Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtabnahmeentschädigung des Darlehensgebers. Verjährung nach altem Recht. Bindungswirkung eines Grundurteils
Leitsatz (amtlich)
a) Ein Grundurteil beschwert eine Partei, soweit es für sie negative Bindungswirkung hat. Der bloße Anschein einer Bindungswirkung, der von einem in unzulässiger Weise die Höhe des Schadens behandelnden Grundurteil ausgeht, rechtfertigt die Zulässigkeit eines Rechtsmittels nicht.
b) Der Anspruch des Darlehensgebers auf Nichtabnahmeentschädigung unterlag der 30-jährigen Verjährungsfrist gem. § 195 BGB a.F., nicht der vierjährigen Verjährungsfrist gem. § 197 BGB a.F.
Normenkette
ZPO §§ 304, 542; BGB a.F. § 197
Verfahrensgang
OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 03.02.2005; Aktenzeichen 15 U 122/01) |
LG Kassel (Urteil vom 24.04.2001; Aktenzeichen 7 O 796/97) |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 15. Zivilsenats in Kassel des OLG Frankfurt v. 3.2.2005 wird verworfen.
Die Revision des Beklagten gegen dieses Urteil wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Klägerin zu 1/5 und der Beklagte zu 4/5.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die klagende Bank nimmt den Beklagten als Bürgen in Anspruch.
Der Beklagte ist Geschäftsführer der T. GmbH (im Folgenden: Hauptschuldnerin), die ein Hotelgrundstück in W. erwerben wollte und zur Finanzierung mit der Rechtsvorgängerin der Klägerin (im Folgenden: Klägerin) am 1./8.6.1995 drei Annuitäten-Darlehensverträge über jeweils 7 Mio. DM schloss. In den Verträgen wurden eine Abnahmefrist bis zum 30.9.1995, als Verwendungszweck die Mitfinanzierung des Kaufpreises für das Hotelgrundstück und als Auszahlungsvoraussetzungen u.a. die Bestellung von Grundschulden auf dem Hotelgrundstück und der Abschluss des notariellen Kaufvertrages vereinbart. Der Beklagte übernahm durch schriftliche Erklärung v. 1.6.1995 die selbstschuldnerische Bürgschaft bis zu einem Höchstbetrag von 2,5 Mio. DM für alle Ansprüche, die der Klägerin aus der Finanzierung des Hotelgrundstücks in W. gegen die Hauptschuldnerin zustehen.
Anfang August 1995 teilte die Hauptschuldnerin der Klägerin mit, dass der Erwerb des Hotelgrundstücks gescheitert sei. Die Klägerin wies die Hauptschuldnerin mit Schreiben v. 9.8.1995 auf ihre Pflicht zur Abnahme der Darlehen hin und stellte ihr anheim, ein anderes Beleihungsobjekt anzubieten. Nachdem mehrere Versuche der Hauptschuldnerin, ein geeignetes Ersatzobjekt zu beschaffen, erfolglos geblieben waren, forderte die Klägerin von der Hauptschuldnerin Schadensersatz wegen Nichtabnahme der Darlehen. Die Klägerin hat den Nichtabnahmeschaden im erstinstanzlichen Verfahren zuletzt auf 1.471.452,54 DM, bezogen auf den 9.8.1995, bzw. auf 1.830.304,80 DM, bezogen auf den 5.7.1996, beziffert. Klage gegen die Hauptschuldnerin hat sie erst im Jahre 2003 erhoben.
Das LG hat die Teilklage über 1.045.974,06 DM nebst Zinsen abgewiesen, da die Hauptschuld verjährt sei, und auf die Widerklage festgestellt, dass der Klägerin auch kein über diesen Betrag hinausgehender Anspruch zusteht. Nach Erweiterung der Klage im Berufungsverfahren haben die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich der Widerklage übereinstimmend für erledigt erklärt. Das Berufungsgericht hat die Klage auf Ersatz des Nichtabnahmeschadens dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und die Revision zugelassen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, dass der Beklagte nur für einen auf den 9.8.1995 berechneten Nichtabnahmeschaden hafte. Die Klägerin erstrebt mit ihrer Revision, den Zeitpunkt für die Berechnung des Nichtabnahmeschadens auf den 5.7.1996 festzulegen, und erhebt hilfsweise Nichtzulassungsbeschwerde. Der Beklagte begehrt mit seiner Revision die Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist unzulässig. Die Revision des Beklagten ist unbegründet.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, die Klage auf Ersatz des Nichtabnahmeschadens sei dem Grunde nach gerechtfertigt, im Wesentlichen ausgeführt:
Die Klägerin habe gegen die Hauptschuldnerin einen Anspruch wegen positiver Vertragsverletzung auf Schadensersatz wegen Nichtabnahme der Darlehen. Die Hauptschuldnerin habe die Erfüllung ihrer Pflicht zur Abnahme der Darlehen vor Fälligkeit ernsthaft und endgültig verweigert. Ihr Anspruch auf Auszahlung der Darlehen sei mangels Abschlusses eines notariellen Kaufvertrages und Eintragung von Grundschulden nicht fällig geworden.
Die Darlehensverträge seien wirksam zu Stande gekommen. Sie hätten nicht unter der Bedingung des Erwerbs des Hotelgrundstücks in W. gestanden. Die Darlehensverträge seien nicht gem. § 313 BGB beurkundungsbedürftig gewesen. Von ihnen sei kein mittelbarer Zwang zum Erwerb des Grundstücks in W. ausgegangen. Die Klägerin sei verpflichtet gewesen, sich auf Verhandlungen über den Erwerb eines Ersatzobjekts einzulassen.
Der Schadensersatzanspruch der Klägerin aus positiver Vertragsverletzung sei nicht verjährt. § 197 BGB sei nicht anwendbar, weil der Anspruch auf Nichtabnahmeentschädigung weder auf Zinsen noch auf andere regelmäßig wiederkehrende Leistungen gerichtet sei. Die Nichtabnahmeentschädigung werde zwar anhand der vereinbarten Zinshöhe berechnet. Sie trete aber nicht an die Stelle des Zinsanspruches und werde nicht deshalb geschuldet, weil die Vertragszinsen nicht gezahlt worden seien. Grundlage der Nichtabnahmeentschädigung sei vielmehr, dass der Darlehensnehmer seine Pflicht zur Abnahme der Darlehen verletze und die Durchführung des Vertrages vereitele. § 197 BGB sei auch nach seinem Sinn und Zweck nicht anwendbar, weil bei einer einheitlich entstehenden und fällig werdenden Nichtabnahmeentschädigung weder die Gefahr bestehe, dass regelmäßig wiederkehrende Einzelforderungen einen Gesamtbetrag erreichten, den der Schuldner nicht mehr in einer Summe aufbringen könne, noch Schwierigkeiten aufträten, sichere Feststellungen für eine bis zu 30 Jahren zurückliegende Zeit zu treffen. Gem. § 195 BGB, der folglich anwendbar sei, sei Verjährung noch nicht eingetreten.
Der Beklagte hafte als Bürge allerdings nur für den Nichtabnahmeschaden, der sich bei einer Berechnung ab dem 9.8.1995 ergebe, nicht aber für einen Nichtabnahmeschaden auf Grund einer Berechnung zum 5.7.1996. Die Klägerin und die Hauptschuldnerin hätten durch den bis Juli 1996 unternommenen Versuch, die Darlehen für ein Ersatzobjekt zu verwenden, das Haftungsrisiko erhöht. Dies wirke gem. § 767 Abs. 1 S. 2 (gemeint: 3) BGB nicht zu Lasten des Beklagten. Zwar liege kein rechtsgeschäftliches Handeln der Hauptschuldnerin vor. Ihr Verhalten habe indes darauf abgezielt.
II.
Hiergegen wenden sich die Rechtsmittel beider Parteien im Ergebnis ohne Erfolg.
A. Revision der Klägerin
Die Revision der Klägerin ist unzulässig.
1. Der Klägerin fehlt eine Beschwer, die Voraussetzung für die Zulässigkeit jeden Rechtsmittels ist (BGH, Urt. v. 20.1.2004 - XI ZR 69/02, MDR 2004, 702 = BGHReport 2004, 688 = WM 2004, 466 [467]).
a) Eine klagende Partei ist beschwert, wenn die angefochtene Entscheidung von ihrem in der Instanz gestellten Antrag abweicht (sog. formelle Beschwer, BGH v. 2.2.1999 - VI ZR 25/98, BGHZ 140, 335 [338] = MDR 1999, 545; Urt. v. 12.3.2004 - V ZR 37/03, BGHReport 2004, 1116 = MDR 2004, 958 = NJW 2004, 2019 [2020], jeweils m.w.N.). Ausreichend ist bereits der Anschein einer Beschwer, der etwa besteht, wenn die angefochtene Klageabweisung ins Leere geht und keine materielle Rechtskraftwirkung hat (BGH, Urt. v. 10.3.1993 - VIII ZR 85/92, MDR 1993, 511 = WM 1993, 845 [847]; Urt. v. 20.1.2004 - XI ZR 69/02, MDR 2004, 702 = BGHReport 2004, 688 = WM 2004, 466 [467]).
Hier liegt weder eine formelle Beschwer noch der Anschein einer solchen vor. Die Klage auf Ersatz des Nichtabnahmeschadens ist im Tenor des angefochtenen Urteils uneingeschränkt für gerechtfertigt erklärt worden.
b) Ein Zwischenurteil über den Grund gem. § 304 ZPO kann den Kläger allerdings auch dann beschweren, wenn der Urteilstenor das Klagebegehren dem Grunde nach in vollem Umfang für gerechtfertigt erklärt, in den Entscheidungsgründen aber bindend festgestellt wird, auf welcher Grundlage das Betragsverfahren aufzubauen hat und welche Umstände abschließend im Grundverfahren geklärt sind. Eine Partei ist daher beschwert, soweit das Urteil für sie negative Bindungswirkung hat (BGH, Urt. v. 17.10.1985 - III ZR 105/84, MDR 1986, 651 = WM 1986, 331).
Auch unter diesem Gesichtspunkt ist die Klägerin nicht beschwert, weil die in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils geäußerte Auffassung, der Beklagte hafte nur für eine auf den 9.8.1995, nicht für eine auf den 5.7.1996 berechnete Nichtabnahmeentschädigung, keine Bindungswirkung gem. § 318 ZPO hat. Da diese Ausführungen entgegen der Ansicht der Klägerin ausschließlich die Höhe des Anspruchs betreffen, sind sie im Grundurteil unzulässig und binden für das Betragsverfahren nicht (BGHZ 10, 361 [362]; BGH, Urt. v. 29.10.1959 - III ZR 150/58, VersR 1960, 248 [251]; Urt. v. 12.7.1963 - IV ZR 314/62, MDR 1964, 214 [215]; Musielak in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 304 Rz. 12; Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 304 Rz. 21).
Der Anschein einer Bindungswirkung, der von einem in unzulässiger Weise die Höhe des Schadens behandelnden Grundurteil ausgehen kann, rechtfertigt, anders als der Anschein einer formellen Beschwer, die Zulässigkeit eines Rechtsmittels nicht (a.A. Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 21. Aufl., § 304 Rz. 50, ohne Begründung). Da auch im Urteil des Rechtsmittelgerichts Ausführungen zur Schadenshöhe unzulässig wären, könnte der Rechtsmittelkläger mit der Anfechtung des Grundurteils nur die mangelnde Bindungswirkung, nicht aber die inhaltliche Unrichtigkeit der diesbezüglichen Ausführungen im angefochtenen Grundurteil feststellen lassen. Das vorinstanzliche Gericht wäre nicht gehindert, seine vom Rechtsmittelkläger angegriffene Auffassung zur Schadenshöhe im Betragsverfahren erneut zu Grunde zu legen. Da der Rechtsmittelkläger seine gegenteilige Auffassung ohnehin im Betragsverfahren, ggf. mit den darin zulässigen Rechtsmitteln, weiterverfolgen muss, besteht kein Anlass, ihm gegen das Grundurteil, das ihn tatsächlich nicht beschwert, eine zusätzliche Anfechtungsmöglichkeit zu eröffnen.
c) Die Revision der Klägerin war demnach als unzulässig zu verwerfen.
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin bedarf keiner Entscheidung, weil die Bedingung, unter der sie erhoben worden ist, nicht erfüllt ist. Die Klägerin hat sie nur unter der Voraussetzung eingelegt, dass die Revisionszulassung durch das Berufungsgericht auf das klagestattgebende Grundurteil beschränkt ist. Es ist kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass die Klägerin auch für den Fall, dass ihre Revision mangels Beschwer unzulässig ist, eine - ebenfalls eine Beschwer voraussetzende (Zöller/Gummer, ZPO, 25. Aufl., § 544 Rz. 6) - Nichtzulassungsbeschwerde erheben wollte.
B. Revision des Beklagten
Die Revision des Beklagten ist zulässig, aber unbegründet. Das Berufungsgericht hat die Klage zu Recht dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt.
1. Der Klägerin steht gegen die Hauptschuldnerin ein Anspruch auf Nichtabnahmeentschädigung zu.
a) Grundlage dieses Anspruchs ist allerdings entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht eine positive Vertragsverletzung, sondern § 326 Abs. 1 S. 2 Halbs. 1 BGB a.F. Die Hauptschuldnerin hat die Erfüllung ihrer Verpflichtung zur Abnahme der Darlehen nicht bereits vor Fälligkeit ernsthaft und endgültig verweigert (BGH v. 7.11.2000 - XI ZR 27/00, BGHZ 146, 5 [8] = MDR 2001, 225 = BGHReport 2001, 80). Das Berufungsgericht stellt insoweit rechtsfehlerhaft auf den seines Erachtens nie fällig gewordenen Anspruch der Hauptschuldnerin auf Auszahlung der Darlehen ab. Maßgeblich ist der Anspruch der Klägerin auf Abnahme der Darlehen (BGH, Urt. v. 12.12.2000 - XI ZR 72/00, BGHReport 2001, 248 = MDR 2001, 464 = WM 2001, 350 [352]), der durch den Abschluss der Darlehensverträge wirksam begründet worden ist.
aa) Die Verträge sind, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, nicht unter einer Bedingung i.S.d. § 158 BGB geschlossen worden. Die Revision des Beklagten beruft sich ohne Erfolg auf die Vereinbarung der am 30.9.1995 endenden Abnahmefrist und der u.a. den notariellen Kaufvertrag umfassenden Auszahlungsvoraussetzungen. Die Verträge enthalten keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Abnahmepflicht der Hauptschuldnerin mit dem Ablauf der Abnahmefrist enden oder der Abschluss eines notariellen Kaufvertrages nicht nur Voraussetzung der Darlehensauszahlung, sondern auch Bedingung für den Fortbestand der Darlehensverträge sein sollte.
bb) Die Darlehensverträge waren entgegen der Auffassung der Revision des Beklagten nicht gem. § 313 S. 1 BGB a.F. beurkundungsbedürftig. Sie begründeten keine Verpflichtung, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben.
Formbedürftig können allerdings auch mit Dritten geschlossene Verträge sein, von denen ein unangemessener, die Entschließungsfreiheit erheblich beeinträchtigender Druck zum Abschluss eines Grundstückskaufvertrags ausgeht (BGH v. 6.12.1979 - VII ZR 313/78, BGHZ 76, 43 [46] = MDR 1980, 482; Urt. v. 18.12.1970 - VI ZR 1155/68, WM 1971, 190 [191]; Urt. v. 3.11.1978 - V ZR 30/77, WM 1979, 162; Urt. v. 6.2.1980 - IV ZR 141/78, MDR 1980, 563 = WM 1980, 742 [743]; Urt. v. 2.7.1986 - IVa ZR 102/85, MDR 1987, 126 = WM 1986, 1438), weil sie einem Vertragsteil für den Fall, dass der Grundstückskaufvertrag nicht zu Stande kommt, erhebliche finanzielle Nachteile, z.B. die Zahlung einer Vertragsstrafe, einer erfolgsunabhängigen Maklerprovision oder den Verfall einer Kaufpreisanzahlung, auferlegen (BGH v. 10.2.1988 - IVa ZR 268/86, BGHZ 103, 235 [239] = MDR 1988, 651; Urt. v. 24.6.1981 - IVa ZR 159/80, MDR 1982, 37 = WM 1981, 993; Urt. v. 19.9.1985 - IX ZR 138/84, MDR 1986, 230 = WM 1985, 1425; Urt. v. 25.2.1987 - IVa ZR 263/85, MDR 1987, 744 = WM 1987, 693 [694]; Urt. v. 19.9.1989 - XI ZR 10/89, BRAK 1990, 120 = MDR 1990, 435 = WM 1989, 1692 f.).
Eine derartige Einwirkung auf die Entschließungsfreiheit der Hauptschuldnerin begründen die Darlehensverträge nicht. Sie sind ihrem wirtschaftlichen Sinn nach nicht unmittelbar darauf gerichtet, ein formbedürftiges Grundstücksgeschäft zu Stande zu bringen, sondern dienen einer davon unabhängigen Zielsetzung, der Zurverfügungstellung der Darlehensmittel gegen Zinszahlung. Der Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung der Pflicht zur Abnahme der Darlehen kann zwar einen gewissen wirtschaftlichen Druck auf die Entschließungsfreiheit der Hauptschuldnerin ausüben. Er begründet aber nach dem Schutzzweck des § 313 S. 1 BGB a.F. nicht das Erfordernis der notariellen Beurkundung der Darlehensverträge. Wer in der Erwartung, ein Grundstück erwerben zu können, Verträge im Hinblick auf dieses Grundstück abschließt, trägt das Risiko, dass sich seine Erwartung - gleich aus welchen Gründen - nicht erfüllt (BGH v. 6.12.1979 - VII ZR 313/78, BGHZ 76, 43 [47] = MDR 1980, 482; v. 6.11.1980 - VII ZR 12/80, BGHZ 78, 346 [348]; Urt. v. 8.11.1984 - VII ZR 256/83, MDR 1985, 486 = WM 1985, 93). Dies gilt auch für Darlehensverträge zur Finanzierung des Erwerbs.
b) Der Anspruch der Klägerin auf Abnahme der Darlehen ist auf Grund der Darlehensverträge am 30.9.1995 fällig geworden. Dass die Klägerin und die Hauptschuldnerin die vertragliche Fälligkeitsregelung geändert hätten, ist vom Berufungsgericht nicht festgestellt und von den Parteien nicht vorgetragen worden.
c) Einer Mahnung, Nachfristsetzung und Ablehnungsandrohung bedurfte es nicht, weil die Hauptschuldnerin die Abnahme der Darlehen nach dem Scheitern ihrer Bemühungen um ein Ersatzobjekt ernsthaft und endgültig verweigert hat (BGH, Urt. v. 12.3.1991 - XI ZR 190/90, MDR 1991, 752 = WM 1991, 760 [761]).
d) Für die Nichtabnahme hat die Hauptschuldnerin der Klägerin einzustehen, ohne dass es darauf ankommt, aus welchen Gründen der Erwerb eines geeigneten Grundstücks gescheitert ist. Die Verwendbarkeit der Darlehen fällt allein in den Risikobereich des Darlehensnehmers (BGH, Urt. v. 2.11.1989 - III ZR 143/88, MDR 1990, 419 = WM 1990, 8 [9]; Urt. v. 12.3.1991 - XI ZR 190/90, MDR 1991, 752 = WM 1991, 760 [761], jeweils m.w.N.).
e) Die Hauptschuldnerin hat entgegen der Auffassung der Revision des Beklagten keinen Anspruch wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen gegen die Klägerin auf Rückgängigmachung der Darlehensverträge. Die Klägerin war nicht verpflichtet, die Hauptschuldnerin auf die Risiken einer Nichtabnahme der Darlehen und auf die Möglichkeit, die Darlehensverträge erst nach der notariellen Beurkundung des Kaufvertrages abzuschließen, hinzuweisen. Eine solche Aufklärungspflicht wäre mit der einseitigen Zuweisung des Verwendungsrisikos an den Darlehensnehmer unvereinbar, insb. wenn es sich dabei - wie hier - um einen Kaufmann handelt. Im Übrigen liegen auch keine besonderen Umstände vor, die die Klägerin als Kreditgeberin zur Risikoaufklärung über das finanzierte Geschäfte hätten verpflichten können (BGH, Urt. v. 15.3.2005 - XI ZR 135/04, MDR 2005, 937 = BGHReport 2005, 985 = WM 2005, 828 [830]; Urt. v. 27.9.2005 - XI ZR 216/04, BGHReport 2006, 49 = Umdruck S. 9 f., jeweils m.w.N.).
f) Der Schadensersatzanspruch gem. § 326 Abs. 1 S. 2 Halbs. 1 BGB a.F. ist nicht verjährt.
aa) Die Verjährung richtet sich gem. Art. 229 § 6 Abs. 1 S. 1 EGBGB nach den §§ 194 ff. BGB n.F., weil der Anspruch am 1.1.2002 noch nicht verjährt war. Er unterlag bis zu diesem Zeitpunkt der 30-jährigen Verjährungsfrist gem. § 195 BGB a.F., nicht der vierjährigen Verjährungsfrist gem. § 197 BGB a.F.
(1) Der Anspruch ist nicht auf Rückstände von Zinsen gerichtet.
§ 197 BGB a.F. erfasst zwar nicht nur vertragliche Erfüllungsansprüche, etwa solche, die auf Zahlung rückständiger Zinsen gerichtet sind, sondern auch wirtschaftlich an ihre Stelle tretende Schadensersatzansprüche (BGHZ 57, 191 [195]; BGH v. 8.2.1979 - VII ZR 141/78, BGHZ 73, 266 [269]; Urt. v. 23.11.1983 - VIII ZR 281/82, MDR 1984, 393 = WM 1984, 138 [140]; BVerwG v. 29.8.1996 - 2 C 23/95, BVerwGE 102, 33 [36 f.]). Die von der Klägerin geforderte Nichtabnahmeentschädigung dient aber nicht dem Ersatz rückständiger, d.h. in der Vergangenheit fällig gewordener und nicht entrichteter (Staudinger/Frank Peters, BGB, Neubearb. 2001, § 197 Rz. 11) Zinsen. Da die Darlehen nicht ausgezahlt worden sind, ist der vertragliche Zinsanspruch der Klägerin nicht entstanden (§ 198 BGB a.F.). Der Anspruch auf Nichtabnahmeentschädigung ist vielmehr auf Ersatz des entgangenen Gewinns der Klägerin während der gesamten Vertragsdauer gerichtet. Dass die vereinbarten Zinssätze und die Wiederanlagezinssätze für die Berechnung der Nichtabnahmeentschädigung von wesentlicher Bedeutung sind, ändert in diesem Zusammenhang nichts. Ob § 197 BGB a.F. Zinsen erfasst, die nur einmal zu zahlen sind, also keine wiederkehrenden Leistungen darstellen (OLG Hamm v. 19.6.1997 - 18 U 243/96, OLGReport Hamm 1998, 37 = NJW-RR 1997, 1476; Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl., § 197 Rz. 5), kann offen bleiben.
(2) Die Klage ist auch nicht auf Rückstände von anderen regelmäßig wiederkehrenden Leistungen gerichtet.
Mit der Klage werden, wie bereits dargelegt, keine Rückstände geltend gemacht. Außerdem erfasst diese Tatbestandsalternative des § 197 BGB a.F. ihrem Wortlaut nach nur Ansprüche, die ihrer Natur nach von vornherein auf Leistungen gerichtet sind, die nicht einmal, sondern in regelmäßiger zeitlicher Wiederkehr zu erbringen sind (BGH v. 10.7.1986 - III ZR 133/85, BGHZ 98, 174 [182] = MDR 1986, 915; Beschl. v. 18.10.2005 - VI ZR 312/04, Umdruck S. 3; Urt. v. 15.2.2000 - XI ZR 76/99, MDR 2000, 755 = WM 2000, 811 [812]; Urt. v. 24.10.2000 - XI ZR 273/99, BGHReport 2001, 23 = WM 2000, 2423 [2426], jeweils m.w.N.). Dies trifft auf einen Anspruch auf Nichtabnahmeentschädigung, der nicht durch wiederkehrende Leistungen, sondern durch eine einmalige Zahlung zu erfüllen ist, nicht zu. Dass bei der Berechnung der Anspruchshöhe Fälligkeitstermine der vertraglich vereinbarten Zinsraten und damit regelmäßig wiederkehrender Leistungen zu berücksichtigen sind (BGH v. 7.11.2000 - XI ZR 27/00, BGHZ 146, 5 [10 ff.] = MDR 2001, 225 = BGHReport 2001, 80), ändert nichts daran, dass der Anspruch seinem Inhalt nach auf eine einmalige Zahlung gerichtet ist.
§ 197 BGB a.F. ist auch nach seinem Regelungszweck nicht anwendbar. Die vierjährige Verjährungsfrist soll zum einen verhindern, dass regelmäßig wiederkehrende Einzelforderungen sich mehr und mehr ansammeln und schließlich einen Betrag erreichen, der vom Schuldner nicht mehr in einer Summe aufgebracht werden kann. Zum anderen trägt die Verjährung von länger als vier Jahre zurückliegenden Rückständen dem Umstand Rechnung, dass es bei regelmäßig wiederkehrenden Leistungen oft sehr schwer ist, sichere Feststellungen für eine Zeit zu treffen, die bis zu 30 Jahren zurückliegt (BGH v. 12.6.2001 - XI ZR 283/00, BGHZ 148, 90 [93 f.] = MDR 2001, 1101 = BGHReport 2001, 735, m.w.N.). Beide Gesichtspunkte treffen auf den Anspruch auf Nichtabnahmeentschädigung, der auf eine einmalige, sofort fällige Zahlung gerichtet ist und dessen Berechnungsgrundlagen in der Folgezeit unverändert bleiben, nicht zu.
bb) Die somit maßgebliche dreijährige Verjährungsfrist gem. § 195 BGB n.F. begann gem. Art. 229 § 6 Abs. 4 S. 1 EGBGB am 1.1.2002 und ist durch die Klageerhebung gegen die Hauptschuldnerin im Jahre 2003 rechtzeitig gehemmt worden (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB n.F.).
2. Der Beklagte hat auf Grund der Bürgschaft v. 1.6.1995 gem. § 765 Abs. 1 BGB für die Erfüllung der Schadensersatzforderung der Klägerin gem. § 326 Abs. 1 S. 2 Halbs. 1 BGB a.F. einzustehen. Er hat sich wirksam für alle Ansprüche aus der Finanzierung des Hotelgrundstücks in W. verbürgt und haftet gem. § 767 Abs. 1 S. 2 BGB auch für vertragliche Schadensersatzansprüche der Klägerin (BGH, Urt. v. 17.12.1987 - IX ZR 263/86, MDR 1988, 404 = WM 1988, 212 [213]; für Ansprüche auf Vorfälligkeitsentschädigung: OLG Frankfurt v. 18.10.2001 - 16 U 49/00, ZIP 2002, 567 [568 f.]; Habersack in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 767 Rz. 7; Palandt/Sprau, BGB, 65. Aufl., § 767 Rz. 3). Dies gilt auch dann, wenn es entsprechend dem Vortrag des Beklagten nicht dessen Willen entsprochen haben sollte, sich für Schadensersatzansprüche im Falle eines Scheiterns des Kaufvertrages zu verbürgen. Den hierfür angetretenen Beweis musste das Berufungsgericht nicht erheben. Eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung mit der Klägerin, dass die Bürgschaft sich nicht auf Schadensersatzansprüche wegen Nichtabnahme der Darlehen erstrecken sollte, ist vom Berufungsgericht nicht festgestellt und vom Beklagten nicht vorgetragen worden.
3. Die Revision des Beklagten war demnach als unbegründet zurückzuweisen.
III.
Für das Betragsverfahren weist der Senat - ohne Bindungswirkung - vorsorglich darauf hin, dass der Beklagte, anders als das Berufungsgericht bisher gemeint hat, für einen auf den 5.7.1996 berechneten Nichtabnahmeschaden einzustehen hat. Seine Verpflichtung erstreckt sich, wie dargelegt, gem. § 767 Abs. 1 S. 2 BGB auf den Schadensersatzanspruch der Klägerin wegen Nichtabnahme der Darlehen. Für die Berechnung der Höhe der Nichtabnahmeentschädigung ist der Zeitpunkt der Zahlung maßgeblich (BGH v. 1.7.1997 - XI ZR 267/96, BGHZ 136, 161 [170] = MDR 1997, 1043 m. Anm. Hertwig; v. 7.11.2000 - XI ZR 27/00, BGHZ 146, 5 [15] = MDR 2001, 225 = BGHReport 2001, 80; Wimmer/Rössler, WM 2005, 1873 [1880]). Dies gilt auch dann, wenn sich der Nichtabnahmeschaden nach dem 9.8.1995, dem Zeitpunkt, auf den das Berufungsgericht abgestellt hat, erhöht hat. Denn die damit verbundene Erweiterung der Bürgschaftsschuld beruht nicht auf einem Rechtsgeschäft der Hauptschuldnerin i.S.d. § 767 Abs. 1 S. 3 BGB. Nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts liegen ein rechtsgeschäftliches Handeln der Hauptschuldnerin und eine Abänderungsvereinbarung zwischen der Klägerin und der Hauptschuldnerin nicht vor. Dass die Verhandlungen zwischen der Klägerin und der Hauptschuldnerin auf eine solche Änderung abzielten, rechtfertigt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts keine andere Beurteilung. Die Klägerin war auf Grund der Darlehensverträge verpflichtet, ein gleichwertiges Ersatzobjekt als Sicherheit zu akzeptieren (BGH, Urt. v. 3.2.2004 - XI ZR 398/02, BGHZ 158, 11 [16 f.] = MDR 2004, 694 = BGHReport 2004, 887 m. Anm. Arendts). Dass sie der Hauptschuldnerin anheim gegeben hat, ein solches Objekt vorzustellen, ändert nichts daran, dass ihr nach dem Scheitern der Bemühungen der Hauptschuldnerin um ein Ersatzobjekt ein Anspruch auf Zahlung einer nach den allgemeinen Grundsätzen berechneten Nichtabnahmeentschädigung zusteht. Dieser Anspruch ergibt sich aus den unverändert fortgeltenden Darlehensverträgen v. 1./8.6.1995 und ist demnach von der Verpflichtung des Beklagten als Bürgen umfasst.
Fundstellen
Haufe-Index 1475891 |
BB 2006, 465 |
DStZ 2006, 279 |
BGHR 2006, 516 |
NJW-RR 2007, 138 |
JurBüro 2006, 334 |
WM 2006, 429 |
WuB 2006, 453 |
ZAP 2006, 310 |
ZIP 2006, 459 |
AnwBl 2006, 127 |
MDR 2006, 768 |
BKR 2006, 206 |
ZBB 2006, 150 |
Kreditwesen 2006, 621 |