Leitsatz (amtlich)

Voraussetzungen der Aufhebung einer Betreuung, Grundsatz der Amtsermittlung, keine generelle Pflicht zur Einholung eines medizinischen Gutachtens, keine obligatorische Anhörung des Betroffenen

 

Normenkette

FamFG § 294 Abs. 1, §§ 279, 288

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 02.02.2011; Aktenzeichen XII ZB 467/10)

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die Beteiligte zu 1) ist verwitwet. Sie hat eine Tochter. Sie bezieht Renten in Höhe von ca. 1.800,00 Euro.

Bei der Beteiligten zu 1) ist seit ca. 40 Jahren eine psychische Erkrankung bekannt. Seit dem Tod des Ehemannes im Jahre 2000 hat sich bei der Beteiligten zu 1) ein sekundärer Alkoholmissbrauch mit Verwahrlosungstendenzen entwickelt. Nach einem Gutachten, das der Sachverständige C, Arzt für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie unter dem Datum 11.12.2008 erstattete, befand sich die Beteiligte zu 1) zum Zeitpunkt der Untersuchung in einem akuten Stadium ihrer Erkrankung mit einer ausgeprägten Denkzerfahrenheit, paranoidem Denken und pathologischer Auslenkung des Affektes im Sinne einer gereizten Manie. Die Beteiligte zu 1) verfüge über kein Krankheitsgefühl. Sie könne daher die Notwendigkeit einer nervenärztlichen Behandlung mit Verabreichung von antipsychotisch wirksamen Medikamenten nicht einsehen und ihr Verhalten nicht entsprechend steuern. Durch den sekundär betriebenen Alkoholmissbrauch werde die Kritikschwäche noch akzentuiert.

Mit Beschluss vom 12.01.2009 bestellte das Amtsgericht den Beteiligten zu 2) zum Betreuer mit dem Aufgabenkreis Bestimmung des Aufenthaltes im Rahmen der Gesundheitsfürsorge, Entgegennahme und Öffnen der Post, Gesundheitsfürsorge, Vermögensangelegenheiten, Vertretung gegenüber Behörden und Institutionen sowie Wohnungsangelegenheiten.

Im Rahmen des Betreuungsverfahrens musste die Beteiligte zu 1) im März 2009 vorläufig geschlossen untergebracht werden. Hinsichtlich der Hintergründe, die zu der Notwendigkeit der Unterbringung führten, wird auf den Beschluss der Kammer vom 16.04.2009 in dem Beschwerdeverfahren 7 T 160/09 (Blatt 170-175 der Akte) verwiesen.

Auch nach Abschluss der stationären Behandlung setzte die Beteiligte zu 1) ihr Verhalten fort und beschimpfte u.a. die amtierende Amtsrichterin in einer äußerst ordinären Weise.

Anwaltlich vertreten bat die Beteiligte zu 1) Ende März 2010 um die Aufhebung der Betreuung. Die Rechtsanwältin, die die Beteiligte zu 1) vertrat, legte nach Akteneinsicht das Mandat nieder. Da die Beteiligte zu 1), nunmehr vertreten durch einen anderen Rechtsanwalt, ihren Antrag auf Aufhebung der Betreuung aufrechterhielt, wies das Amtsgericht mit Beschluss vom 10.05.2010 diesen Antrag zurück. In dem Beschluss ist ausgeführt, dass keine Anhaltspunkte für den Wegfall der medizinischen Voraussetzungen für die Anordnung der Betreuung vorlägen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Beteiligten zu 1).

Zu den weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den gesamten Akteninhalt einschließlich der beigezogenen Akten 35 B XVII 867 Amtsgericht Gelsenkirchen-Buer, 35 B XVII 749 Amtsgericht Gelsenkirchen-Buer und 4 XVII B 246 Amtsgericht Dorsten verwiesen.

Die nach § 58 FamFG statthafte Beschwerde der Beteiligten zu 1) ist auch im Übrigen zulässig. Die früheren Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1) haben zwar kurz vor Ablauf der Beschwerdefrist nur als vollmachtlose Vertreter der Beteiligten zu 1) die Beschwerde eingelegt. Aufgrund des Akteninhalts besteht jedoch kein Zweifel daran, dass diese Beschwerdeeinlegung im Namen der Beteiligten zu 1) deren Willen entspricht und dass damit die Einlegung der Beschwerde rechtzeitig erfolgt ist (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 27. Auflage, § 89 Rdnr. 12).

In der Sache hat die Beschwerde keinen Erfolg.

Gründe, die mit Beschluss vom 12.01.2009 angeordnete Betreuung aufzuheben, liegen nicht vor.

Kann ein Volljähriger aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen, so bestellt das Betreuungsgericht für ihn einen Betreuer (§ 1896 Abs.1 Satz 1 BGB). Gegen den freien Willen des Betroffenen darf ein Betreuer nicht bestellt werden. Der Betreuer darf auch nur für Aufgabenkreise bestellt werden, in denen die Betreuung erforderlich ist (§ 1896 Abs. 1 a und Abs. 2 Satz 1 BGB).

Aufzuheben ist die Betreuung, wenn ihre Voraussetzungen wegfallen, bzw. der Aufgabenkreis des Betreuers ist einzuschränken, wenn die Voraussetzungen nur für einen Teil der diesem zugewiesenen Angelegenheiten entfällt (§ 1908d BGB).

Wie das Amtsgericht in dem angefochtenen Beschluss zutreffend dargelegt hat, gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass die medizinischen Voraussetzungen für die Notwendigkeit einer Betreuung entfallen sind.

Schon die Eingaben der Beteiligten zu 1) nach Anordnung der Betreuung belegen, dass deren Handeln, Fühlen und Denken von dem krankheitsbedingten Wahnerleben bestimmt wird. Das Gericht hat deshalb zu Recht die Einholung eines weiteren G...

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