Leitsatz (amtlich)
Bei der Berechnung der Kappungsgrenze nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 MHG bleiben auch solche Mieterhöhungen unberücksichtigt, die auf den in den §§ 3-5 MHG genannten Gründen beruhen, jedoch nicht in dem dort vorgesehenen einseitigen Verfahren vom Vermieter geltend gemacht, sondern einvernehmlich von den Parteien vereinbart worden sind.
Normenkette
MiethöheRegG § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 3
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 24.04.2003) |
AG Berlin-Mitte |
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der Zivilkammer 67 des LG Berlin v. 24.4.2003 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Kläger sind Vermieter, die Beklagte ist Mieterin einer Wohnung in dem Anwesen E. straße in B. . In den Jahren 1998/99 führten die Kläger nach vorheriger Ankündigung durch die von ihnen beauftragte Hausverwaltung in dem Wohnhaus verschiedene Modernisierungsmaßnahmen durch. Nach dem Abschluss der Baumaßnahmen teilte die Hausverwaltung mit Schreiben v. 27.10.1999 der Beklagten mit, dass sich die Miete mit Wirkung v. 1.12.1999 um einen Modernisierungszuschlag von insgesamt 145,02 DM - wovon 82,71 DM auf die Erneuerung der Heizung und 62,31 DM auf andere, im Einzelnen bezeichnete Modernisierungsmaßnahmen entfielen - auf nunmehr 692,31 DM (einschließlich einer unveränderten monatlichen Betriebskostenvorauszahlung von 197,90 DM) erhöhe. Die Beklagte widersprach dieser Mieterhöhung. Es kam deshalb zu einem längeren Schriftwechsel zwischen den Parteien, der schließlich im Februar 2001 mit einer Vereinbarung beider Seiten über einen Modernisierungszuschlag von insgesamt 104,29 DM - 82,71 DM für die Modernisierung der Heizung und 21,58 DM für die sonstigen Maßnahmen - endete.
Mit Schreiben v. 20./22.6.2001 erbaten die Kläger die Zustimmung der Beklagten zu einer Erhöhung der Grundmiete nach § 2 des Gesetzes zur Regelung der Miethöhe (MHG). Unter Hinweis auf den Berliner Mietspiegel 2000 für die östlichen Bezirke und West-Staaken verlangten sie für die Zeit ab 1.9.2001 eine Miete von 8,18 DM/m2; daraus errechneten sie eine Erhöhung der Miete von bisher 349,39 DM (ohne den vereinbarten Modernisierungszuschlag) um 104,81 DM auf künftig 454,20 DM, zzgl. des Modernisierungszuschlages und der Betriebskostenvorauszahlung, insgesamt somit auf 756,39 DM. Die Beklagte stimmte diesem Erhöhungsverlangen nicht zu.
Das AG hat die auf Erteilung der Zustimmung gerichtete Klage abgewiesen. Das LG hat ihr in vollem Umfang stattgegeben und die Revision zur Klärung der Frage zugelassen, ob eine Modernisierungsvereinbarung ebenso wie ein einseitig geforderter Modernisierungszuschlag unter den Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 MHG fällt. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel der Klageabweisung weiter.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht hat, soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung, ausgeführt:
Das Mieterhöhungsverlangen der Kläger sei begründet. Die verlangte Miete von 8,18 DM/m2 liege unterhalb der örtlichen Vergleichsmiete, die sich auf 8,88 DM/m2 belaufe. Die Kappungsgrenze des § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 MHG stehe der verlangten Mieterhöhung um 104,81 DM nicht entgegen. Der Erhöhungsbetrag mache weniger als 30 % der am 1.9.1998 geschuldeten Nettokaltmiete von 349,39 DM aus; bei der Ermittlung des zulässigen Erhöhungsbetrages sei der Modernisierungszuschlag, auf den sich die Parteien am 6.2.2001 geeinigt hätten, nicht zu berücksichtigen. Dieser Zuschlag beruhe nämlich auf Baumaßnahmen, die eine förmliche Mieterhöhung nach § 3 MHG gerechtfertigt hätten; er sei deshalb nach dem Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 MHG, der über seinen Wortlaut hinaus auch bei einer einvernehmlichen Mieterhöhung wegen Modernisierungsmaßnahmen anwendbar sei, auszuklammern. Dieses Ergebnis trage den beiderseitigen Interessen der Mietvertragsparteien angemessen Rechnung. Im Übrigen sei es sinnvoll, wenn die Parteien eine derartige Mieterhöhung im Wege einer Vereinbarung regeln könnten und der Vermieter nicht gezwungen werde, die Erhöhung auf dem förmlichen (einseitigen) Weg und notfalls gerichtlich durchzusetzen, nur um sich die Möglichkeit einer Mieterhöhung nach § 2 MHG offen zu halten.
II.
Diese Erwägungen halten der rechtlichen Überprüfung in vollem Umfang stand.
1. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass im vorliegenden Fall noch die Bestimmungen des Gesetzes zur Regelung der Miethöhe (MHG) und nicht die entsprechenden Vorschriften des Mietrechtsreformgesetzes (§§ 558-559 BGB) anzuwenden sind, weil das Erhöhungsverlangen der Kläger der Beklagten vor dem 1.9.2001 zugegangen ist (Art. 229 § 3 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB).
2. Zu Recht hat das Berufungsgericht auch angenommen, dass der von den Parteien vereinbarte Modernisierungszuschlag bei der Berechnung der Kappungsgrenze nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 MHG nicht zu berücksichtigen ist. Nach dieser Bestimmung kann der Vermieter die Zustimmung zur Erhöhung der Miete verlangen, wenn sich die Miete innerhalb eines Zeitraumes von drei Jahren, von Erhöhungen nach den §§ 3 bis 5 MHG abgesehen, nicht um mehr als 30 % erhöht. Die Frage, ob der Ausnahmetatbestand der "Erhöhungen nach den §§ 3 bis 5" nur die vom Vermieter einseitig und in der vorgeschriebenen Form erklärten Erhöhungen oder auch entsprechende einvernehmliche Regelungen der Parteien umfasst, ist allerdings umstritten und bislang höchstrichterlich nicht geklärt.
a) Nach einem Teil des Schrifttums und der Rechtsprechung gilt die genannte Ausnahme lediglich für förmliche Erhöhungserklärungen des Vermieters. Begründet wird dies zum einen mit dem Wortlaut der Vorschrift, der nur die §§ 3 bis 5 MHG erfasse, entsprechende Vereinbarungen der Parteien mit einer betragsmäßig bestimmten Mieterhöhung nach § 10 Abs. 1 2. Halbs. MHG aber nicht erwähne. Überdies diene das in den §§ 3 bis 5 MHG vorgeschriebene Verfahren auch dem Schutz des Mieters vor einer Übervorteilung durch den Vermieter (außer dem Berufungsgericht z. B. LG Potsdam GE 2001, 61 = WuM 2001, 197 = NZM 2001, 1075; Schmidt-Futterer/Börstinghaus, Mietrecht, 7. Aufl., § 2 MHG Rz. 214; Sternel, Mietrecht, 3. Aufl., III Rz. 629; ebenso für die § 2 Abs. 1 MHG entsprechende Vorschrift des § 558 BGB n. F.: Bamberger/Roth/Ehlert, BGB, § 558 Rz. 27; unentschieden Palandt/Weidenkaff, BGB, 63. Aufl., § 558 Rz. 20).
b) Nach anderer Auffassung ist die in § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 MHG geregelte Ausnahme auch auf Vereinbarungen der Mietvertragsparteien über einen Modernisierungszuschlag anzuwenden. Danach kommt es allein auf die materielle Rechtslage an. Da Modernisierungsmaßnahmen gefördert werden sollen, müssten nach dem Sinn und Zweck der Bestimmung bei der Ermittlung der Kappungsgrenze auch solche Mieterhöhungen außer Betracht bleiben, die auf einer Wohnungsmodernisierung beruhten, jedoch nicht vom Vermieter in dem förmlichen Verfahren des § 3 MHG einseitig erklärt, sondern von den Parteien einvernehmlich ausgemacht worden seien (OLG Hamm v. 30.12.1992 - 30 REMiet 2/91, MDR 1993, 444 = NJW-RR 1993, 399 = GE 1993, 155 = WuM 1993, 106 = ZMR 1993, 161; LG Frankfurt v. 3.6.1997 - 2/11 S 545/96, ZMR 1997, 474; Bub/Treier/Schultz, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., III. A, Rz. 353; Emmerich/Sonnenschein, Miete, 7. Aufl., § 2 MHRG, Rz. 30; Lammel, Wohnraummietrecht, § 2 MHG, Rz. 63; Voelskow in MünchKomm, 3. Aufl., § 2 MHG Rz. 32; Soergel/Heintzmann, 12. Aufl., § 2 MHG Rz. 32; Staudinger/Emmerich, 13. Bearb. 1997, § 2 MHRG Rz. 99; ähnlich Köhler/Kossmann, Handbuch der Wohnraumiete, 4. Aufl., § 150 Rz. 13).
c) Die letztgenannte Auffassung ist zutreffend.
Zwar könnte der Wortlaut des Ausnahmetatbestandes in § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 MHG durch die Bezugnahme auf § 3 MHG dafür sprechen, dass auf eine Erhöhung auf Grund eines einseitigen Mieterhöhungsverlangens abzustellen ist. Eine solche allein am Wortlaut der Bestimmung orientierte Auslegung würde aber dem Sinn und Zweck des § 3 MHG nicht gerecht. Durch diese Vorschrift soll aus wohnungs-, wirtschafts- und umweltpolitischen Gründen die Modernisierung des alten Wohnungsbestandes gefördert werden; den Anreiz zur Vornahme von wünschenswerten Modernisierungsmaßnahmen gibt das Gesetz dem Vermieter durch die Privilegierung der damit zusammenhängenden Kosten (vgl. z. B. Schmidt-Futterer/Börstinghaus, Mietrecht, 7. Aufl., § 3 MHG Rz. 5-7; Emmerich/Sonnenschein, § 3 MHG Rz. 1; Staudinger/Emmerich, 13. Bearb. 1997, § 3 MHG Rz. 10). Dieses Ziel würde weitgehend verfehlt, wenn der Vermieter wegen der Kappungsgrenze des § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 MHG die Kosten einer notwendigen und sinnvollen Wohnungsmodernisierung nur deshalb nicht oder allenfalls teilweise umlegen könnte, weil er eine einverständliche Regelung mit dem Mieter dem formalisierten einseitigen Verfahren nach § 3 MHG vorgezogen hat. Zu Recht hat das LG darauf hingewiesen, es könne nicht Sinn und Zweck des Gesetzes sein, den Vermieter im Ergebnis dazu zu zwingen, sämtliche Mieterhöhungen wegen Modernisierungen auf dem förmlichen Weg und notfalls gerichtlich durchzusetzen, nur um sich die Möglichkeit einer Mietanpassung nach § 2 MHG zu erhalten. Entscheidend kommt es darauf an, dass die vom Gesetzgeber als privilegiertes Merkmal für die Bemessung der Miete ausgestatteten Modernisierungskosten nicht durch die Kappungsgrenze des § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 MHG wieder ganz oder teilweise "neutralisiert" werden.
Berechtigte Interessen des Mieters, insb. sein Schutz vor unangemessener Erhöhung der Miete, stehen der hier vertretenen Auffassung nicht entgegen. Auch das Gesetz geht davon aus, dass der Mieter - ggf. mit sachkundiger Beratung - in der Lage ist, die Berechtigung eines Modernisierungszuschlages anhand der vorgeschriebenen Berechnung und Erläuterung (§ 3 Abs. 3 S. 2 MHG) in eigener Verantwortung zu überprüfen. Bei einem auf einvernehmliche Regelung gerichteten Erhöhungsverlangen des Vermieters kann sich der Mieter eine fehlende Berechnung oder Erläuterung ohne weiteres vom Vermieter vorlegen lassen. Häufig wird der Vermieter, wie gerade der vorliegende Fall zeigt, sogar bereit sein, den Modernisierungszuschlag zu reduzieren, wenn er auf diese Weise den sonst unumgänglichen Rechtsstreit vermeiden kann.
Wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, wird allerdings von dem Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 MHG eine einvernehmliche Regelung der Mietvertragsparteien nur insoweit erfasst, als es sich um die Umlegung solcher Aufwendungen handelt, die eine förmliche Mieterhöhung nach § 3 MHG rechtfertigen würden. Dass diese Voraussetzung für die Vereinbarung der Parteien insgesamt gegeben ist, hat das Berufungsgericht entgegen der Rüge der Revision, hieran fehle es, im Tatbestand (S. 3) und in den Entscheidungsgründen (S. 9) seines Urteils festgestellt. Einwendungen gegen die Richtigkeit dieser Feststellungen hat die Revision nicht erhoben.
3. Aus dem Gesagten folgt, dass auch die einjährige Sperrfrist des § 2 Abs. 1 Nr. 1 MHG für die Mieterhöhung gewahrt ist, weil hierbei die Mieterhöhungen nach §§ 3-5 MHG gleichfalls unberücksichtigt bleiben.
4. Da das Berufungsgericht die von den Klägern mit Wirkung v. 1.9.2001 begehrte Mieterhöhung nach § 2 MHG auch im Übrigen zutreffend berechnet hat, erweist sich die Revision der Beklagten insgesamt als unbegründet; sie ist daher zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 1157780 |
DB 2004, 2317 |
NJW 2004, 2088 |
DWW 2004, 184 |
NZM 2004, 456 |
ZMR 2004, 503 |
MDR 2004, 930 |
WuM 2004, 344 |
Info M 2004, 10 |
Info M 2004, 7 |
MietRB 2004, 256 |
AIM 2004, 118 |
BBB 2004, 62 |
JWO-MietR 2004, 177 |
MK 2004, 113 |