Entscheidungsstichwort (Thema)

Auswahl des Betreuers. Betreuungssache

 

Leitsatz (amtlich)

Bei der Entscheidung über die Verlängerung der Betreuung sind hinsichtlich der Auswahl der Person des Betreuers die Vorschriften über die Neubestellung (§ 1897 BGB) und nicht die über die Entlassung (§ 1908 b BGB) anzuwenden.

 

Normenkette

BGB §§ 1897, 1908b

 

Verfahrensgang

LG Essen (Zwischenurteil vom 16.02.2000; Aktenzeichen 7 T 567/99)

AG Essen (Zwischenurteil vom 22.09.1999; Aktenzeichen 77 XVII K 385)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde gegen die Verlängerung des Einwilligungsvorbehalts wird zurückgewiesen.

Wegen der Auswahlentscheidung über die Person des Betreuers wird der angefochtene Beschluss aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

Der Gegenstandswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 5.000,00 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Beteiligte leidet aufgrund eines frühkindlichen Hirnschadens an einer Oligophrenie leichten Grades. Sie ist deswegen zu 80% als Schwerbehinderte anerkannt. Nach dem Besuch der Sonderschule war sie bis zum 31.12.1996 in einem Altenheim der A … beschäftigt, zunächst als Küchenhilfe und zuletzt als Reinigungskraft. Seit dem 01.01.1997 ist sie ohne Arbeit. Aufgrund einer Erbschaft nach ihrem 1990 verstorbenen Vater verfügt sie über ein Vermögen im Wert von über 200.000,00 DM, das in Sparguthaben und Wertpapieren angelegt ist.

Durch Beschluss vom 11.10.1993 hatte das Amtsgericht erstmals für sie den Beteiligten zu 2) zum Betreuer bestellt mit dem Aufgabenkreis der Vermögensverwaltung einschließlich der steuerrechtlichen Angelegenheiten. Gleichzeitig ordnete es einen Einwilligungsvorbehalt an und bestimmte als Überprüfungstermin der angeordneten Maßnahmen den 10.10.1998. Die nach Erlass der Entscheidung wiederholt gestellten Anträge der Beteiligten zu 1) auf Aufhebung der Betreuung und Entlassung des Beteiligten zu 2) aus seinem Amt wies das Amtsgericht mit Beschlüssen vom 05.04.1995 und 09.09.1997 zurück.

Nach Erholung eines Gutachtens der Fachärztin für Psychiatrie und Diplompsychologin … zur Verlängerung der Betreuung hörte das Amtsgericht die Beteiligte zu 1) am 10.05.1999 an. Dabei schlug die Beteiligte zu 1) Herrn … der Mitglied im A … Betreuungsverein in Essen ist, zum Betreuer vor. Nachdem das Amtsgericht vergeblich Herrn J … um eine schriftliche Einverständniserklärung in die Übernahme der Betreuung gebeten hatte, bestellte es den Beteiligten zu 2) mit Beschluss vom 22.09.1999 erneut zum Betreuer und verlängerte den Einwilligungsvorbehalt.

Gegen diese Entscheidung legte die Beteiligte zu 1) Beschwerde bzw. sofortige Beschwerde ein, mit der sie vorschlug, Herrn K … von dem … in Bochum, hilfsweise Frau … B … aus Essen als Betreuer bzw. Betreuerin zu bestellen. Mit Beschluss vom 16.02.2000 wies das Landgericht die Beschwerde und sofortige Beschwerde zurück.

Gegen diese ihren Verfahrensbevollmächtigten am 17.03.2000 zugestellte Entscheidung richtet sich das am 28.03.2000 per Telefax übermittelte Rechtsmittel der Beteiligten zu 1).

II.

Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen die Verlängerung der Betreuung und die fristgerecht eingelegte sofortige weitere Beschwerde gegen die Verlängerung des Einwilligungsvorbehalts sind nach §§ 27, 29 FGG statthaft. Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 1) folgt bereits daraus, dass ihre erste Beschwerde ohne Erfolg geblieben ist.

1)

Soweit das Landgericht die Entscheidung des Amtsgerichts über die Verlängerung der Betreuung bestätigt hat, ist dies nicht Gegenstand der weiteren Beschwerde. Diesen Teil der Entscheidung nimmt die Rechtsbeschwerde hin. Die Beteiligte zu 1) akzeptiert es nämlich ausdrücklich, dass ihr ein Betreuer zur Seite gestellt wird. Mit ihrer weiteren Beschwerde gegen die Betreuerbestellung verfolgt sie lediglich das Ziel, eine andere Person an Stelle der ausgewählten zum Betreuer zu bestellen. Insoweit handelt es sich um eine zulässige Teilanfechtung der die Bestellung und Auswahl umfassenden Einheitsentscheidung (BGH FGPrax 1996, 107 = NJW 1996, 1895 = FamRZ 1996, 607).

Die Entscheidung des Landgerichts über die Auswahl des Betreuers hält der im Rechtsbeschwerdeverfahren allein zulässigen rechtlichen Überprüfung nicht stand, §§ 27 Abs. 1 FGG, 561 Abs. 1 ZPO.

Gegenstand des mit der Erstbeschwerde angefochtenen Beschlusses des Amtsgerichts vom 22.09.1999 ist die Verlängerung der Bestellung eines Betreuers unter Fortbestand des bisherigen Aufgabenkreises. Hierüber hatte das Amtsgericht aufgrund der Befristung in dem Beschluss vom 11.10.1993, in dem erstmals für die Beteiligte zu 1) ein Betreuer bestellt worden ist, zu entscheiden. Da die Betreuerbestellung nach dem Betreuungsgesetz eine Einheitsentscheidung ist, die die Auswahlentscheidung des Betreuers einschließt, ist die bisherige Betreuerbestellung vom 11.10.1993 mit Wirksamwerden der Entscheidung vom 22.09.1999 insgesamt abgelöst worden. Dies hat das Landgericht übersehen. Es hat nämlich bei seiner Entscheidung übe...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Professional enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge