Leitsatz (amtlich)

Eintragung einer Rangänderung im Grundbuch, die auf der Bewilligung der Strafvollstreckungsbehörde zugunsten vorrangiger Befriedigung von Verletzten beruht.

 

Normenkette

BGB § 880; GBO §§ 13, 19, 29; StPO § 111h Abs. 1-2

 

Verfahrensgang

AG Memmingen - Grundbuchamt (Aktenzeichen BA-4544-43)

 

Tenor

I. Die Beschwerde der Beteiligten gegen die am 17.3.2011 vom Grundbuchamt Memmingen in der Dritten Abteilung des Grundbuchs von Babenhausen Bl. 4544 eingetragene Rangänderung von Grundpfandrechten wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 10.000 EUR.

 

Gründe

I. Die Beteiligte ist Eigentümerin eines Grundstücks. Im Grundbuch befindet sich seit 29.9.2009 ein Zwangsversteigerungsvermerk. In der Dritten Abteilung sind mehrere Zwangshypotheken zugunsten verschiedener Gläubiger eingetragen. Am 17.3.2011 trug das Grundbuchamt eine Rangänderung ein, wonach die erstrangige Sicherungshypothek zum Höchstbetrag von 10.000 EUR zugunsten des Freistaats Bayern Rang nach den Sicherungshypotheken der laufenden Nrn. 2 bis 6 hat. Vorgelegt wurde insoweit die Rangänderungserklärung und Bewilligung der Staatsanwaltschaft vom 19.1.2011 gem. § 111h Abs. 1 StPO, § 880 BGB, § 19 GBO sowie der Beschluss des LG in dem Strafverfahren gegen die Beteiligte vom 15.2.2011, wodurch die von der Staatsanwaltschaft erklärte Rangänderung zugelassen wurde.

Mit Schriftsatz vom 25.3.2011 hat die Beteiligte gegen die vorgenommene Eintragung Beschwerde eingelegt und zugleich begehrt, gegen den Rangrücktritt einen Widerspruch zu ihren Gunsten einzutragen bzw. Grundbuchberichtigung von Amts wegen vorzunehmen. Das Grundbuchamt hat mit Verfügung vom 20.4.2011 nicht abgeholfen. Auch gegen diese Entscheidung wendet sich die anwaltlich vertretene Beteiligte mit ihrer insoweit ausdrücklich eingelegten Beschwerde vom 4.5.2011.

Die Beteiligte bemängelt, dass der Rangrücktritt unzulässig zustande gekommen sei. Der Freistaat sei auch gar nicht mehr befugt, zurückzutreten, weil die der Sicherungshypothek zugrunde liegende Forderung nicht mehr bestehe. Im Übrigen sei gegen den Beschluss des LG Rechtsmittel eingelegt worden.

Die Beschwerde gegen die Eintragung der Rangänderung als solche ist unzulässig (vgl. § 71 Abs. 2 Satz 1 GBO). Soweit mit ihr verlangt wird, das Grundbuchamt anzuweisen, nach § 53 GBO einen Widerspruch einzutragen oder eine Löschung vorzunehmen, ist die Beschwerde statthaft (§ 71 Abs. 2 Satz 2 GBO). Ob die Beteiligte als Eigentümerin des Grundstücks beschwerdeberechtigt ist, wenn die Rangänderung zugunsten von Zwangshypotheken erfolgt, kann dahinstehen, weil das Rechtsmittel jedenfalls unbegründet ist.

Das Rangverhältnis unter mehreren Rechten, mit denen ein Grundstück belastet ist, kann nachträglich geändert werden (vgl. § 880 Abs. 1 BGB). Zu der Rangänderung ist materiell-rechtlich grundsätzlich die Einigung des zurücktretenden mit dem vortretenden Berechtigten und die Eintragung der Änderung in das Grundbuch erforderlich (§ 880 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 BGB). Sodann schreibt § 880 Abs. 2 Satz 2 BGB grundsätzlich vor, dass beim Zurücktreten einer Hypothek außerdem die Zustimmung des Eigentümers erforderlich ist. Das Zustimmungserfordernis besteht jedoch überwiegender Ansicht zufolge nicht, wenn für eine Zwangshypothek der Vorrang eingeräumt werden soll (KG JFG 12, 304; s. auch BGHZ 12, 238/244; Palandt/Bassenge, BGB, 70. Aufl., § 880 Rz. 4). Überdies bestimmt die in diesem Fall vorrangige Regelung des § 111h Abs. 1 Satz 3 StPO ausdrücklich, dass die Zustimmung des Eigentümers zur Rangänderung nicht erforderlich ist (vgl. zu allem Huber, Rpfleger 2002, 285/292 f.). Grundbuchrechtlich bedarf es für die Eintragung deshalb neben eines Antrags (§ 13 Abs. 1 Satz 2 GBO), wozu der gewinnende Teil - der nachrangig eingetragene Gläubiger - berechtigt ist, (nur) der Bewilligung zum Rangrücktritt durch den Betroffenen (§ 19 Abs. 1 GBO). Dies ist die im Grundbuch als vorrangiger Gläubiger ausgewiesene Person. § 891 BGB gilt auch für das Grundbuchamt, so dass es nicht darauf ankommt, ob dem Zurücktretenden das materielle Recht auch (noch) zusteht. (Hügel/Holzer, GBO, 2. Aufl., § 19 Rz. 61 m.w.N.).

Das Grundbuchamt hat auf der Grundlage des Antrags der vortretenden Hypothekengläubiger und der zugleich vorgelegten Bewilligung (§ 19 Abs. 1, § 29 Abs. 1 und Abs. 3 GBO) der zuständigen Vollstreckungsbehörde die Eintragung vorgenommen. Ob für die Eintragung der Rangänderung auch die Vorlage der Ausfertigung eines rechtskräftigen Zulassungsbeschlusses nach § 111h Abs. 2 Satz 1 StPO erforderlich ist, könnte zweifelhaft sein. Die gesetzliche Fassung lässt die Auslegung zu, die gerichtliche Zulassungsentscheidung ausschließlich als dem materiellen Recht zugehörig einzuordnen. Das hätte zur Folge, dass das Grundbuchamt sich bei der Eintragung mit der materiellen Seite des Geschäfts, nämlich der Wirksamkeit der Einigung des zurücktretenden mit dem vortretenden Berechtigten (vgl. § 880 Abs. 2 Satz 1 BGB), nicht zu befassen hat. Dann ist es ...

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