative 2 BGB). Diese Voraussetzungen seien hier nicht gegeben.

2. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG; § 550 ZPO) im Ergebnis stand.

a) Das Landgericht hat die Beschwerde zu Recht für zulässig erachtet. Gegen eine Entscheidung, durch die das Vormundschaftsgericht über die berufsmäßige Führung der Betreuung befindet, ist gemäß § 19 Abs. 1 FGG die einfache Beschwerde gegeben (vgl. Soergel/Zimmermann BGB 13. Aufl. § 1836 Rn. 8; Palandt/Diederichsen BGB 60. Aufl. § 1836 Rn. 4; HK-BUR/Bauer/Deinert § 1836 BGB Rn. 22). Dies folgt schon daraus, daß die gerichtliche Anerkennung der berufsmäßigen Führung der Betreuung für die Vergütung des Betreuers und damit für dessen Rechtsstellung von konstitutiver Wirkung ist (vgl. BayObLGZ 1999, 294/295). Sie legt fest, ob der Betreuer eine Vergütung nach den Grundsätzen des § 1836 Abs. 2 BGB, gegebenenfalls gemäß § 1836 a BGB aus der Staatskasse, erhält, oder ob er die Betreuung grundsätzlich unentgeltlich führt (§ 1836 Abs. 1 Satz 1 BGB) und eine Vergütung lediglich nach den Grundsätzen des § 1836 Abs. 3 BGB beanspruchen kann. Deshalb ist jedenfalls der Betreuer gegen eine die Feststellung der Berufsmäßigkeit versagende Entscheidung beschwerdeberechtigt (§ 20 Abs. 1 FGG). Die besonderen Voraussetzungen, die § 56 g Abs. 5 FGG für die Beschwerde im Rahmen des Vergütungsfestsetzungsverfahrens vorsieht, gelten für eine solche Entscheidung nicht, da die Feststellung der Berufsmäßigkeit Teil des Verfahrens zur Bestellung des Betreuers ist (§ 1836 Abs. 1 Satz 2 BGB), nicht Teil des Vergütungsverfahrens (Soergel/Zimmermann aaO).

b) Rechtsfehlerfrei ist das Landgericht davon ausgegangen, daß das Vormundschaftsgericht die Feststellung, die Betreuerin führe die Betreuung berufsmäßig, hier auch nach deren Bestellung treffen durfte. Das Vormundschaftsgericht kann, wenn der Betreuer die Voraussetzungen des § 1836 Abs. 1 Satz 3 und 4 BGB erst zu einem späteren Zeitpunkt erfüllt, nachträglich feststellen, daß der Betreuer die Betreuung berufsmäßig führt (Knittel BtG § 1836 BGB Rn. 3; Wagenitz/Engers FamRZ 1998, 1273/1274). § 1897 Abs. 6 BGB und die Belange des...

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