Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluß des 22. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 23. März 2001 aufgehoben.
Die Beklagte wird in die versäumte Frist zur Begründung der Berufung gegen das Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Wuppertal vom 13. Dezember 2000 wiedereingesetzt.
Beschwerdewert: 23.800,86 DM.
Gründe
I.
Die Beklagte legte am (Montag, dem) 29. Januar 2001 gegen das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 13. Dezember 2000, zugestellt am 27. Dezember 2000, bei dem Oberlandesgericht Düsseldorf Berufung ein, die das Oberlandesgericht Düsseldorf mit Beschluß vom 12. März 2001 wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist als unzulässig verworfen hat. Mit am selben Tag bei Gericht eingegangenen Schriftsatz vom 20. März 2001 hat die Beklagte Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsbegründungsfrist beantragt und zugleich die Berufung begründet. Das Oberlandesgericht hat durch den angefochtenen Beschluß den Antrag der Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen.
II.
Die gemäß §§ 567 Abs. 4 Satz 2, 577 Abs. 2, 519b Abs. 2, 547, 238 Abs. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet. Der Beklagten ist gemäß § 233 ZPO die beantragte Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsbegründungsfrist zu gewähren, da sie glaubhaft gemacht hat, ohne ihr Verschulden an der Einhaltung dieser Frist verhindert gewesen zu sein.
Die Beklagte hat mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand durch eidesstattliche Versicherung ihres zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten glaubhaft gemacht, daß dieser am 23. Februar 2001 einen schriftsätzlichen Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist selbst gefertigt und unterschrieben, der Anwaltssekretärin B. übergeben und kontrolliert habe, daß die Sekretärin den Antrag zum Briefkasten mitgenommen habe. Insoweit hat der Prozeßbevollmächtigte die erforderliche Sorgfalt walten lassen, um die Berufungsbegründungsfrist zu wahren.
Das Oberlandesgericht hat ein der Beklagten nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes Verschulden ihres Prozeßbevollmächtigten darin gesehen, daß der Fristverlängerungsantrag unvollständig adressiert gewesen sei, weil der Schriftsatz, wie sich aus der vorgelegten Abschrift ergebe, im Sichtfenster des Briefumschlags lediglich die Angaben „Oberlandesgericht” und (in neuer Zeile) „Düsseldorf” enthalten habe.
Es kann dahinstehen, ob das Oberlandesgericht diese Adressierung zu Recht als nicht ausreichend angesehen hat, um bei dem vorliegenden Sachverhalt einen rechtzeitigen Eingang des Antrags bei Gericht sicherzustellen, was gegebenenfalls noch weiterer Aufklärung bedürfte (vgl. BVerfG, NJW 2001, 1566). Denn die Beklagte hat mit der sofortigen Beschwerde vorgetragen und durch weitere eidesstattliche Versicherungen ihres zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten und der Anwaltssekretärin B. glaubhaft gemacht, daß es der ständigen und von dem Prozeßbevollmächtigten kontrollierten Praxis in seiner Kanzlei entspreche, Schriftsätze an Gerichte, die keine vollständige Adressierung tragen, mit Sammelpost zu versenden, bei der entweder ein Schriftsatz mit vollständiger Adresse als erster des Schriftsatzstapels im Sichtfenster erscheine oder für die ein Umschlag ohne Sichtfenster verwendet werde, auf dem das Gericht, an das die Sendung adressiert sei, von Hand mit vollständiger Adresse bezeichnet werde; in einer dieser beiden Weisen müsse auch bei dem Schriftsatz vom 23. Februar 2001 an das Oberlandesgericht Düsseldorf verfahren worden sein. Nach diesem geschilderten und glaubhaft gemachten Sachverhalt, dem keine sonstigen Anhaltspunkte entgegenstehen, hat sich die unvollständige Adressierung des Antrags nicht ausgewirkt, da er in einer der genannten Varianten mit ausreichender Adressierung dem Oberlandesgericht übersandt worden ist. Ein Verschulden des Prozeßbevollmächtigten ist somit für die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist nicht ursächlich geworden.
Die Angaben in der sofortigen Beschwerde und den dieser beigegebenen eidesstattlichen Versicherungen sind auch nicht deshalb unberücksichtigt zu lassen, weil sie nach Ablauf der Zwei-Wochen-Frist des § 234 Abs. 2 ZPO erfolgt sind. Zwar müssen nach §§ 234 Abs. 1, 236 Abs. 2 ZPO alle Tatsachen, die für die Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand von Bedeutung sein können, innerhalb der zweiwöchigen Antragsfrist vorgetragen werden. Indessen dürfen erkennbar unklare oder ergänzungsbedürftige Angaben, deren Aufklärung nach § 139 ZPO geboten gewesen wäre, noch nach Fristablauf erläutert oder vervollständigt werden (BGH, Beschl. v. 5. Oktober 1999 – VI ZB 22/99, NJW 2000, 365, 366; Beschl. v. 6. Mai 1999 – VII ZB 6/99, NJW 1999, 2284; Beschl. v. 9. Februar 1998 – II ZB 15/97, NJW 1998, 1870). Hier hat die Beklagte sich zunächst zur Adressierung des Schriftsatzes vom 23. Februar 2001 nicht näher geäußert und ihren Vortrag hierzu ergänzt, nachdem das Oberlandesgericht aus dem vorgelegten Ausdruck die Schlußfolgerung gezogen hat, die Adressatenangabe „Oberlandesgericht Düsseldorf” im Schriftsatz selbst sei über das Sichtfenster eines Briefumschlages auch als postalische Adresse verwendet worden. Bei dieser Sachlage liegt kein unzulässiges Nachschieben von Wiedereinsetzungsgründen vor.
Unterschriften
Rogge, Melullis, Scharen, Mühlens, Meier-Beck
Fundstellen
Haufe-Index 613422 |
BGHR 2001, 982 |
NJOZ 2001, 1447 |