Leitsatz (amtlich)

Ein Rechtsstreit, dessen Gegenstand eine Klage auf Honorar aus einem Patentanwaltsvertrag ist, ist jedenfalls nicht ohne weiteres als Patentstreitsache i.S.d. § 143 Abs. 1 PatG zu qualifizieren (entgegen OLG Naumburg GRUR-RR 2010, 402).

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 06.07.2011; Aktenzeichen 16 O 47/09)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Kläger vom 13.7.2011 wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Berlin vom 6.7.2011 - 16 O 47/09 - teilweise geändert:

Die nach dem Beschluss des KG vom 25.10.2010 von den Klägern an die Beklagte zu erstattenden, im Antrag vom 29.10.2010 berechneten Kosten werden auf 277,03 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 3.11.2010 festgesetzt.

Der weiter gehende Kostenfestsetzungsantrag der Beklagten vom 29.4.2011 wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 232,80 EUR.

4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Kläger sind Patentanwälte.

Die Beklagte beauftragte die Kläger, für eine Erfindung eine Patentanmeldung bei dem Europäischen Patentamt einzureichen.

Mit der Klage haben die Kläger Ansprüche auf Entgelt für ihre Tätigkeit und Aufwendungsersatz geltend gemacht.

Nachdem die Berufung der Kläger gegen das klageabweisende Urteil des LG Berlin erfolglos geblieben ist und den Klägern mit Beschluss des KG vom 25.10.2010 die Kosten der Berufung auferlegt worden sind, hat das LG Berlin, Rechtspflegerin, auf den Kostenfestsetzungsantrag der Beklagten mit Beschluss vom 6.7.2011 u.a. die Kosten der auf Seiten der Beklagten mitwirkenden Patentanwälte i.H.v. 232,80 EUR festgesetzt.

Gegen die Festsetzung dieser Kosten wenden die Kläger sich mit der sofortigen Beschwerde.

II. Die sofortige Beschwerde der Kläger ist zulässig (§ 11 Abs. 1 und 2 RPflG, § 104 Abs. 3 Satz 1, § 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 569 ZPO) und begründet.

1. Die durch den Tod der Klägerin zu 1) eingetretene Unterbrechung des Verfahrens ist beendet, nachdem der Kläger zu 2) mit Schriftsatz vom 30.4.2012 erklärt hat, das Verfahren weiterführen zu wollen (§ 239 Abs. 1 ZPO).

Der Kläger zu 2) ist Rechtsnachfolger der Klägerin zu 1). Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 28.6.2012 mitgeteilt, dass der Kläger zu 2) Erbe der verstorbenen Klägerin zu 1) ist und dies durch eine Mitteilung des AG K.belegt.

2. Nach § 143 Abs. 3 PatG sind von den Kosten, die durch die Mitwirkung eines Patentanwalts in einer Patentstreitsache entstehen, die Gebühren nach § 13 RVG zu erstatten, und zwar ohne die Prüfung der Frage, ob die Mitwirkung des Patentanwalts notwendig war. (BGH GRUR 2011, 662 - Patentstreitsache, Rz. 10; Rogge/Grabinski in: Benkard, PatG, 10. Aufl., § 143 Rz. 23; Mes, PatG., 3. Aufl., § 143 Rz. 48; vgl. weiter zu der entsprechenden Bestimmung in § 140 Abs. 3 MarkenG: BGH GRUR 2003, 639 - Kosten des Patentanwalts I; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., § 140 Rz. 56).

Dem widerspricht - entgegen der Auffassung der Kläger - die Entscheidung des BGH vom 24.2.2011 - I ZR 181/09 - Kosten des Patentanwalts II (= GRUR 2011, 754) nicht. Diese Entscheidung verhält sich ausschließlich zu Ansprüchen aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677, 683 Satz 1, § 670 BGB) und materiell-rechtlichen Schadensersatzansprüchen (§ 14 Abs. 6 Satz 1 MarkenG). Die unmittelbare oder analoge Anwendung des einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch begründenden § 143 Abs. 3 PatG hat der BGH in dem dort entschiedenen Fall ausdrücklich verneint (BGH GRUR 2011, 754 - Kosten des Patentanwalts II, Rz. 11 ff.).

§ 143 Abs. 3 PatG ist jedoch auch hier nicht einschlägig. Der diesem Kostenfestsetzungsverfahren vorangegangene Rechtsstreit ist keine Patentstreitsache i.S.d. § 143 Abs. 1 PatG.

a) Patentstreitsachen sind nur Klagen, durch die ein Anspruch aus einem der im Patentgesetz geregelten Rechtsverhältnisse geltend gemacht wird (§ 143 Abs. 1 PatG).

Der Begriff der Patentstreitsache wird grundsätzlich weit ausgelegt. Als Patentstreitsache anzusehen sind Klagen, die einen Anspruch auf eine Erfindung oder aus einer Erfindung zum Gegenstand haben oder sonstwie mit einer Erfindung eng verknüpft sind. Hierzu können insbesondere Klagen gehören, deren Anspruchsgrundlage sich aus einem Patent oder einer nicht geschützten Erfindung ergibt, sowie solche, deren Ansprüche auf einem Lizenz- oder sonstigem Verwertungsvertrag beruhen. (vgl. BGH GRUR 2011, 662 - Patentstreitsache, Rz. 9; Rogge/Grabinski in: Benkard, PatG, 10. Aufl., § 143 Rz. 1; Mes, PatG. 3. Aufl., § 143 Rz. 4) Ob die Honorarklage eines Patentanwalts wegen seiner Mitwirkung in einer Patentstreitsache danach als Patentstreitsache anzusehen ist, ist streitig (Patentstreitsache bejahend: OLG Karlsruhe GRUR 1997, 359; OLG Naumburg GRUR-RR 2010, 402; Rogge/Grabinski in: Benkard, PatG, 10. Aufl., § 143 Rz. 4 a.E. (entgegen der Vorauflage); Mes, PatG., 3. Aufl., § 143 Rz. 4; Patentstreitsache verneinend: OLG Frankfurt GRUR-RR 2001, 199; Hansens RVGreport 2011, 247; vgl. weiter zum ent...

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