Leitsatz (amtlich)

Trotz der Beweislastregelung des § 1375 Abs. 2 S. 2 BGB hat der Auskunftsanspruch gemäß §§ 242, 1379 BGB im Hinblick auf illoyale Vermögensverminderungen Bedeutung für den Zeitraum vor der Trennung. Für denjenigen Ehegatten, der keinen Ausgleichsanspruch geltend machen will, entsteht der Anlass für die Geltendmachung dieses Auskunftsanspruches erst mit Kenntnis der gerichtlichen Verfolgung eines gegnerischen Ausgleichsanspruchs. Die Verjährungsfrist dieses Anspruches beginnt für einen solchen Ehegatten frühestens mit Zustellung des Zugewinnausgleichsantrages des anderen Ehegatten, auch wenn ein eigener Ausgleichsanspruch bereits verjährt ist.

 

Normenkette

BGB §§ 1379, 195, 242

 

Verfahrensgang

AG Kirchheim/Teck (Beschluss vom 12.07.2016; Aktenzeichen 2 F 577/15)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 31.01.2018; Aktenzeichen XII ZB 175/17)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Kirchheim vom 09.03.2016, berichtigt durch Beschluss vom 12.07.2016 - 2 F 577/15 - unter Aufrechterhaltung im Übrigen in Ziffer 1 dahingehend abgeändert, dass die Antragstellerin verpflichtet wird, dem Antragsgegner unter Angabe aller wertbildenden Faktoren und von Wertangaben bezüglich aller Vermögensgegenstände und -werte, Guthaben, Forderungen und Schulden Auskunft durch Vorlage eines vollständigen und geordneten Bestandsverzeichnisses bezogen auf die jeweiligen Einsatztage zu erteilen und zwar

a. über den Bestand ihres Anfangsvermögens zum Zeitpunkt der Eheschließung am 12.08.1988,

b. über den Bestand ihres Endvermögens zum Stichtag der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages am 20.07.2011,

c. über unentgeltliche Zuwendungen, die sie in den letzten 10 Jahren vor dem Stichtag Endvermögen gemacht hat, somit seit dem 21.07.2001,

d. über Vermögen, das sie in den letzten 10 Jahren vor dem Stichtag Endvermögen verschwendet hat, somit seit dem 21.07.2001,

e. über Handlungen, die sie in den letzten 10 Jahren vor dem Stichtag Endvermögen (seit dem 21.07.2001) in der Absicht vorgenommen hat, den Antragsteller zu benachteiligen,

f. über das Vermögen, das sie nach Eintritt des Güterstandes (12.08.1988) von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht, durch Schenkung oder als Ausstattung erworben hat unter Angabe des Zeitpunktes der Zuwendung.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde des Antragsgegners zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

5. Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens: 700,00 EUR

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten um Zugewinnausgleich. Sie haben am 12.08.1988 geheiratet, der Scheidungsantrag wurde am 10.07.2011 zugestellt. Sie sind seit dem 10.10.2012 rechtskräftig geschieden. Ein während des Scheidungsverfahrens geführter Schriftwechsel der bevollmächtigten Anwälte über den Zugewinnausgleich wurde nach Rechtskraft der Scheidung nicht fortgeführt.

Durch Anwaltsschriftsatz vom 29.12.2015, beim zuständigen Familiengericht eingegangen am 29.12.2015 und dem Antragsgegner am 13.01.2016 zugestellt, nimmt die Antragstellerin den Antragsgegner im Wege eines Stufenantrags auf Zugewinnausgleich in Anspruch. Durch Schriftsatz vom 03.02.2016 hat der Antragsgegner einen Widerantrag auf Auskunft über den Bestand des Anfangsvermögens, des Endvermögens und über illoyale Vermögensverfügungen eingereicht. Die Antragstellerin wendet Verjährung des geltend gemachten Anspruchs ein.

Durch Beschluss (zutreffend Teilbeschluss) vom 09.03.2016 hat das Familiengericht dem Auskunftsantrag der Antragstellerin stattgegeben und die Kostenentscheidung der Endentscheidung vorbehalten. In den Gründen führt das Familiengericht aus, dass der Auskunftsantrag des Antragsgegners wegen Verjährung unbegründet sei. Durch Beschluss vom 12.07.2016 hat das Familiengericht den Tenor seiner Entscheidung vom 09.03.2016 dahingehend berichtigt, dass der Widerantrag des Antragsgegners abgewiesen wird.

Mit der Beschwerde verfolgt der Antragsgegner seinen Auskunftsanspruch wie folgt weiter:

1. Die Antragstellerin wird verpflichtet, dem Antragsgegner unter Angabe aller wertbildenden Faktoren und von Wertangaben bezüglich aller Vermögensgegenstände und -werte, Guthaben, Forderungen und Schulden Auskunft durch Vorlage eines vollständigen und geordneten Bestandsverzeichnisses bezogen auf die jeweiligen Einsatztage zu erteilen und zwar

a. über den Bestand ihres Anfangsvermögens zum Zeitpunkt der Eheschließung am 12.08.1988,

b. über den Bestand ihres Endvermögens zum Stichtag der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages am 20.07.2011,

c. über unentgeltliche Zuwendungen, die sie nach Eintritt des Güterstandes (12.08.1988) gemacht hat,

d. über Vermögen, das sie nach Eintritt des Güterstandes (12.08.1988) verschwendet hat,

e. über Handlungen, die sie nach Eintritt des Güterstandes (12.08.1988) in der Absicht vorgenommen hat, den Antragsteller zu benachteiligen,

f. über das Vermögen, das sie nach Eintritt des Güterstandes (12.08.1988) von Todes wegen oder...

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