Entscheidungsstichwort (Thema)

Preisanpassungen bei Vertrag über die Lieferung von Fernwärme

 

Normenkette

BGB §§ 151, 242, 315 Abs. 1, § 351 Abs. 3; AVBFernwärmeV § 24 Abs. 3, §§ 27, 30

 

Verfahrensgang

LG Neuruppin (Urteil vom 03.06.2005; Aktenzeichen 2 O 28/05)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Neuruppin vom 3.6.2005 - 2 O 28/05 - abgeändert und die Kläger verurteilt, als Gesamtschuldner an die Beklagte 10.562,22 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 6.4.2005 zu zahlen.

Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gegenstandswert für das Berufungsverfahren: 10.562,22 EUR.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz allein noch um die Wirksamkeit der Erhöhung des Arbeitspreises aus dem Fernwärmelieferungsvertrag vom 29.9.1995 zum 1.10.2000 und zum 1.1.2003. Seit Mitte 2004 zahlen die Kläger diese Erhöhungsbeträge nicht mehr; daraus resultiert eine offene Forderung i.H.v. insgesamt 10.562,22 EUR aus den Rechnungen der Beklagten vom 30.6./6.7.2004 bis zum 31.1./17.2.2005 gemäß der Aufstellung der Beklagten auf S. 8 des Schriftsatzes vom 29.3.2005.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Das LG hat die Widerklage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, sie sei jedenfalls zurzeit unbegründet, da die von den Klägern in Zweifel gezogene Billigkeit der von der Beklagten festgelegten Preise nicht gem. § 315 BGB überprüft werden könne. Zwar erfolge wegen der vereinbarten Preisgleitklausel keine einseitige Leistungsbestimmung durch die Beklagte, es könne aber gleichwohl überprüft werden, ob die Preisgleitklausel und insb. die darin enthaltenen Faktoren billigem Ermessen i.S.v. § 315 Abs. 3 BGB entsprechen. § 24 AVBFernwärmeV konkretisiere dabei den Maßstab der Billigkeit durch die Begrenzung der zulässigen Preisgleitklauselelemente. Da die Konkretisierung der unbestimmten Rechtsbegriffe durch den Fernwärmeversorger erfolge, unterliege dieser der Kontrolle gem. § 315 BGB. Weil die Beklagte die Preisgleitklausel nicht ausschöpfe und auch der Grundpreis während der gesamten Vertragszeit nicht verändert worden sei, nehme sie eine eigenständige Leistungsbestimmung vor.

Die Beklagte verfüge über ein Monopol auf Leistungen der Daseinsvorsorge, auf deren Inanspruchnahme der andere Teil angewiesen sei; solche Verträge seien nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung der Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB zu unterwerfen. Es sei seit langem anerkannt, dass § 315 BGB auch auf Verträge über die Versorgung mit Fernwärme anwendbar sei. Um überprüfen zu können, ob die Preisänderungsklausel die Vorgaben des § 24 Abs. 3 AVBFernwärmeV ausfülle, müsse die Beklagte ihre Kalkulation offenlegen. Daran fehle es aber. Selbst wenn man die von der Beklagten vorgelegten Zahlen zugrunde lege, lasse sich die Billigkeit nicht überprüfen, denn die Darlegung der kalkulierten Gesamtkosten und Gesamterlöse genüge nur dann für die Bestimmung des billigen Preises, wenn alle Abnehmer des Versorgungsunternehmens derselben Kundengruppe zuzuordnen seien. Auch ein marktüblicher Preis, wie ihn die Beklagte behaupte, biete keine Gewähr dafür, dass der Versorger die Preisbestimmung so vorgenommen habe, dass keine unangemessen hohen Gewinne erzielt werden.

Gegen das ihr am 13.6.2005 zugestellte Urteil des LG hat die Beklagte mit am 13.7.2005 bei dem OLG Brandenburg eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach entsprechender Verlängerung der Begründungsfrist mit am 1.2.9.2005 eingegangenem Schriftsatz begründet.

Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr bisheriges Vorbringen. Sie macht insb. geltend, entgegen der Auffassung des LG sei § 315 BGB im vorliegenden Fall nicht anwendbar und Einwendungen der Kläger seien gem. § 30 AVBFernwärmeV ausgeschlossen.

Die Beklagte beantragt, unter Abänderung des am 3.6.2005 verkündeten Urteils des LG Az.: 2 O 28/05, die Kläger zu verurteilen, an sie 10.562,22 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Widerklage zu zahlen.

Die Kläger beantragen, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Kläger verteidigen die angefochtene Entscheidung und wiederholen und vertiefen ebenfalls ihr bisheriges Vorbringen. Ergänzend legen sie mit dem nachgelassenen Schriftsatz vom 24.1.2006 beispielhaft einen Wohnungseigentumskaufvertrag vor und machen in diesem Zusammenhang insb. geltend, ggü. den Klägern sei der Fernwärmelieferungsvertrag vom 29.9.1995 nicht wirksam zustande gekommen.

II. Die Berufung der Beklagten ist zulässig, sie wurde insb. form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 517, 519, 520 ZPO).

Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Der Beklagten steht gegen die Kläger der geltend gemachte Zahlungsanspruch auf der Grundlage des Fernwärmelieferungsvertrages vom 29.9.1995 in der geltend gemachten Höhe, die rechnerisch zwischen den Parteien des Re...

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