Entscheidungsstichwort (Thema)

Betreuungssache

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Bestellung eines Betreuers für einen Ausländer.

2. Wird der Berufsbetreuer zum Zwecke der Führung der Betreuung tätig, setzt sein Anspruch auf Vergütung bzw. Aufwendungsersatz grundsätzlich voraus, daß die Tätigkeit in den ihm übertragenen Aufgabenkreis fiel und er die Tätigkeit aus seiner Sicht nach den Umständen des Einzelfalles für erforderlich halten durfte.

3. Zur Handlungskompetenz des Betreuers und zur Erforderlichkeit von Maßnahmen im Rahmen der bevorstehenden Übersiedlung des Ausländers in sein Heimatland.

 

Normenkette

EGBGB Art. 24 Abs. 1 S. 2, Abs. 3; BGB § 1835 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 S. 1, § 1836 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 1, § 1836a

 

Verfahrensgang

AG Straubing (Aktenzeichen XVII 0135/97)

LG Regensburg (Aktenzeichen 7 T 197/01)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts Regensburg vom 23. Mai 2001 wird zurückgewiesen.

II. Die dem Betreuer im Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde entstandenen notwendigen Kosten werden der Staatskasse auferlegt.

III. Der Geschäftswert wird auf 570,40 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Für die Betroffene, eine österreichische Staatsangehörige mit Aufenthalt in der Bundesrepublik, ist ein Berufsbetreuer bestellt worden.

Mit seinem, das zweite Quartal 2000 betreffenden Antrag auf Vergütung und Aufwendungsersatz aus der Staatskasse beansprucht der Betreuer unter anderem 570,40 DM für eine Fahrt nach Linz.

Das Amtsgericht hielt den betreffenden Zeitaufwand für vergütungs- und die Fahrtkosten für erstattungsfähig und belastete die Staatskasse gemäß Beschluß vom 31.1.2001 mit dem in Rechnung gestellten Betrag.

Die sofortige Beschwerde der Staatskasse hat das Landgericht am 23.5.2001 zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluß wendet sich die Staatskasse mit der sofortigen weiteren Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel ist zulässig, insbesondere vom Landgericht zugelassen (§ 69e Satz 1, § 56g Abs. 5 Satz 2 FGG), hat aber keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

Der Betreuer habe Anspruch auf Vergütung des Zeitaufwands für die Fahrt nach Linz und auf Ersatz der Fahrtkosten. Im Frühjahr 2000 sei ihm von der zuständigen Ausländerbehörde signalisiert worden, daß der Betroffenen die beantragte Aufenthaltserlaubnis nicht erteilt werde, weshalb damit zu rechnen gewesen sei, daß die Betroffene Deutschland würde verlassen müssen. Der Aufgabenkreis des Betreuers habe im Abrechnungszeitraum auch die Aufenthaltsbestimmung umfaßt. Zu den Aufgaben des Betreuers habe deshalb auch die Sorge für den zukünftigen Aufenthalt der Betroffenen, mithin die Suche nach einem geeigneten Heim, dessen Auswahl und die Vorbereitung der Aufnahme der Betroffenen in dem Heim gehört, und zwar ungeachtet dessen, daß diese österreichische Staatsangehörige sei und die Einrichtung, in die sie aufgenommen werden sollte, sich nicht im Inland befunden habe. Der Betreuer habe die Fahrt nach Linz zur Sachgerechten Erledigung dieser Aufgabe für nötig halten, insbesondere im Hinblick auf die seinerzeit bekanntermaßen teilweise langen Wartezeiten für die Aufnahme in geeigneten Einrichtungen einen aktuellen Handlungsbedarf annehmen dürfen. Die Leitung der Einrichtung habe seine Teilnahme bei dem Vorstellungs- und Aufnahmegespräch und bei der Klärung der „Regularien” gewünscht und für sinnvoll gehalten. Anhaltspunkte dafür, daß die Einschätzung des Betreuers falsch gewesen sei, die krankheitsuneinsichtige, labile und sprunghafte Betroffene sei insoweit zu eigenverantwortlichem Handeln nicht in der Lage, seien nicht ersichtlich.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Wird der Berufsbetreuer zum Zweck der Führung der Betreuung, das heißt mit dem Ziel der Erfüllung seiner Aufgaben, tätig, setzt sein Anspruch auf Vergütung (§ 1908i Abs. 1 Satz 1, § 1836 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 und 2, § 1836a BGB, § 1 BVormVG) bzw. auf Aufwendungsersatz (§ 1835 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 BGB) grundsätzlich voraus, daß die fragliche Tätigkeit in den ihm übertragenen Aufgabenkreis fiel (vgl. BayObLGZ 1994, 4/6; BayObLG FamRZ 1999, 463; FamRZ 2000, 1048; BtPrax 2001, 76; SchlHOLG FamRZ 1999, 462) und er die Tätigkeit aus seiner Sicht nach den Umständen des Einzelfalles für erforderlich halten durfte (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 BVormVG, § 670 BGB; BayObLGZ 1996, 47; BayObLG FamRZ 1999, 463; OLG Zweibrücken BtPrax 2000, 86/87).

b) Die Fahrt des Betreuers zu dem Heim in Linz war durch den dem Betreuer übertragenen Aufgabenkreis der Aufenthaltsbestimmung gedeckt.

aa) Bei der Bestellung eines Betreuers für einen Volljährigen, der aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen kann (§ 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB), handelt es sich um staatlichen Beistand in Form von Rechtsfürsorge (vgl. OLG Oldenburg Nds. Rpfl. 1996, 59/60; Palandt/Diederichsen BGB 60. Aufl. Einf v § 1896 Rn. 1). Art. 24 Abs. 1 Satz 2 EG...

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