Leitsatz (amtlich)

Ein vor Zustellung der Klage im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens erlassener Verweisungsbeschluss ist für das darin bezeichnete Gericht bindend, jedoch nur für dieses Verfahren, nicht auch für das Klageverfahren.

Die schuldhafte Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht kann neben der Haftung aus Vertrag auch eine deliktsrechtliche Haftung des Vermieters begründen.

Kinder des Mieters sind in den Schutzbereich des Mietvertrages einbezogen; ggü. Minderjährigen ist die Verkehrssicherungspflicht des Vermieters begrenzt durch die Verantwortung der Eltern.

Der Befall einer Wohnung mit Schimmelpilzen kann ein haftungsbegründender Mangel sein.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 23.06.2005; Aktenzeichen 34 O 400/05)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des LG Berlin vom 23.6.2005 - 34 O 400/05 - wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Die in den Jahren 1998 und 1999 geborenen Kläger begehren die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Klage auf Zahlung eines in das Ermessen des Gerichts gestellten Schmerzensgeldes zzgl. einer lebenslänglichen Schmerzensgeldrente. Ihr Vater hatte gemeinsam mit seiner früheren Ehefrau von der Beklagten ab dem Jahre 1992 eine Wohnung in Berlin Schöneberg gemietet. Ab dem Jahre 1999 bewohnten auch die Kläger diese Wohnung. Die Kläger behaupten, die Wohnung sei aufgrund eines auf einen Rohrbruch zurückzuführenden Wassereinbruchs im Jahre 1999 feucht geworden, wodurch sich an den Wänden noch im Jahre 1999 in erheblichem Maße Schimmelpilz gebildet hätte. Ihr Vater hätte die Beklagte zunächst ab August/September 1999 mündlich, dann auch mit Schreiben vom 14.4.2003 schriftlich zur Beseitigung des Schimmelbefalls aufgefordert. Die Kläger hätten schon kurz nach dem Einzug in die Wohnung ab dem Jahre 1999 unter Atemwegsinfekten, insb. Bronchitis gelitten, die sich zunehmend gehäuft hätten und die, wie im Jahre 2003 diagnostiziert worden sei, auf eine Schimmelpilzallergie zurückzuführen sei. Spätestens seit dem Jahre 2003 besteht bei beiden Klägern ein unheilbares Asthma bronchiale.

Die Kläger haben die Klage mit dem zugleich gestellten Prozesskostenhilfegesuch zunächst vor dem AG Schöneberg erhoben. Dieses hat sich für sachlich unzuständig gehalten und den Rechtsstreit ohne vorherige Zustellung der Klageschrift auf Antrag der Kläger an das LG Berlin verwiesen. Dieses hat den Prozesskostenhilfeantrag mit der Begründung zurückgewiesen, es sei für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht zuständig, die Verweisung sei mangels Zustellung der Klageschrift nicht bindend. Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihrer sofortigen Beschwerde.

Die sofortige Beschwerde, über die gem. § 568 Abs. 1 S. 1 ZPO durch den Einzelrichter zu entscheiden ist, ist gem. §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 127 Abs. 2 S. 2, ZPO zulässig. Sie ist jedoch unbegründet, weil die Rechtsverfolgung der Kläger keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 114 ZPO).

Allerdings folgt dies entgegen der vom LG vertretenen Ansicht nicht bereits daraus, dass das LG für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht zuständig ist. Denn jedenfalls für das Prozesskostenhilfeverfahren ist die Zuständigkeit des LG durch den Verweisungsbeschluss des AG Schöneberg in entsprechender Anwendung von § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO (vgl. dazu BGH, Beschl. v. 5.6.1991 - XII ARZ 14/91, NJW-RR 1991, 1172) bindend begründet worden. Die Verweisung erfasste ohne Einschränkung alle in der Klageschrift enthaltenen Anträge, also, entgegen der vom LG vertretenen Ansicht, auch das Verfahren betreffend die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Das AG hat ersichtlich auch zur Vermeidung der Zurückweisung des Prozesskostenhilfeantrages auf die Stellung des umfassenden Verweisungsantrages hingewirkt. Die Verweisung, die auf der Annahme des AG beruht, es sei für die geltend gemachten Schmerzensgeldansprüche der Kläger sachlich nicht zuständig, weil es sich insoweit nicht um Ansprüche aus einem Mietverhältnis über Wohnraum handele, ist weder willkürlich noch aus anderen Gründen unwirksam, mag die vom AG vertretene Ansicht auch unzutreffend sein.

Die Verweisung ist betreffend das Prozesskostenhilfeverfahren entgegen der vom LG vertretenen Ansicht auch nicht deshalb unwirksam, weil bisher der Beklagten die Klage nicht zugestellt worden ist. Zwar setzt eine wirksame Verweisung grundsätzlich Rechtshängigkeit, also die Zustellung der Klage voraus (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 281 Rz. 7; BGH, Beschl. v. 2.12.1982 - I ARZ 586/82, MDR 1983, 466 = NJW 1983, 1062, jeweils m.w.N.). Jedoch gilt dies nicht für eine Verweisung eines Prozesskostenhilfeverfahrens. Hier erfordert der Erlass eines bindenden Verweisungsbeschlusses lediglich die (hier erfolgte) formlose Mitteilung der Antragsschrift an den Antragsgegner (vgl. etwa BGH, Beschl. v. 2.12.1982 - I ARZ 586/82, MDR 1983, 466 = NJW 1983, 1062; Beschl. v. 9.3.1994 - XII ARZ 8/94, NJW-RR 1994,706). Der ohne Zustellung der Klage im Prozesskostenhilfeprüfverfahren erlassene Verweisungsbe...

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