Leitsatz (amtlich)
Zur Bemessung der Nutzungsausfallentschädigung und des merkantilen Minderwerts bei einem älteren Kraftfahrzeug.
Normenkette
BGB §§ 249, 251; ZPO § 287
Verfahrensgang
LG Kiel (Urteil vom 06.11.2003; Aktenzeichen 8 S 329/02) |
AG Rendsburg |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des LG Kiel v. 6.11.2003 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin macht gegen die Beklagte zu 1) als Kfz-Versicherer und die Beklagte zu 2) als Fahrerin des gegnerischen Fahrzeuges restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall v. 25.5.2002 geltend. Dabei wurde der PKW der Klägerin, ein zum Unfallzeitpunkt 16 Jahre alter Mercedes Benz 200 D mit einer Laufleistung von ca. 164.000 km, beschädigt. Die volle Haftung der Beklagten steht dem Grunde nach außer Streit. Die Parteien streiten noch um die Höhe der Nutzungsausfallentschädigung sowie um einen merkantilen Minderwert des Fahrzeuges der Klägerin infolge des Verkehrsunfalls. Die Beklagte zu 1) hat der Klägerin für 10 Tage Nutzungsausfall lediglich eine Entschädigung für Vorhaltekosten i.H.v. 25 EUR pro Tag, insgesamt 250 EUR, gezahlt. Das AG hat das Begehren der Klägerin auf Zahlung weiterer 404,50 EUR für den Nutzungsausfall und auf Zahlung von 248,68 EUR für einen merkantilen Minderwert abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat ihr das LG weitere 90 EUR als Nutzungsausfallentschädigung zuerkannt. Mit ihrer vom LG zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter, soweit ihm das Berufungsgericht nicht entsprochen hat.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht führt aus, der Anspruch der Klägerin auf Nutzungsausfallentschädigung für ihr Fahrzeug, das sich zum Unfallzeitpunkt nach Einschätzung des Gutachters in einem guten Pflegezustand befunden habe, sei trotz seines Alters und seiner Laufleistung nicht auf Ersatz der Vorhaltekosten beschränkt, sondern richte sich nach den Tabellen von Sanden/Danner/Küppersbusch. Dabei müsse jedoch berücksichtigt werden, dass der Berechnung der Nutzungswerte der dort aufgeführten Fahrzeuggruppen Mietsätze für Neufahrzeuge zu Grunde gelegt seien, die ihrem Nutzer den Vorteil höherer Sicherheit und geringeren Kraftstoffverbrauches böten. Deshalb sei gem. § 287 ZPO in der Tabelle eine Herabstufung um zwei Gruppen gerechtfertigt, wodurch sich die Nutzungsausfallentschädigung für das Fahrzeug der Klägerin nicht nach der Gruppe E, sondern nach der Gruppe C mit einem Tagessatz von 34 EUR richte. Abzgl. der bereits gezahlten 250 EUR stehe der Klägerin mithin für 10 Tage Nutzungsausfall ein weiterer Betrag von 9 EUR pro Tag, also insgesamt 90 EUR zu. Ein Anspruch auf Ausgleich eines merkantilen Minderwerts könne der Klägerin angesichts des hohen Alters, der hohen Laufleistung und des geringen Wiederbeschaffungswertes von 2.100 EUR trotz des guten Pflegezustandes ihres Fahrzeuges nicht zuerkannt werden. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass der Schaden nur nicht tragende Teile des Fahrzeugs betroffen habe.
II.
Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand.
1. Soweit die Revision meint, das Berufungsurteil sei bereits deshalb aufzuheben, weil sich aus ihm die Anträge der Klägerin nicht ergäben, kann dem nicht gefolgt werden. Zwar kann auch nach neuem Recht auf die Aufnahme der Berufungsanträge grundsätzlich nicht verzichtet werden. Eine wörtliche Wiedergabe ist jedoch nicht erforderlich. Es genügt, dass aus dem Zusammenhang der Ausführungen des Berufungsgerichts sinngemäß deutlich wird, was der Berufungskläger mit seinem Rechtsmittel erstrebt hat (BGH v. 26.2.2003 - VIII ZR 262/02, BGHZ 154, 99 [100 f.] = MDR 2003, 765 = BGHReport 2003, 629; v. 13.8.2003 - XII ZR 303/02, BGHZ 156, 97 [99] = BGHReport 2003, 1298 = MDR 2004, 44; Urt. v. 30.9.2003 - VI ZR 438/02, BGHReport 2004, 272 = MDR 2004, 289 = VersR 2004, 259 [260]; v. 10.2.2004 - VI ZR 94/03, VersR 2004, 881 [882] = MDR 2004, 826 = BGHReport 2004, 759 m.w.N.; Urt. v. 13.1.2004 - XI ZR 5/03, BGHReport 2004, 548 = MDR 2004, 704 = NJW-RR 2004, 573 [574] m.w.N.). Das Begehren der Klägerin in der Berufungsinstanz ist hier eindeutig dem Satz des Berufungsurteils zu entnehmen: "Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihren ursprünglichen Klageantrag auf Zahlung von 653,18 EUR weiter".
2. Entgegen der Auffassung der Revision lässt das Berufungsurteil hinsichtlich der zugesprochenen Nutzungsausfallentschädigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Klägerin erkennen.
a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass dem Eigentümer eines privat genutzten PKW, der durch einen Eingriff die Möglichkeit zur Nutzung verliert, grundsätzlich ein Anspruch auf Ersatz seines Nutzungsausfallschadens zusteht (BGHZ 45, 212 ff.; BGHZ 56, 214 [215 f.]; BGH v. 9.7.1986 - GSZ 1/86, BGHZ 98, 212 f. = MDR 1987, 109; Urt. v. 20.10.1987 - X ZR 49/86, MDR 1988, 315 = NJW 1988, 484 [485 f.]). Die Bemessung der Höhe des Anspruchs ist dabei in erster Linie Sache des nach § 287 ZPO besonders frei gestellten Tatrichters. Es ist nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, dem Tatrichter eine bestimmte Berechnungsmethode bindend vorzuschreiben, zumal einzelne Faktoren der speziellen Schadensberechnung zeitbedingt sind. Soweit es sich allerdings um typische Fälle handelt, muss die Schätzung im Interesse gleichmäßiger Handhabung rechtlich daraufhin überprüft werden, ob sie den Gegenstand des zu entschädigenden Vermögensnachteils beachtet und nicht zu einer grundlosen Bereicherung des Geschädigten oder zu einem verkappten Ausgleich immateriellen Schadens führt (BGHZ 56, 214 [218]). Als eine in diesem Sinne geeignete Methode der Schadensschätzung hat der BGH die von der Rechtsprechung herangezogenen Tabellen von Sanden/Danner (jetzt: Sanden/Danner/Küppersbusch) anerkannt (BGHZ 56, 214 [217, 219 f.]; Urt. v. 3.6.1969 - VI ZR 27/68, VersR 1969, 828 [830]; Urt. v. 20.10.1987 - X ZR 49/86, MDR 1988, 315 = NJW 1988, 484 ff.). Die Tabellen gehen von durchschnittlichen Mietsätzen für PKW aus als einem vom Markt anerkannten Maßstab für die Bewertung der Gebrauchsmöglichkeit eines Kraftfahrzeuges. Da bei der Nutzungsausfallentschädigung jedoch lediglich entgangene Gebrauchsvorteile für die "eigenwirtschaftliche Verwendungsplanung" zu ersetzen sind (BGHZ 56, 214 [215]; BGH v. 9.7.1986 - GSZ 1/86, BGHZ 98, 212 [225] = MDR 1987, 109), es also um Kompensation und nicht um die Wahrung des Integritätsinteresses geht, müssen die Mietpreise um die spezifisch die erwerbswirtschaftliche Nutzung betreffenden Wertfaktoren zuverlässig bereinigt werden (BGH v. 9.7.1986 - GSZ 1/86, BGHZ 98, 212 [225] = MDR 1987, 109; BGHZ 45, 212 [220]; Urt. v. 3.6.1969 - VI ZR 27/68, VersR 1969, 828 [829]). Diesen Anforderungen wird in den Tabellen von Sanden/Danner/Küppersbusch dadurch hinreichend Rechnung getragen, dass die Mietpreise um die Gewinnspannen des Vermieters und die bei einer privaten Nutzung nicht anfallenden Kosten für Verwaltung, Vermittlungsprovisionen, erhöhte Abnutzung und erhöhte Versicherungsprämien gekürzt werden. Der danach verbleibende Betrag liegt bei 35 bis 40 % der üblichen Miete und 200 bis 400 % der Vorhaltekosten (Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., Vorb. vor § 249 Rz. 23; Wussow/Karczewski, Unfallhaftpflichtrecht, 15. Aufl., Kap. 41 Rz. 44; Born, NZV 1993, 1 [5]; Küppersbusch, Beilage zu NJW Heft 10/2002). Der Senat hat zwar in einer älteren Entscheidung v. 18.5.1971 (BGHZ 56, 214 [221]) ausgeführt, dass die Nutzungsausfallentschädigung die Vorhaltekosten nur maßvoll übersteigen soll und eine reichliche Verdoppelung der Vorhaltekosten zu hoch sei (BGH v. 9.7.1986 - GSZ 1/86, BGHZ 98, 212 [226] = MDR 1987, 109). Dies beruhte jedoch auf anderen tatsächlichen Grundlagen, als sie heute vorzufinden sind. Während im Jahre 1975 beispielsweise nach der Tabelle von Sanden/Danner i.d.R. eine Verdoppelung der Vorhaltekosten knapp verfehlt wurde (VersR 1975, 972 ff.), gelangen die aktuellen Tabellen nach demselben Berechnungsmodell zu höheren Ergebnissen, was im Wesentlichen auf die im Vergleich zu den Vorhaltekosten stärker gestiegenen Mietwagenpreise zurückzuführen sein dürfte. Diese Marktentwicklung darf bei der Bemessung der Nutzungsausfallentschädigung nicht unberücksichtigt bleiben, weil den Mietwagenpreisen Anhaltspunkte für den Wert der Gebrauchsmöglichkeit entnommen werden können (BGH, Urt. v. 3.6.1969 - VI ZR 27/68, VersR 1969, 828 ff.; v. 9.7.1986 - GSZ 1/86, BGHZ 98, 212 [214, 225] = MDR 1987, 109).
b) Nicht einheitlich beurteilt wird die Frage, wie die Nutzungsausfallentschädigung bei älteren PKW - wie im Streitfall - zu bemessen ist.
Zum Teil wird in der Rechtsprechung und Literatur eine pauschale, allein am Alter orientierte Herabstufung älterer Fahrzeuge abgelehnt. Entweder wird auf einen Abschlag von der Nutzungsausfallentschädigung für ein vergleichbares Neufahrzeug prinzipiell verzichtet oder es werden Abstriche nur unter Berücksichtigung des Einzelfalls bei Vorliegen besonderer Umstände gemacht, etwa bei erheblichen Mängeln oder bei sonstigen erheblichen Einschränkungen des Nutzungswertes (OLG Celle VersR 1973, 281; KG VersR 1981, 536; OLG Frankfurt DAR 1983, 165; OLG Stuttgart v. 22.10.1986 - 1 U 109/86, VersR 1988, 851; KG v. 26.4.1993 - 12 U 2137/92, VRS 86, 24 [28 f.]; OLG Karlsruhe VersR 1989, 269 [270]; OLG Schleswig v. 22.4.1992 - 9 U 206/90, VersR 1993, 1124 [1125]; OLG Naumburg ZfS 1995, 254 [255]; OLG Hamm DAR 2000, 265 [267]; LG Bad Kreuznach v. 18.12.1987 - 2 O 301/87, NJW-RR 1988, 1303). Häufig wird auch zusätzlich zur Vermeidung einer Herabstufung berücksichtigt, ob sich das Fahrzeug in einem guten Erhaltungszustand befindet (OLG Koblenz ZfS 1989, 300 [301]; OLG Schleswig v. 22.4.1992 - 9 U 206/90, VersR 1993, 1124 [1125]; LG Berlin DAR 1998, 354 [355]; LG Kiel v. 7.6.2001 - 17 O 285/00, NJW-RR 2001, 1606 [1607]; Becker/Böhme, Kraftverkehrs-Haftpflicht-Schäden, 22. Aufl., D 68; Hillmann, ZfS 2001, 341 [342]).
Diese Auffassungen werden im Wesentlichen damit begründet, dass auch ein älteres Kraftfahrzeug in einem entsprechenden Erhaltungszustand für den Eigentümer den gleichen Nutzen im Rahmen der eigenwirtschaftlichen Lebensführung haben könne wie ein Neufahrzeug.
Eine andere Meinung in der Rechtsprechung und Literatur befürwortet demgegenüber - ebenso wie die Bearbeiter der Tabelle selbst (Danner/Küppersbusch, NZV 1989, 11 f.; Küppersbusch, Beilage zu NJW Heft 10/2002, S. 3; DAR 2004, 1 ff.) - eine Herabstufung innerhalb der Gruppen der Tabelle und zwar bei PKW, die älter als fünf Jahre sind, um eine Gruppe und bei Fahrzeugen mit einem Alter von über 10 Jahren um eine weitere Gruppe (OLG Frankfurt v. 19.9.1984 - 17 U 265/83, DAR 1985, 58; OLG Schleswig v. 27.9.1985 - 11 U 54/84, NJW-RR 1986, 775 [776]; OLG München ZfS 1988, 312; OLG Karlsruhe VersR 1989, 58 [59]; ZfS 1993, 304; OLG Hamm DAR 1994, 24 [26]; v. 22.4.1996 - 6 U 144/95, DAR 1996, 400 [401]; OLG Celle, Urt. v. 26.4.2001 - 14 U 130/00, - insoweit nicht veröffentlicht in OLGR Celle, 2001, 237; LG Koblenz ZfS 1990, 10; LG Memmingen v. 7.6.1989 - 1 S 584/89, VersR 1990, 864 [865]; LG Tübingen v. 21.3.1990 - 6 S 30/90, DAR 1991, 183 [184]; LG Duisburg SP 1992, 17; LG Berlin SP 1992, 341; LG Gießen SP 1997, 471; LG Hannover DAR 1999, 211; LG Mainz v. 18.3.1998 - 3 S 63/97, VersR 2000, 111; Oetker in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 249 Rz. 75 m.w.N.; Sanden/Völtz, Sachschadensrecht des Kraftverkehrs, 7. Aufl., Rz. 241; Wenker, VersR 2000, 1082 [1083]; Wussow/Karczewski, Unfallhaftpflichtrecht, 15. Aufl., Kap. 41 Rz. 44 m.w.N. sowie die Nachweise bei Küppersbusch, Beilage zu NJW-Heft 10/2002, S. 3 und die Darstellung DAR 2004, 1 ff.).
Dies wird sowohl mit Gesichtspunkten der Abschreibung als auch damit begründet, dass der Nutzungswert eines entsprechend älteren Fahrzeuges i.d.R. ggü. demjenigen eines neueren Fahrzeuges auf Grund der Fortentwicklung der Fahrzeugtechnik wesentlich geringer sei.
c) Der BGH hat bisher nur in einer Entscheidung des X. Zivilsenats v. 20.10.1987 (BGH, Urt. v. 20.10.1987 - X ZR 49/86, MDR 1988, 315 = NJW 1988, 484 ff.) zu dem Problem der Bemessung einer Nutzungsausfallentschädigung für ein im Rahmen eines Werkvertrages zurückbehaltenes älteres Fahrzeug der Tabelle von Sanden/Danner die Eignung als Schätzungsgrundlage versagt und nur einen Betrag etwa in Höhe der - im Einzelfall angemessen erhöhten - Vorhaltekosten zu Grunde gelegt. Der Entscheidung lag jedoch eine mit der vorliegenden nicht vergleichbare Fallgestaltung zu Grunde, weil neben dem Alter von nahezu 10 Jahren ausschlaggebend war, dass das Fahrzeug mit zahlreichen erheblichen Mängeln behaftet war, welche den Nutzungswert wesentlich beeinträchtigten. Lediglich zusätzlich wurde darauf abgehoben, dass der dort zu beurteilende Fahrzeugtyp (Fiat 500) in der Liste von Sanden und Danner nicht mehr aufgeführt war, sondern lediglich das stärker motorisierte und deutlich komfortablere Nachfolgemodell (Fiat 126).
d) Spielt hingegen - wie im vorliegenden Fall - das Alter des PKW eine wesentliche Rolle, so ist der Tatrichter aus Rechtsgründen nicht gehalten, in jedem Einzelfall bei der Beurteilung der entgangenen Gebrauchsvorteile eine aufwändige Berechnung anzustellen, sondern darf grundsätzlich im Rahmen des ihm nach § 287 ZPO bei der Schadensschätzung eingeräumten Ermessens aus Gründen der Praktikabilität und der gleichmäßigen Handhabung typischer Fälle weiterhin mit den in der Praxis anerkannten Tabellen arbeiten, selbst wenn das Fahrzeug darin nicht mehr aufgeführt ist (OLG Frankfurt v. 19.9.1984 - 17 U 265/83, DAR 1985, 58; Danner/Küppersbusch, NZV 1989, 11 [12]). Das Berufungsgericht geht dabei zutreffend davon aus, dass in diesen Tabellen bei der Berechnung der Nutzungswerte Mietsätze für Neufahrzeuge zu Grunde gelegt sind, die durch die Entwicklung der Fahrzeugtechnik ggü. Vorgängermodellen teilweise erhebliche Nutzungsvorteile wie größere Sicherheit (z.B. durch Airbag, ABS, ESP usw.), geringeren Kraftstoffverbrauch trotz besserer Fahrleistungen und höheren (Fahr-)Komfort bieten. Diese Veränderungen spiegeln sich im Kaufpreis und dem hierauf wesentlich basierenden Mietpreis wieder, der wiederum Grundlage der Tabellen und damit Anhaltspunkt für die Bemessung der Entschädigung für den Verlust der Gebrauchsmöglichkeit darstellt. Die Bearbeiter der Tabellen weisen zudem darauf hin, dass es keinen verbreiteten Vermietermarkt für ausgelaufene Modelle gibt und solche Fahrzeuge - im Falle einer Vermietung - billiger angeboten werden müssten, um konkurrenzfähig zu sein (Danner/Küppersbusch, NZV 1989, 11 [12]). Da sich in den um erwerbswirtschaftliche Faktoren bereinigten Mietpreisen die Bewertung der Gebrauchsvorteile für die eigenwirtschaftliche Verwendung eines Kraftfahrzeuges widerspiegeln (BGHZ 56, 214 [215]; BGH v. 9.7.1986 - GSZ 1/86, BGHZ 98, 212 [225] = MDR 1987, 109), würde es regelmäßig zu einer grundlosen Bereicherung des Geschädigten oder zu einem verkappten Ausgleich immateriellen Schadens führen (BGHZ 56, 214 [218]), wollte man ihn für die entgangenen Gebrauchsvorteile seines in den Tabellen nicht mehr aufgeführten, nicht mehr hergestellten Fahrzeuges so entschädigen, als handelte es sich um ein Neufahrzeug.
e) Gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass solchen Veränderungen des Nutzungswertes durch eine Herabstufung in den jeweiligen Fahrzeuggruppen der Tabellen Rechnung getragen werden kann, ist aus Rechtsgründen nichts zu erinnern. Ab welchem Alter und um wie viele Stufen dies zu geschehen hat, ob alternativ auch die letzte Tabelle herangezogen werden kann, in der das beschädigte Kfz noch aufgeführt worden ist (Danner/Küppersbusch, NZV 1989, 11 [12] m.w.N.) und ab welchem Alter nur noch von den Vorhaltekosten auszugehen ist, braucht hier nicht abschließend entschieden zu werden. Unter den Umständen des vorliegenden Falles, in dem das zu beurteilende Fahrzeug älter als 15 Jahre ist und das Berufungsgericht im Rahmen seines ihm durch § 287 ZPO eingeräumten tatrichterlichen Ermessens nicht nur - wie das AG - von den Vorhaltekosten ausgegangen ist, sondern lediglich eine Herabstufung in den Tabellen von Sanden/Danner/Küppersbusch um zwei Gruppen vorgenommen hat, ist jedenfalls ein Rechtsfehler zu Lasten der Klägerin nicht erkennbar.
3. Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht auch ohne Rechtsfehler einen merkantilen Minderwert des Fahrzeuges der Klägerin infolge des Verkehrsunfalles verneint.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats handelt es sich beim merkantilen Minderwert um eine Minderung des Verkaufswerts, die trotz völliger und ordnungsgemäßer Instandsetzung eines bei einem Unfall erheblich beschädigten Kraftfahrzeuges allein deshalb verbleibt, weil bei einem großen Teil des Publikums, vor allem wegen des Verdachts verborgen gebliebener Schäden, eine den Preis beeinflussende Abneigung gegen den Erwerb unfallbeschädigter Kraftfahrzeuge besteht. Diese Wertdifferenz stellt einen unmittelbaren Sachschaden dar (BGHZ 27, 181 [182, 184 f.]; BGHZ 35, 396 [397 f.]; BGH v. 30.5.1961 - VI ZR 139/60, VersR 1961, 707 [708]; v. 2.12.1966 - VI ZR 72/65, VersR 1967, 183; v. 8.12.1981 - VI ZR 153/80, BGHZ 82, 338 [343 f.] = MDR 1982, 398). An dieser Rechtsprechung hält der erk. Senat trotz kritischer Stimmen im Schrifttum (Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 251 Rz. 15; Staudinger/Schiemann, BGB, 13. Aufl., § 251 Rz. 37 sowie die Nachweise bei von Gerlach, DAR 2003, 49 [52]; Huber, FS Rudolf Welser, S. 303 [309 f.]) fest. Der Ausgangspunkt dieser Rechtsprechung, dass auf dem Gebrauchtwagenmarkt Unfallfahrzeuge einen geringeren Preis erzielen als unfallfreie (so auch Sanden/Völtz, Sachschadensrecht des Kraftverkehrs, 7. Aufl., Rz. 119; Splitter, DAR 2000, 49), weil verborgene technische Mängel nicht auszuschließen sind und das Risiko höherer Schadensanfälligkeit infolge nicht fachgerechter Reparatur besteht (BGHZ 35, 396 [398]; BGH v. 30.5.1961 - VI ZR 139/60, VersR 1961, 707 [708]), trifft trotz aller Fortschritte der Reparaturtechnik nach wie vor zu, zumal die technische Entwicklung im Fahrzeugbau insoweit auch höhere Anforderungen stellt (Eggert, VersR 2004, 280 [282]; von Gerlach, DAR 2003, 49 [52 f.] m.w.N.; Hörl, ZfS 1999, 46 [47]; ders., NZV 2001, 175 [176]; Huber, FS Rudolf Welser, S. 312 ff. [334]).
b) Der Senat hat bisher nicht abschließend entschieden, bis zu welchem Alter eines Fahrzeuges bzw. bis zu welcher Laufleistung ein merkantiler Minderwert zuerkannt werden kann. In einem älteren Urteil v. 3.10.1961 (BGHZ 35, 396 [399]) hat der Senat die Zubilligung eines merkantilen Minderwerts bei einem Fahrzeug mit einer Fahrleistung von über 100.000 km zwar nicht beanstandet. Die entsprechenden Feststellungen des dortigen Berufungsgerichts beruhten jedoch auf sachverständiger Beratung und ließen keinen Rechtsfehler erkennen. In einer späteren Entscheidung v. 18.9.1979 (BGH v. 18.9.1979 - VI ZR 16/79, MDR 1980, 133 = VersR 1980, 46 [47]) hat der Senat zwar erwogen, bei Personenkraftwagen könne im Allgemeinen eine Fahrleistung von 100.000 km als obere Grenze für den Ersatz eines merkantilen Minderwerts angesetzt werden. Diese Einschätzung stützte sich jedoch unter Berücksichtigung der damaligen Verhältnisse auf dem Gebrauchtwagenmarkt auf die Überlegung, dass solche PKW im Allgemeinen nur noch einen derart geringen Handelswert hätten, dass ein messbarer Minderwert nach Behebung der Unfallschäden nicht mehr eintrete (BGH v. 18.9.1979 - VI ZR 16/79, MDR 1980, 133 = VersR 1980, 46 [47]). Die Beurteilung war mithin nicht allein auf die Laufleistung des Fahrzeuges bezogen, sondern maßgeblich auf deren Bedeutung für seine Bewertung auf dem Gebrauchtwagenmarkt. Diese Bedeutung kann sich im Laufe der Zeit mit der technischen Entwicklung und der zunehmenden Langlebigkeit der Fahrzeuge (z.B. infolge längerer Haltbarkeit von Motoren, vollverzinkter Karosserien etc.) ändern. Ein entsprechender Wandel auf dem Gebrauchtwagenmarkt spiegelt sich insbesondere in der Bewertung von Gebrauchtfahrzeugen durch Schätzorganisationen wie Schwacke und DAT wieder, die in ihren Notierungen inzwischen bis auf 12 Jahre zurückgehen und ausdrücklich darauf hinweisen, dass sich sämtliche Marktdotierungen auf unfallfreie Fahrzeuge beziehen (OLG Karlsruhe ZfS 1986, 366; OLG Düsseldorf VersR 1988, 1026; LG Tübingen ZfS 1983, 264; LG Koblenz ZfS 1990, 49 [50]; LG Oldenburg ZfS 1990, 50; ZfS 1999, 335 [336]; Geigel/Rixecker, Der Haftpflichtprozess, 24. Aufl., Kap. 3 Rz. 64; Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 251 Rz. 14; Sanden/Völtz, Sachschadensrecht des Kraftverkehrs, 7. Aufl., Rz. 125; Wussow/Karczewski, Unfallhaftpflichtrecht, 15. Aufl., Kap. 41 Rz. 34; Zeisberger/Neugebauer-Püster vormals Halbgewachs, Der merkantile Minderwert, 13. Aufl., S. 34 f.; Darkow, DAR 1977, 62 [64]; Hörl, ZfS 1999, 46 [47]; Notthoff, VersR 1995, 1399 [1403]; Otting, ZfS 1994, 434; Rasche, DAR 2000, 332 [333]).
c) Der vorliegende Fall nötigt den Senat nicht zu einer abschließenden Stellungnahme, bis zu welcher Grenze nach heutigen Maßstäben ein merkantiler Minderwert zuerkannt werden kann. Das Berufungsgericht hat berücksichtigt, dass sich das Fahrzeug der Klägerin zwar in einem guten Pflegezustand befand, aber eine Laufleistung von 164.000 km auswies und 16 Jahre alt war, wodurch sich der Wiederbeschaffungswert auf (nur) 2.100 EUR reduzierte. Bei dieser Sachlage ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass sich das Berufungsgericht im Rahmen des ihm nach § 287 ZPO zustehenden Ermessens die tatrichterliche Überzeugung gebildet hat, bei einem solchen Marktpreis werde sich ein Unfallschaden, der zudem erkennbar nur nicht tragende Teile des Kraftfahrzeuges betroffen habe, nicht mehr wertmindernd auswirken.
III.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 1288746 |
BGHZ 2005, 151 |
NJW 2005, 277 |
BGHR 2005, 362 |
EBE/BGH 2005, 20 |
EWiR 2005, 533 |
ZAP 2005, 385 |
ZIP 2005, 668 |
DAR 2005, 78 |
MDR 2005, 268 |
NZV 2005, 82 |
VersR 2005, 284 |
ZfS 2005, 126 |
ASR 2005, 1 |
ASR 2005, 2 |
KfZ-SV 2006, 29 |
NJW-Spezial 2005, 64 |
NJW-Spezial 2005, 65 |
RdW 2005, 115 |
SVR 2005, 65 |
VRA 2005, 23 |
ZGS 2005, 44 |
r+s 2005, 86 |
DS 2005, 143 |
LMK 2005, 71 |