Normenkette

BGB § 833 S. 2

 

Verfahrensgang

LG Itzehoe (Urteil vom 16.01.2008; Aktenzeichen 2 O 40/07)

 

Nachgehend

Schleswig-Holsteinisches OLG (Urteil vom 20.04.2011; Aktenzeichen 7 U 13/08, 7 U 25/09)

BGH (Urteil vom 30.06.2009; Aktenzeichen VI ZR 266/08)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 16.1.2008 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des LG Itzehoe wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Kostenbetrags abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Kostenbetrags leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt Schadensersatz für die Beschädigung seines Fahrzeugs durch ein Rind des Beklagten. Die Ehefrau des Klägers fuhr mit dem Fahrzeug nachts auf einer Kreisstraße, als sie plötzlich im Lichtkegel das Rind des Beklagten auf der Fahrbahn auf sich zulaufen sah, es kam zur Kollision. Das Rind war aus einer Hausweide ausgebrochen.

Das LG hat die Klage abgewiesen, weil der Beklagte sich nach § 833 Satz 2 BGB entlastet habe. Die Berufung des Klägers blieb erfolglos. Der Senat ließ es dahingestellt bleiben, ob die Weide ordnungsgemäß durch Pfähle und Elektrodrähte gegen ein Entweichen des Rinds gesichert war, weil der gerichtliche Sachverständige festgestellt hatte, dass auch ordnungsgemäße Pfähle und Drähte einen Ausbruch des Rinds, das durch irgendein Ereignis in Panik geraten sein musste, nicht verhindert hätten; eine absolute Hütesicherheit gibt es nicht.

Der Senat hält die Haftungsprivilegierung des § 833 Satz 2 BGB für verfassungsmäßig; mag sie auch nicht mehr zeitgemäß sein, verstößt sei jedoch nicht gegen Art. 14, 2 und 3 des Grundgesetzes.

 

Entscheidungsgründe

Es wird auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Die Parteien streiten um Schadensersatz für die Beschädigung des Fahrzeugs des Klägers durch ein Rind des Beklagten sowie um die Verfassungsmäßigkeit des Haftungsprivilegs des § 833 Satz 2 BGB für Nutztierhalter.

Der Beklagte ist Landwirt und betreibt Rindviehhaltung. Am 30.10.2006 brachen fünf Jungrinder aus der Koppel hinter dem Haus aus. Als der Beklagte dieses bemerkte, gelang es ihm, vier Rinder alsbald einzufangen; das fünfte Rind war in eine andere Richtung als die vier übrigen gelaufen und hatte sich auf die Kreisstraße begeben; der Beklagte machte sich mit seiner Tochter auf die Suche nach dem fünften Rind.

Die Ehefrau des Klägers, die Zeugin ... war zu diesem Zeitpunkt mit dem Fahrzeug des Klägers auf der Kreisstraße von ... in Richtung ... unterwegs. Im Lichtkegel des Fahrzeugs bemerkte sie plötzlich das Rind auf der Fahrbahn; es kam zur Kollision zwischen dem Rind und dem Fahrzeug. Anschließend kam es zu einem weiteren Zusammenstoß des Rindes mit dem Fahrzeug des Zeugen ... der hinter dem Fahrzeug des Klägers gefahren war.

Die Versicherung des Beklagten weigerte sich, den Schaden des Klägers zu ersetzen, weil die Koppel ordnungsgemäß mit einem ein Meter hohen Stacheldrahtzaun und einem einwandfrei funktionierenden Elektrozaun versehen gewesen sei.

Der Kläger hat behauptet:

Seine Ehefrau habe den Unfall nicht vermeiden können; unmittelbar zu Beginn einer Linkskurve sei plötzlich das Rind auf der rechten Fahrbahnseite aufgetaucht und galoppierend in das Fahrzeug gelaufen. Seiner Ehefrau sei es gelungen, das Fahrzeug vor der Kollision noch zum Halten zu bringen; das Rind sei im Weiterlaufen auf das Fahrzeug gesprungen, mit dem Kopf gegen die Windschutzscheibe geknallt und dann seitlich am Fahrzeug heruntergerutscht, wodurch es zu dem mit der Klage geltend gemachten Schaden gekommen sei.

Der Kläger hat gemeint:

Das Haftungsprivileg des § 833 Satz 2 BGB für Halter von Nutztieren sei nicht mehr zeitgemäß; es verstoße gegen Art. 2 und 14 GG, das Schadensrisiko werde in unzulässiger Weise einseitig zu Lasten des Geschädigten verlagert. Zur Zeit des Inkrafttretens der Vorschrift habe es im ländlichen Raum kaum Verkehr gegeben; damals sei es gerechtfertigt gewesen, Nutztierhalter, in erster Linie Landwirte, die für die Verpflegung und Versorgung der Bevölkerung das Risiko der Tierhaltung getragen hätten, vor ruinösen Schadensersatzansprüchen zu schützen. Heute verfüge jeder Tierhalter, insb. auch Landwirte, über eine Tierhalterhaftpflichtversicherung und sei dadurch gegen unkalkulierbare Schadensereignisse versichert.

Der Kläger hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an ihn 5.441,46 EUR nebst Jahreszinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.12.2006 und weitere 285,24 EUR zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat behauptet:

Die Koppel sei mit einem etwa ein Meter hohen Stacheldraht umzäunt gewesen, in einem Abstand von einem Meter davor sei ein Elektrozaun installiert gewesen, der über den Hausanschluss ...

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