Leitsatz (amtlich)

1. Werden Teile eines Messezeltes mit den Abmessungen 50 m × 20 m und einer Firsthöhe von 6 m durch eine Sturmböe der Stärke 11 erfasst und gegen ein benachbartes Gebäude geweht, so haftet der Zeltbesitzes als Gebäudebesitzer gem. §§ 836, 837 BGB dem Eigentümer des beschädigten Nachbargebäudes.

2. Ein Land kann als Schadensersatz nicht den Besoldungsschaden, d.h. die für die zeit der Räumung eines Finanzamtsgebäudes geleisteten anteiligen Aufwendungen für Gehälter der Bediensteten geltend machen.

 

Normenkette

BGB §§ 249, 836-837

 

Verfahrensgang

LG Rostock (Urteil vom 14.06.2002; Aktenzeichen 3 O 53/99)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des klagenden Landes wird das Urteil des Landgerichts Rostock vom 14.06.2002 – unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen – teilweise geändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an das klagende Land 16.458,25 EUR nebst 5,25% Zinsen p.a. seit dem 16.09.1998 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Der Gegenstandswert des Berufungsverfahrens beträgt 18.799,10 EUR.

 

Tatbestand

I.

Das klagende Land macht gegen die Beklagte Schadensersatz gemäß den §§ 836, 837, 831, 823 Abs. 1 BGB geltend. Die Beklagte baute im September 1997 in Rostock-Schutow neben dem Finanzamtsgebäude des Landes ein 50 m langes, 20 m breites und fast 7 m hohes Messezelt auf. Vor und am 09.09.1997 kündigten Wettervorhersagen für die Küstennähe Sturm mit Böen Stärke 10 bis 11 an. Am 09.09.1997 begannen Mitarbeiter der Beklagten mit dem Abbau des Zeltes und entfernten zunächst Seitenteile und Teile des Daches. Das Zeltgerüst und das restliche Dach wurden von einer Sturmböe der Stärke 11 erfasst und auf und gegen das auf dem Nachbargrundstück befindliche Gebäude Finanzamt Rostock I des Landes sowie gegen Fahrzeuge dort tätiger Beamter geweht. Die Feuerwehr ordnete die Räumung des Gebäudes an.

Das klagende Land forderte die Haftpflichtversicherung der Beklagten und abschriftlich diese selbst mit Schreiben vom 02.09.1998 unter Fristsetzung zum 15.09.1998 erfolglos zur Schadensersatzleistung auf.

Die Klägerin hat vorgetragen, die Beklagte habe nicht mit dem Zeltabbau beginnen dürfen, daher fahrlässig gehandelt und sei zur Schadensersatzleistung, d.h. Ersatz der Kosten für die Notreparatur des Daches von 29.799,95 DM, der Reparatur des Schornsteins i. H. v. 1.892,67 DM, der Überwachungskosten von 275,31 DM, der den Beamten erstatteten Selbstbeteiligung von jeweils 300,00 DM und des Besoldungsschadens von 2.722,53 DM, insgesamt zur Zahlung von 36.767,84 DM verpflichtet.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt, ihr Verschulden in Abrede gestellt, die Schadenshöhe bestritten und eingewandt, bei den Reparaturkosten sei ein Abzug neu für alt geboten.

Bezüglich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das Landgericht hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens die Klage abgewiesen mit der Begründung, es sei weder eine Haftung nach den §§ 836, 837 BGB gegeben, da Schädigungen durch Abbruchmaßnahmen nicht von diesen Vorschriften erfasst seien, noch eine Haftung aus §§ 831, 823 Abs. 1 BGB, da das Land für die fahrlässige Herbeiführung der Zeltverwehung und der Beschädigung des Gebäudes beweisfällig geblieben sei. Der Sachverständige habe festgestellt, dass es höchstwahrscheinlich auch dann zur Verwehung gekommen wäre, wenn nicht mit dem Abbau begonnen worden wäre.

Gegen dieses Urteil richtet sich das Rechtsmittel des klagenden Landes.

Zur Begründung trägt es vor:

Ihm stehe ein Anspruch aus den §§ 836, 837 BGB zu. Es gehe hier nicht um typische Schädigungen, die durch Abbruchmaßnahmen entstanden seien. Der Ausschluss der Haftung sei nach der Rechtsprechung nur dann gegeben, wenn ein Schaden direkt durch die Abbruchmaßnahmen eingetreten sei. Im vorliegenden Falle seien jedoch zum Zeitpunkt des Schadenseintritts Abbaumaßnahmen gerade nicht vorgenommen worden. Insoweit sei für die Haftung des Gebäudebesitzers nicht maßgeblich, dass die Mitarbeiter der Beklagten schon mit den Abbaumaßnahmen begonnen hätten, vielmehr sei hier von dem Zelt der Beklagten die Gefahr für das Eigentum des klagenden Landes ausgegangen. Schon in der Klage sei darauf hingewiesen worden, dass das Ablösen von Teilen des Zeltes auf die mangelhafte Unterhaltung zurückzuführen sei. Daher ergebe sich bereits aus der Ablösung von Teilen des Zeltes bei dem Sturm und der daraus folgenden Beschädigung des Eigentums eines Dritten, dass hier die Haftung des Gebäudebesitzers eintrete. Deswegen hätte die Beklagte beweisen müssen, dass für sie die Beschädigung des Gebäudes des Landes unvermeidbar gewesen sei. Ein derartiger Nachweis sei der Beklagten nicht gelungen. Im Ergebnis sei es für den Anspruch aus § 836 BGB unerheblich, dass bereits mit dem Abbau begonnen worden sei. Vielmehr sei maßgeblich, dass hier ein Zelt der Beklagten weiterhin aufgebaut gewesen sei, welches sodann die streit...

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