Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

 

Gründe

Die mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbundene Verfassungsbeschwerde betrifft die Verlegung des Beschwerdeführers und weiterer Strafgefangener von der Justizvollzugsanstalt Tegel in Berlin in die Justizvollzugsanstalt Heidering. Die Justizvollzugsanstalt Heidering wird auf der Grundlage eines Staatsvertrages zwischen den Ländern Berlin und Brandenburg vom Land Berlin in der brandenburgischen Gemeinde Großbeeren mit der Maßgabe betrieben, dass für die Anstalt das Vollzugsrecht des Landes Berlin gilt, soweit nicht Bundesrecht Anwendung findet (vgl. Gesetz zum Staatsvertrag zwischen dem Land Berlin und dem Land Brandenburg über die Errichtung und den Betrieb der Justizvollzugsanstalt Heidering vom 14. Dezember 2011, BerlGVBl 2011 S. 822; § 1 Abs. 1 des Staatsvertrages; zum Inkrafttreten des Staatsvertrages am 1. Februar 2012 s. Bekanntmachung vom 1. Februar 2012, BerlGVBl 2012, S. 53).

1. Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat. Sie ist unzulässig, weil nicht ersichtlich ist, dass der Beschwerdeführer hinsichtlich seiner Verlegung den Rechtsweg erschöpft hätte.

Die Erschöpfung des Rechtswegs (§ 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG) ist nicht deshalb entbehrlich, weil die Einwände des Beschwerdeführers gegen seine Verlegung mittelbar die oben genannte gesetzliche Grundlage des Betriebs der Justizvollzugsanstalt betreffen. Die Obliegenheit, mit einem behaupteten Grundrechtsverstoß zunächst die Fachgerichte zu befassen, entfällt grundsätzlich auch dann nicht, wenn die Fachgerichte der gerügten Grundrechtsverletzung nicht selbst abhelfen können, sondern zur Beseitigung des gerügten Verfassungsverstoßes nur durch eine Vorlage zum Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG beitragen können, denn die vorrangige Befassung der Fachgerichte behält auch in einem solchen Fall ihren Sinn (vgl. BVerfGE 58, 81 ≪104 f.≫; 72, 39 ≪43 ff.≫; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats 9. November 2009 – 1 BvR 2146/09 –, juris; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 24. November 2009 – 1 BvR 213/08 –, juris). Besondere Umstände, die eine Abweichung von diesem Grundsatz rechtfertigen würden (vgl. BVerfGE 43, 291 ≪387≫; 55, 154 ≪157≫; 60, 360 ≪372≫ 65, 1 ≪38≫; 102, 197 ≪208≫), sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist es dem Beschwerdeführer auch unter dem Gesichtspunkt effektiven Eilrechtschutzes nicht unzumutbar (§ 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG), sich zunächst an die Fachgerichte zu wenden. Dass den Fachgerichten die Kompetenz zur Verwerfung gesetzlicher Bestimmungen fehlt, hindert sie nicht, einem Rechtsschutzsuchenden – sofern die Voraussetzungen hierfür im Übrigen vorliegen – vorläufigen Rechtsschutz auch insoweit zu gewähren, als der gerügte Verfassungsverstoß in der Hauptsache nur durch eine verfassungsgerichtliche Entscheidung ausgeräumt werden kann (vgl. BVerfGE 86, 382 ≪389≫; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 5. September 2005 – 1 BvR 1781/05 –, EuGRZ 2005, S. 634 f. sowie zuletzt Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 15. Dezember 2011 – 2 BvR 2362/11 –, juris).

Es ist demnach zunächst Sache der Fachgerichte, auch die Vereinbarkeit der jeweils herangezogenen landesrechtlichen Rechtsgrundlagen mit dem Grundgesetz zu prüfen, gegebenenfalls vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren und bei etwaigem negativen Ausgang der Prüfung die Sache unter Beachtung der Darlegungsanforderungen für Vorlagen im Verfahren der konkreten Normenkontrolle (vgl. nur BVerfGE 88, 70 ≪74≫; 93, 121 ≪131 f.≫; 105, 61 ≪67≫) dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen.

2. Durch die Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

 

Unterschriften

Lübbe-Wolff, Landau, Kessal-Wulf

 

Fundstellen

Dokument-Index HI5263142

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