Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Inländische Abgaben. Verbot diskriminierender Abgaben. Einheitliche Steuer für den Kraftfahrzeugverkehr. Festsetzung des Steuersatzes anhand des Datums der erstmaligen Zulassung des Fahrzeugs im Mitgliedstaat der Besteuerung. Aus anderen Mitgliedstaaten eingeführte Gebrauchtwagen. Keine Berücksichtigung des Datums der Erstzulassung in einem anderen Mitgliedstaat

 

Normenkette

Verfahrensordnung des Gerichtshofs Art. 99; AEUV Art. 110

 

Beteiligte

dos Santos

Luís Manuel dos Santos

Fazenda Pública

 

Tenor

Art. 110 AEUV ist dahin auszulegen, dass er der Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, wonach die mit ihr eingeführte einheitliche Verkehrsteuer auf zur Personenbeförderung bestimmte Kraftfahrzeuge (Pkw), die in diesem Mitgliedstaat zugelassen oder registriert sind, ungeachtet des Datums der Erstzulassung erhoben wird, wenn diese in einem anderen Mitgliedstaat erfolgte und dadurch die Besteuerung von aus einem anderen Mitgliedstaat eingeführten Fahrzeugen höher ist als die gleichartiger nicht eingeführter Fahrzeuge.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunal Administrativo e Fiscal de Coimbra (Verwaltungs- und Finanzgericht Coimbra, Portugal) mit Entscheidung vom 18. Oktober 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 16. November 2017, in dem Verfahren

Luís Manuel dos Santos

gegen

Fazenda Pública

erlässt

DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. Malenovský sowie der Richter D. Šváby und M. Vilaras (Berichterstatter),

Generalanwältin: E. Sharpston,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund der nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Entscheidung, gemäß Art. 99 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs durch mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden,

folgenden

Beschluss

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 110 AEUV.

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Luís Manuel dos Santos und der Fazenda Pública (Finanzverwaltung, Portugal) über die gegen den Kläger für das Jahr 2014 festgesetzte einheitliche Verkehrsteuer (Imposto Único de Circulação) für einen aus einem anderen Mitgliedstaat eingeführten Gebrauchtwagen.

Rechtlicher Rahmen

Rz. 3

Art. 2 Abs. 1 des Código do Imposto Único de Circulação (Gesetzbuch über die einheitliche Verkehrsteuer, im Folgenden: CIUC) bestimmt:

„Die einheitliche Verkehrsteuer ist auf in Portugal zugelassene oder eingetragene Fahrzeuge folgender Kategorien zu entrichten:

  1. Kategorie A: Personenkraftwagen (Pkw) und Nutzfahrzeuge mit einem Bruttogewicht von bis zu 2 500 kg, die in der Zeit von 1981 bis zum Inkrafttreten des vorliegenden Gesetzes zugelassen wurden;
  2. Kategorie B: in Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und d des Kraftfahrzeugsteuergesetzes genannte Personenkraftwagen (Pkw) sowie Nutzfahrzeuge mit einem Bruttogewicht von bis zu 2 500 kg, die nach Inkrafttreten des vorliegenden Gesetzes zugelassen wurden;

…”

Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefrage

Rz. 4

Der Kläger des Ausgangsverfahrens ist Eigentümer eines aus dem Vereinigten Königreich nach Portugal eingeführten Kraftfahrzeugs. Dieses Fahrzeug mit Erstzulassung vom 20. Oktober 1966 im Vereinigten Königreich wurde am 31. Mai 2013, also nach dem Inkrafttreten des CIUC am 1. Juli 2007, in Portugal erneut zugelassen.

Rz. 5

Am 31. Dezember 2014 wurde für dieses Fahrzeug einheitliche Verkehrsteuer in Höhe von 131,40 Euro für das Jahr 2014 gegen den Kläger des Ausgangsverfahrens festgesetzt.

Rz. 6

Da der Kläger des Ausgangsverfahrens der Ansicht war, dass er hierdurch diskriminiert werde, erhob er beim vorlegenden Gericht Klage gegen die Erhebung dieser Steuer. Er macht u. a. geltend, dass nach dem 1. Juli 2007 eingeführte Fahrzeuge und genauso alte, aber vor dem 1. Juli 2007 eingeführte und zugelassene Fahrzeuge unterschiedlich besteuert würden, obwohl sie dieselben Eigenschaften aufwiesen. Dies sei unvereinbar mit dem in Art. 110 AEUV verankerten Grundsatz des freien Warenverkehrs zwischen Mitgliedstaaten.

Rz. 7

Das vorlegende Gericht führt insoweit aus, dass die Erstzulassung des vom Kläger des Ausgangsverfahrens eingeführten Fahrzeugs am 20. Oktober 1966 in einem anderen Mitgliedstaat erfolgt sei und es gemäß Art. 2 Abs. 1 Buchst. b CIUC der einheitlichen Verkehrsteuer unterliege, da es nach Portugal eingeführt und nach dem 1. Juli 2007 erneut zugelassen worden sei, während es bei einer Erstzulassung in Portugal von dieser Steuer befreit gewesen wäre. Somit unterliege das Fahrzeug der einheitlichen Verkehrsteuer nur, weil die Erstzulassung nicht in Portugal, sondern in einem anderen Mitgliedstaat erfolgt sei.

Rz. 8

Unter diesen Umständen hat das Tribunal Administrativo e Fiscal de Coimbra (Verwaltungs- und Finanzgericht Coimbra, Portugal) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Steht der in Art. 110 AEUV niedergelegte Grundsatz des freien Warenverkehrs zwischen Mitgliedstaaten eine...

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