Entscheidungsstichwort (Thema)
Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses
Verfahrensgang
LG Kempten (Beschluss vom 17.10.2001; Aktenzeichen 4 T 659/00) |
AG Kempten (Aktenzeichen 5 UR II 43/99) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 17. Oktober 2001 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Amtsgerichts Kempten (Allgäu) – Zweigstelle Sonthofen – vom 29. Februar 2000 als unzulässig verworfen wird.
II. Die Antragstellerin hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 8.900 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Antragstellerin und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von dem weiteren Beteiligten verwaltet wird.
In der Eigentümerversammlung vom 27.10.1999 beschlossen die Wohnungseigentümer mehrheitlich gegen die Stimmen der Antragstellerin, daß die vorhandene Heizungsanlage von Öl auf Gas umgestellt wird und die Kosten aus der Rücklage bezahlt werden.
Die Antragstellerin hat fristgerecht beantragt, diesen Beschluß für ungültig zu erklären.
Die Niederschrift einer weiteren Eigentümerversammlung vom 7.6.2000 weist als Tagesordnungspunkt (TOP) 8 „Besprechung und Beschlußfassung Sache WEG ./. (Antragstellerin)” aus und hält fest:
Die Wohnungseigentümer (außer der Antragstellerin) bleiben bei ihrem einstimmigen Beschluß der außerordentlichen Eigentümerversammlung vom 27. Oktober 1999 und bestehen auf der Umstellung der Heizung von Öl auf Gasbefeuerung.
(Antragstellerin) erklärt, daß sie die Klage weiterführen läßt.
In der Niederschrift einer weiteren Eigentümerversammlung vom 24.10.2000, bei der 849,364/1000 Miteigentumsanteile anwesend oder vertreten waren, ist schließlich unter TOP 2 (Beschlußfassung weiteres Vorgehen Rechtsstreit WEG ./. Antragstellerin) protokolliert:
- Nach längerer Diskussion zwischen den anwesenden Wohnungseigentümern und (Antragstellerin) ist (Antragstellerin) mit der Umstellung auf Gasheizung einverstanden. (Antragstellerin) zieht ihre Klage zurück. Damit sind alle Wohnungseigentümer einstimmig für die Umstellung auf Gasheizung.
Die Wohnungseigentümer schließen mit (Antragstellerin) einen Vergleich. Die Gerichtskosten für die erste Instanz über DM ca. … übernimmt die Eigentümergemeinschaft. Die Gerichtskosten für die zweite Instanz über ca. DM … übernimmt (Antragstellerin).
(Antragstellerin) verläßt danach die Versammlung.
- Die anwesenden Wohnungseigentümer beschließen in Abwesenheit von (Antragstellerin) einstimmig: Für den Fall, daß (Antragstellerin) diese Zustimmung widerrufen sollte, soll ein Sachverständiger bestellt werden, der klären soll, ob eine modernisierende Instandhaltung gegeben ist oder nicht.
Die Antragstellerin hat mit Schreiben vom 24.11.2000 ihre in der Niederschrift festgehaltene Erklärung gegenüber den Wohnungseigentümern angefochten bzw. widerrufen. Einen gleichzeitig gestellten Antrag an das Amtsgericht, die dazu unter Nr. 1 und Nr. 2 gefaßten Beschlüsse für ungültig zu erklären, hat das Amtsgericht mit rechtskräftigem Beschluß vom 15.2.2001 als unzulässig mit der Begründung verworfen, daß die Rechtshandlungen keine anfechtbaren Eigentümerbeschlüsse darstellten.
Das Amtsgericht hat am 29.2.2000 den Antrag auf Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses vom 27.10.1999 abgewiesen, das Landgericht die sofortige Beschwerde der Antragstellerin mit Beschluß vom 17.10.2001 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin.
Entscheidungsgründe
II.
1. Das Rechtsmittel ist zulässig.
Es kann hier offenbleiben, ob Erledigung der Hauptsache durch die Eigentümerbeschlüsse vom 7.6.2000 oder vom 24.10.2000 eingetreten ist. Denn tritt Erledigung der Hauptsache während des Beschwerdeverfahrens ein, so entfällt zwar das Rechtsschutzbedürfnis für die Beschwerdeinstanz; dies hat jedoch auf die Zulässigkeit der sofortigen weiteren Beschwerde keinen Einfluß. Denn diese kann jedenfalls darauf gestützt werden, daß die Vorinstanz die Unzulässigkeit der sofortigen Beschwerde nicht erkannt oder der Beschwerdeführer keine Gelegenheit erhalten habe, sein Rechtsmittel auf die Kosten zu beschränken (siehe BayObLG ZMR 2001, 366; BayObLG WuM 1992, 644/645).
2. Das Landgericht hat ausgeführt:
Die Antragstellerin sei nicht mehr anfechtungsbefugt, weil der Weiterverfolgung ihres Antrags das Gebot von Treu und Glauben entgegenstehe. In der Eigentümerversammlung vom 24.10.2000 habe sie sich nämlich mit den übrigen Wohnungseigentümern vergleichsweise wirksam geeinigt. Sie habe sich mit der Umstellung der Heizung auf Gasbetrieb einverstanden erklärt, sich verpflichtet, ihre „Klage” zurückzunehmen und eine Teilübernahme von Verfahrenskosten zugesagt. Dieser Vergleich sei weder wirksam widerrufen noch angefochten worden. Ein Widerrufsvorbehalt sei in der Vereinbarung nicht enthalte; ein Grund zur Anfechtu...