Entscheidungsstichwort (Thema)
Notwendigkeit des Stellens und der Glaubhaftmachung eines insolvenzrechtlichen Versagungsgrundes im Schlusstermin
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Rechtsbeschwerde ist unzulässig, wenn die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
2. Ein Versagungsgrund iSv § 290 I InsO ist im Schlusstermin zu stellen und in diesem Termin regelmäßig glaubhaft zu machen.
3. Nach § 294 II ZPO ist grundsätzlich das Stellen eines Beweisantrags der beweisbelasteten Partei erforderlich. Eine Partei macht sich die bei einer Beweisaufnahme zutage tretenden Umstände, soweit sie ihre Rechtsposition zu stützen geeignet sind, hilfsweise zu Eigen, ohne dass dies einer ausdrücklichen Erklärung bedarf. Dies muss gleichermaßen für Tatsachen gelten, die im Rahmen einer gerichtlichen Anhörung nach § 289 I S. 1 InsO zugunsten eines antragstellenden Gläubigers bekannt werden, sofern es sich nicht um einen anderen Sachvortrag handelt, sondern dadurch bisherige Angaben eines Gläubigers nur bestätigt oder konkretisiert werden.
4. Soweit sich eine angefochtene Entscheidung an diesen Rechtsgrundsätzen orientiert, besteht kein Rechtsfortbildungsbedarf.
Normenkette
InsO § 290 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Der Schuldnerin wird wegen Versäumung der Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg vom 24. Februar 2010 wird auf Kosten der Schuldnerin als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt.
Gründe
Rz. 1
1. Der Schuldnerin war wegen der Versäumung der Rechtsbeschwerdebegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Sie hat nach frist- und formgerecht eingelegter Rechtsbeschwerde und nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe einen frist- und formgerechten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt und die Rechtsbeschwerde begründet (§§ 233, 234 Abs. 2, § 575 ZPO).
Rz. 2
2. Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, § 289 Abs. 2 Satz 1, §§ 4, 6, 7 InsO in der vor dem 27. Oktober 2011 geltenden Fassung in Verbindung mit Art. 103f Satz 1 EGInsO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 ZPO).
Rz. 3
a) Die angegriffene Entscheidung verkennt nicht die Senatsrechtsprechung, wonach ein Versagungsgrund im Sinne von § 290 Abs. 1 InsO im Schlusstermin zu stellen (BGH, Beschluss vom 20. März 2003 – IX ZB 388/02, WM 2003, 980, 981 f; vom 23. Oktober 2008 – IX ZB 53/08, WM 2008, 2301 Rn. 9) und in diesem Termin regelmäßig glaubhaft zu machen ist (BGH, Beschluss vom 11. September 2003 – IX ZB 37/03, BGHZ 156, 139, 142 f; vom 5. April 2006 – IX ZB 227/04, ZVI 2006, 596 Rn. 6; vom 14. Mai 2009 – IX ZB 33/07, WM 2009, 1294 Rn. 5; vom 5. Februar 2009 – IX ZB 185/08, WM 2009, 619 Rn. 6). Die Glaubhaftmachung des Versagungsgrundes erfolgte nach der Begründung des Beschwerdegerichts nicht erst durch die nach dem Schlusstermin aufgenommenen eidesstattlichen Versicherungen der Gläubiger, sondern beruhte auf den mündlichen Ausführungen des nach § 289 Abs. 1 Satz 1 InsO angehörten Insolvenzverwalters. Dieser hatte im Schlusstermin den von den Gläubigern gemäß § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO geltend gemachten Versagungsgrund mit eigenen Beobachtungen bestätigt.
Rz. 4
b) Ebenso wenig liegt eine Divergenz zur obergerichtlichen Rechtsprechung vor, wonach § 294 Abs. 2 ZPO grundsätzlich das Stellen eines Beweisantrags der beweisbelasteten Partei erfordere. Vielmehr entsprechen die Erwägungen des Beschwerdegerichts der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, nach welcher sich eine Partei die bei einer Beweisaufnahme zutage tretenden Umstände, soweit sie ihre Rechtsposition zu stützen geeignet sind, hilfsweise zu Eigen mache, ohne dass es einer ausdrücklichen Erklärung bedürfe (BGH, Urteil vom 8. Januar 1991 – VI ZR 102/90, NJW 1991, 1541, 1542; vom 3. April 2001 – VI ZR 203/00, NJW 2001, 2177, 2178 [BGH 03.04.2001 – VI ZR 203/00]; vom 26. Juli 2005 – X ZR 109/03, NJW 2006, 63, 65 [BGH 26.07.2005 – X ZR 109/03]). Dies muss gleichermaßen für Tatsachen gelten, die im Rahmen einer gerichtlichen Anhörung nach § 289 Abs. 1 Satz 1 InsO zugunsten eines antragstellenden Gläubigers bekannt werden, sofern es sich nicht um einen anderen Sachvortrag handelt (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Februar 2009 – IX ZB 158/08, WM 2009, 714 Rn. 4 f [BGH 12.02.2009 – IX ZB 158/08]), sondern die bisherigen Angaben des Gläubigers nur bestätigt oder konkretisiert werden. Vor dem Hintergrund dieser gefestigten Rechtsprechung besteht auch kein Rechtsfortbildungsbedarf.
Rz. 5
3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO abgesehen.
Fundstellen
Haufe-Index 3087820 |
RENOpraxis 2012, 132 |