Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum Verjährungsbeginn einer Bürgschaftsforderung bei Wiederaufleben der Hauptforderung nach Insolvenzanfechtung der Tilgung

 

Normenkette

BGB § 199 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 195; InsO § 144 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 19.06.2008; Aktenzeichen 28 O 1359/06)

 

Gründe

... Die gem. §§ 511 ff. ZPO zulässige Berufung erweist sich in der Sache als nicht begründet. Das LG hat im Ergebnis zu Recht den Beklagten für verpflichtet gehalten, den Bürgschaftsbetrag von 87.000 EUR aus der eingegangenen Bürgschaftsverpflichtung vom 9.7.2002 zu bezahlen. Die hiergegen gerichteten Einwendungen greifen zumindest im Ergebnis nicht durch.

1. Ohne Rechtsfehler hat das LG seiner Entscheidung zugrunde gelegt, dass der Beklagte aufgrund der im Vorprozess erfolgten wirksamen Streitverkündung mit seiner Behauptung, der Rechtsstreit des LG München I - 28 O 1359/06 sei nicht richtig entschieden worden, wegen der Streitverkündungswirkung der §§ 74, 68 ZPO nicht gehört werden könne. Die hiergegen gerichteten Berufungsangriffe des Beklagten bleiben ohne Erfolg. (Wird ausgeführt.)

Das LG hat damit zu Recht festgestellt, die Wirksamkeit der Insolvenzanfechtung sowie die sich daraus ergebende Zahlungsverpflichtung der Klägerin stehe aufgrund der rechtskräftigen Entscheidung im Verfahren 28 O 1359/06 fest. Dass die jetzige Klägerin und damalige Beklagte den Vorprozess mangelhaft i.S.v. § 68 ZPO geführt habe, behauptet der Beklagte selbst nicht.

3. Im Ergebnis zu Recht hat das LG schließlich festgestellt, dass der Bürgschaftsforderung nicht die Verjährungseinrede des Beklagten entgegenstehe.

Der Senat teilt zwar nicht die Auffassung des LG, wonach die Verjährung in entsprechender Anwendung des § 205 BGB gehemmt gewesen sei. Nach der Neuregelung des Verjährungsrechts durch das Gesetz über die Modernisierung des Schuldrechts ist der Hemmungstatbestand des § 205 BGB gegenüber demjenigen des § 202 Abs. 1 BGB a.F. stark eingeschränkt und betrifft nur noch Fälle, in denen der Schuldner aufgrund einer Vereinbarung mit dem Gläubiger vorübergehend zur Leistungsverweigerung berechtigt ist. Andere rechtliche Hindernisse, die der Geltendmachung des Anspruchs vorübergehend entgegenstehen, begründen, anders als nach früherem Recht, grundsätzlich keine Hemmung, vgl. hierzu Palandt/Heinrichs, BGB, 68. Aufl., § 205 Rz. 3; Grothe in MünchKomm/BGB, 5. Aufl., § 205 Rz. 1 ff., jew. m.w.N.; Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen, BT-Drucks. 14/6040, 118. Eine entsprechende Anwendung des § 205 BGB kommt danach allenfalls in Betracht, wenn das Hindernis in seiner Wirkung einem vereinbarten Leistungsverweigerungsrecht gleichkommt, vgl. hierzu Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 205 Rz. 3, a.M. Münch/Komm/Grothe, a.a.O., § 205 Rz. 2. Zu Unrecht beruft sich das LG insoweit auf die Kommentierung von Kirchhof im Münchener Kommentar zur InsO, 2. Aufl., § 144 Rz. 8, da darin lediglich eine Hemmung gem. §§ 206, 209 BGB für möglich erachtet wird.

Letztlich kann jedoch dahinstehen, ob der Anwendungsbereich der §§ 205, 206 BGB vorliegend eröffnet ist. Die Bürgschaftsforderung der Klägerin war, wie das LG zutreffend festgestellt hat, durch die Zahlung des Beklagten mit Eingang der Valuta bei der Klägerin am 8.7.2003 zunächst erloschen, da in Höhe des Zahlungsbetrages von 87.000 EUR die Hauptforderung durch Erfüllung gem. § 362 Abs. 1 BGB erloschen war, was auch zum Erlöschen der akzessorischen Bürgschaftsverpflichtung führte.

Zutreffend hat das LG weiterhin festgestellt, die zunächst getilgte Forderung sei mit der Rückgewähr der Zahlung an den Insolvenzverwalter gem. § 144 InsO wieder aufgelebt. Das Wiederaufleben erfolgte dabei mit Rückwirkung auf die Zeit unmittelbar vor der Insolvenzeröffnung, vgl. hierzu Münch/Komm/Kirchhof, a.a.O., § 144 Rz. 8.

Für den Verjährungsbeginn gem. § 199 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB war diese Rückwirkung jedoch ohne Bedeutung. Ein Anspruch ist im Sinne der vorgenannten Vorschrift entstanden, sobald er im Wege der Klage geltend gemacht werden kann, wobei grundsätzlich Fälligkeit des Anspruchs als Voraussetzung gilt, vgl. hierzu Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 199 Rz. 3; Münch/Komm/Grothe, a.a.O., § 199 Rz. 4 f., jew. m.w.N. Grundsätzlich entsteht dabei auch ein Bürgschaftsanspruch bereits mit dem Entstehen der Hauptforderung, vgl. hierzu BGH, Urt. v. 29.1.2008 - XI ZR 160/07 (ZIP 2008, 733 = NJW 2008, 1729, 1731, dazu EWiR 2008, 487 (Podewils)). Das rückwirkende Wiederaufleben von Hauptforderung und Bürgschaftsanspruch kann jedoch nicht zur Folge haben, dass auch der Entstehungszeitpunkt i.S.v. § 199 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Entstehung der Ansprüche zurückzuverlegen ist. So ist allgemein anerkannt, dass eine Genehmigung entgegen § 184 Abs. 1 BGB den Anspruch nicht mit der Folge ex tunc zur Entstehung bringt, dass auch die Verjährung bereits zu dem früheren Zeitpunkt begonnen hat. Das Gleiche gilt trotz der Vorschrift des § 142 Abs. 1 BGB für den Rückforderungsanspruch des Anfechtungsgegners sowie für ...

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