Leitsatz (amtlich)

Eine wegen eines Nutzungsverhältnisses nach dem VermG am ungeteilten Grundstück eigetragene Gesamtgrundschuld erlischt - nach grundbuchrechtlicher Teilung - mit Erwerb des selbstgenutzten Grundstücksteils.

 

Verfahrensgang

LG Chemnitz (Aktenzeichen 2 O 73/18)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Landgerichts Chemnitz vom 17.12.2018 (Az.: 2 O 73/18) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

"Der Beklagte wird verurteilt, seine Zustimmung zur Löschung des im Grundbuch des Amtsgerichts Chemnitz von N..., Blatt xxx in Abteilung II Nr. 1 für den Beklagten gemäß § 20 Vermögensgesetz eingetragenen Vorkaufsrecht in grundbuchmäßiger Form (§ 29 Abs. 1 S. 1 GBO) zu erteilen."

II. Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen und die durch die Nebenintervention verursachten Kosten trägt der Beklagte.

III. Dieses Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung zur Hauptsache in Höhe von 8.000,00 EUR sowie wegen der Kosten in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Beschluss:

Der Gegenstandswert des Berufungsverfahrens wird auf bis zu 6.965,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Wirksamkeit eines Vorkaufsrechts, das für den Kläger zugunsten des Grundstücks, das die Beklagten an die Nebenintervenienten verkauft haben, eingetragen ist. Die Eintragung erfolgte nach Teilung des Grundstückes, für das ein gemeinschaftliches Vorkaufsrecht zugunsten der ehemaligen Nutzer nach dem Vermögensgesetz eingetragen war. Der Kläger ist zwischenzeitlich Eigentümer des ursprünglich durch ihn genutzten Grundstücksteils. Die Nebenintervenientin zu 1. ist die Tochter des zwischenzeitlich verstorbenen Nutzers des streitbefangenen Grundstücks. Wegen des Tatbestands im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil verwiesen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht hat die - auf Zustimmung zur Löschung des streitgegenständlichen Vorkaufsrechts gerichtete - Klage mit Urteil vom 17.12.2018 (GA 41 ff.) abgewiesen. Es stützt sich im Wesentlichen darauf, dass das Vorkaufsrecht des Klägers nicht durch einen im Gesetz normierten Tatbestand erloschen sei. Insbesondere sei der Kläger durch den Eigentumserwerb an der in seinem Pachtverhältnis stehenden Fläche nicht als befriedigt anzusehen; es sei insoweit von einer Fortführung eines Miet- oder Nutzungsverhältnisses auszugehen.

Gegen dieses ihnen am 27.12.2018 zugestellte Urteil haben die Kläger mit am 22.01.2019 beim Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 13.03.2019 - mit an diesem Tag per Fax eingegangenem Schriftsatz unter Aufrechterhaltung ihrer erstinstanzlichen Anträge begründet. Sie sind im Wesentlichen der Auffassung, aufgrund fehlerhafter Interpretation des § 20 VermG habe das Landgericht zu Unrecht die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für den (Fort-)Bestand des Vorkaufsrechts des Klägers an dem streitgegenständlichen Grundstück als gegeben angesehen. Mangels Fortbestands eines Nutzungsverhältnisses sei das Vorkaufsrecht nach § 20 Abs. 7 S. 2 VermG erloschen. Dass der Kläger sein mittlerweile zum Eigentum erworbenes Grundstück 353/36 auch faktisch bis heute nutze, mache ihn nicht zum vorkaufsberechtigten Nutzer im Sinne des Vermögensgesetzes.

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Landgerichts Chemnitz vom 17.12.2018, Az.: 2 O 73/18, abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, seine Zustimmung zur Löschung des im Grundbuch des Amtsgerichts Chemnitz von N..., Blatt xxxx in Abteilung II Nr. 1 für den Beklagten gemäß § 20 Vermögensgesetz eingetragenen Vorkaufsrecht in grundbuchmäßiger Form (§ 29 Abs. 1 S. 1 GBO) zu erteilen.

Mit Schriftsatz vom 12.04.2019 (GA 82 ff.) haben die Streithelfer zu 1. und 2. den Streitbeitritt auf Seiten der Kläger erklärt und sich den Ausführungen der Kläger angeschlossen. Zudem weisen sie auf die Regelung in Artikel 19 Abs. 9 RegVBG hin; danach beschränke sich das Vorkaufsrecht auf die Teilfläche, auf die sich auch das Miet- oder Nutzungsverhältnis erstrecke, wenn der Eigentümer des Grundstücks dieses entsprechend teile. Auch scheitere das Vorkaufsrecht des Klägers an einem Vorkaufsrecht aus dem Schuldrechtsanpassungsgesetz (SchuldRAnpG). So sei der verstorbene Herr O... von dessen Ehefrau H... O... und dessen Tochter, der Streitverkündeten zu 1., beerbt worden. Diese hätten bis heute ununterbrochen den Nutzungsvertrag fortgesetzt. Der vor dem 03.10.1990 massiv gebaute Gartenbungalow stehe aufgrund der Erbfolge Frau O... sowie der Streitverkündeten zu 1. zu. Damit stehe beiden ein Vorkaufsrecht nach § 57 SchuldRAnpG zu. Frau O... habe dieses Vorkaufsrecht mit Schriftsatz vom 23.01.2017 (Anlage S 7) auch ausgeübt. Insoweit gehe das nach § 57 SchuldRAnpG bestehende Vorkaufsrecht der tatsächlichen Nutzerin de...

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