Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung für durch Orkan abgelöstes Verkehrsschild
Verfahrensgang
LG Mainz (Urteil vom 19.11.2002; Aktenzeichen 4 O 243/02) |
Tenor
Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil der 4. Zivilkammer des LG Mainz vom 19.11.2002 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um den Schadensersatzanspruch der Klägerin als Eigentümerin des Kraftfahrzeuges Volvo V 40, das bei der Fahrt eines Fahrzeugmieters auf der Bundesautobahn A 61 in Höhe der Überquerung des Flüßchens Pfrimm in der Pfalz am 26.12.1999 gegen 13.30 Uhr bei Windböen des Orkans "Lothar" durch ein von seiner Befestigung an der Mittelleitplanke abgelöstes und umherfliegendes Hinweisschild am Kühler getroffen und beschädigt wurde. Die Klägerin hat angenommen, es spreche eine Vermutung dafür, dass das Verkehrsschild nicht ordnungsgemäß verschraubt gewesen sei. Da auch mit Stürmen zu rechnen sei, ändere sich durch die Ablösung des Schildes in einem Sturm - nach Wetterberichten mit Windgeschwindigkeiten von 120 bis 130 km/h - nichts am Anscheinsbeweis für eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht des beklagten Landes als Ursache des Schadenseintritts. Stürme seien in den letzten Jahren regelmäßig aufgetreten. Zudem sei an der fraglichen Stelle nur das eine Hinweisschild vom Wind gelöst worden.
Schließlich habe eine erhöhte Überwachungspflicht des beklagten Landes bestanden, weil das Schild in einer windoffenen Lage angebracht gewesen und daher besonderen Windeinflüssen ausgesetzt gewesen sei. Eine Sichtkontrolle sei zur Erfüllung der Überwachungspflicht nicht ausreichend gewesen.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.944,98 Euro nebst Zinsen zu zahlen.
Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Es hat ausgeführt, eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht sei nicht festzustellen. Die Verkehrseinrichtungen seien zuletzt am 22.12.1999 im Rahmen einer Sichtkontrolle überprüft worden. Dabei habe sich kein Grund zu der Annahme ergeben, die Befestigung des Hinweisschildes sei schadhaft oder habe sich gelockert. Einer weiteren Überprüfung habe es nicht bedurft. Diese sei auch nicht zumutbar. Am Unfalltag seien ungewöhnlich starke Orkanböen aufgetreten, denen auch ein ordnungsgemäß angebrachtes Verkehrsschild nicht hätte widerstehen müssen.
Das LG hat nach einem Parteiwechsel, bei dem die zunächst verklagte Bundesrepublik Deutschland aus dem Prozess ausgeschieden und das nunmehr beklagte Land in das Verfahren eingetreten ist, der Klage durch Urteil vom 19.11.2002 im Wesentlichen stattgegeben und der Klägerin einen Schadensersatzbetrag von 1.733,70 Euro nebst Zinsen zugesprochen. Das LG hat ausgeführt, der Klägerin stehe gem. § 836 BGB ein Schadensersatzanspruch zu. Diese Haftung beruhe auf einem gesetzlich vermuteten Verschulden des Besitzers eines Bauwerks für die Ablösung von Teilen und auf einem durch die Lebenserfahrung vermuteten Ursachenzusammenhang zwischen diesem Verschulden und dem Schaden. Mangelhaft unterhalten sei ein Werk bereits dann, wenn es nicht alle Anforderungen dafür erfülle, dass es Rechtsgüter anderer nicht gefährde. Auch Stürme, mit deren Auftreten erfahrungsgemäß zu rechnen sei, änderten nichts am Eingreifen des Beweises des ersten Anscheins. Dies könne das Gericht aus eigener Sachkunde und auf Grund allgemein zugänglicher Nachrichten beurteilen. Daher hätte das beklagte Land zu seiner Entlastung nachweisen müssen, dass es alle Maßnahmen getroffen habe, die aus technischer Sicht geboten und geeignet gewesen seien, der Gefahr einer Ablösung von Teilen zu begegnen. Daran fehle es.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des beklagten Landes. Es bezweifelt das Eigentum der Klägerin an dem Unfallfahrzeug. Im Schadensgutachten eines niederländischen Sachverständigen vom 5.1.2000 sei als "Eigenaar" der Zeuge K. benannt worden. Insoweit sei die Sachbefugnis der Klägerin nicht ausreichend dargelegt worden. Bestritten werde auch, dass die Ablösung des Hinweisschildes den geltend gemachten Schaden verursacht habe. Denn das Vorbringen der Klägerin sei insoweit widersprüchlich, als sie die fehlende Fahrbereitschaft des Fahrzeugs nach dem Unfall vorgetragen habe, aber ihr Wagen vor dessen Begutachtung in die Niederlande überführt worden sei. Das LG habe vor allem die Bedeutung von § 836 BGB verkannt. Ein Anscheinsbeweis greife nicht zu Gunsten der Klägerin ein. Der Orkan "Lothar" habe weit überdurchschnittliche Windgeschwindigkeiten verursacht. Stürme der vorangegangenen Jahre hätten Windgeschwindigkeiten von knapp über 30 m/s aufgewiesen, der Orkan "Wiebke" des Jahres 1990 etwa solche zwischen 30,4 und 31,1 m/s. Der Orkan "Lothar" hingegen habe in der Pfalz deutlich höhere Windgeschwindigkeiten verursacht, so im Weingebiet bei Neustadt/Weinstraße mit Windgeschwindigkeiten bis z...