Leitsatz (amtlich)

Ergänzungspfleger für das Kind bei Vaterschaftsanfechtung durch einen Dritten auch bei gemeinsamer Sorge unverheirateter Eltern (Erweiterung von BGH, Beschluss vom 21.03.2012, XII ZB 510/10, juris).

 

Verfahrensgang

AG Döbeln (Beschluss vom 30.10.2015; Aktenzeichen Z 61 F 1010/15)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 1. vom 30.11.2015 gegen den Beschluss des AG - Familiengerichts - Döbeln, Zweigstelle Hainichen, vom 30.10.2015, Az.: Z 61 F 1010/15, wird auf deren Kosten zurückgewiesen.

2. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 3.000,00 EUR.

 

Gründe

I. Mit Urkunde vom 29.10.2013 (GA 12 zum Az. Z 4 F 999/15) des Landratsamtes xxx erkannte Herr K. an, Vater des am 18.10.2013 geborenen M. K. zu sein, und stimmte die Kindesmutter dieser Anerkennung zu. Mit weiterer Urkunde vom 29.10.2013 (GA 4 zum Az. Z 4 F 999/15) erklärte Herr K. ferner, mit der Kindesmutter gemeinsam die elterliche Sorge ausüben zu wollen; die Kindesmutter erteilte auch insofern ihre Zustimmung.

Mit Schriftsatz vom 26.10.2015 hat Herr T. R. bei dem AG - Familiengericht - Döbeln, Zweigstelle Hainichen, beantragt festzustellen, dass er - und nicht Herr H. K. - Vater des Pfleglings sei.

Nach Weiterleitung des dortigen Verfahrens (Az. Z 4 F 999/15) vom zuständigen Richter an den Rechtspfleger hat dieser mit Beschluss vom 30.10.2015 (GA 1 f.) Ergänzungspflegschaft für den Pflegling angeordnet, als Ergänzungspfleger den weiteren Beteiligten zu 2. mit dem Wirkungskreis "Vertretung Vaterschaftsanfechtung AG Döbeln, Zweigstelle Hainichen, Az. Z 4 F 999/15" bestellt und zur Begründung auf § 1909 Abs. 1 BGB verwiesen.

Gegen den ihr am 04.11.2015 zugestellten Beschluss hat die weitere Beteiligte zu 1. mit dem am 30.11.2015 beim AG eingegangenen Schreiben vom gleichen Tag "Widerspruch" eingelegt. Sie sehe keinen Grund, warum für ihren Sohn eine Pflegschaft anzuordnen werden müsse, und bat um Erläuterung der Grundlagen zu diesem Beschluss.

Nach der Erläuterung durch den Senat vom 21.12.2015 hat die weitere Beteiligte zu 1. mit Schreiben vom 29.12.2015 mitgeteilt, dass kein Grund zur Anfechtung der Vaterschaft bestehe und damit auch kein Interessengegensatz zwischen Eltern und Kind.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des angefochtenen Beschlusses sowie den Akteninhalt des hiesigen Verfahrens und des Verfahrens Z 4 F 999/15 Bezug genommen.

II. Bei dem Beschluss über die Anordnung einer Ergänzungspflegschaft handelt es sich um eine erstinstanzliche Endentscheidung in einer Familiensache (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 11.09.2012, Az.: 10 UF 56/12 - aus juris). Somit stellt das dagegen gerichtete Rechtsmittel der weiteren Beteiligten eine befristete Beschwerde nach § 58 FamFG dar.

Diese ist zulässig, zumal gemäß §§ 58, 59, 63, 10 FamFG form- und fristgemäß eingelegt worden, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das AG hat zu Recht eine Ergänzungspflegschaft angeordnet, denn wíe der rechtliche Vater - der weitere Beteiligte zu 3. - ist auch die mit ihm gemeinsam sorgeberechtigte Mutter - die weitere Beteiligte zu 1. - von der Vertretung ausgeschlossen (§ 1629 Abs. 2 S. 1 i.V.m. §§ 1795 Abs. 2, 181 BGB).

1. Nach § 1909 Abs. 1 S. 1 BGB erhält, wer unter elterlicher Sorge steht, für Angelegenheiten, an deren Besorgung die Eltern verhindert sind, einen Pfleger. Eine Verhinderung der Eltern oder eines allein sorgeberechtigten Elternteils liegt vor, wenn auch ein Vormund von der Vertretung ausgeschlossen wäre, insbesondere bei Interessenkollision (§§ 1629 Abs. 2 S. 1, 1795 Abs. 2, 181 BGB).

2. Die Kindesmutter ist im vorliegenden Fall gemeinsam mit dem die Vaterschaft anerkennenden Kindesvater Herrn K. sorgeberechtigt und daher - ebenso wie dieser selbst - daran gehindert, das Kind im Abstammungsverfahren allein zu vertreten.

a) Nach In-Kraft-Treten des FamFG und der damit verbundenen Herauslösung der statusrechtlichen Verfahren aus der ZPO war die Erforderlichkeit einer Pflegerbestellung für das Kind streitig geworden (im Einzelnen: OLG Oldenburg, Beschluss vom 27.11.2012, Az.: 13 UF 128/12, Rz. 5 - aus juris). Der Bundesgerichtshof hat den Streit mit Beschluss vom 21.03.2012 (Az.: XII ZB 510/10 - aus juris) dahingehend entschieden, dass - weil der Gesetzgeber den Änderungen im Verfahrensrecht keine Ausstrahlung auf die gesetzliche Vertretung zugedacht habe - der in §§ 1795 Abs. 2, 181 BGB zum Ausdruck gekommene Rechtsgedanke für den Ausschluss des rechtlichen Vaters von der Vertretungsbefugnis weiter anzuwenden sei. Der Vater könne nicht gesetzlicher Vertreter des Kindes sein, wenn das Verfahren auf Beseitigung des zwischen ihm und dem Kind bestehenden Statusverhältnisses gerichtet sei (BGH, a.a.O., Rz. 12). Auch die Kindesmutter sei entsprechend § 1795 Abs. 1 Nr. 3 BGB von der Vertretung ausgeschlossen, wenn sie - wie in dem der Entscheidung des Bundesgerichtshofs zugrundeliegenden Sachverhalt - mit dem Kindesvater verheiratet sei (BGH, a.a.O., Rz. 21).

b) Aus dieser Entscheidung ist aber nicht der Schluss zu ziehen, die K...

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