Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechnung Geschäftsgebühr auf Verfahrensgebühr
Leitsatz (amtlich)
Bei der Neuregelung des § 15a RVG handelt es sich um eine Gesetzesänderung, auf die die Übergangsregelung des § 60 Abs. 1 RVG Anwendung findet (entgegen BGH, Beschl. v. 2.9.2009 - II ZB 35/07, ZIP 2009, 1927 f. = NJW 2009, 3101)
Normenkette
ZPO § 104; RVG §§ 15a, 60
Verfahrensgang
LG Stade (Beschluss vom 21.08.2009; Aktenzeichen 2 O 85/08) |
Tenor
Die am 16.9.2009 beim LG Stade eingegangene sofortige Beschwerde des Beklagten vom selben Tage gegen den am 2.9.2009 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers der 2. Zivilkammer des LG Stade vom 21.8.2009 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 900 EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien haben vor dem LG Stade um wechselseitige Ansprüche aus einem Architektenvertrag gestritten. Das LG hat mit Urteil vom 25.3.2009 über die Ansprüche entschieden. Die Kosten des Rechtsstreits hatten die Klägerin zu 9/10 und der Beklagte zu 1/10 zu tragen.
Unter dem 26.5. und 22.7.2009 haben die Parteien ihre Kosten zur Kostenausgleichung angemeldet. Der Beklagte hat hierbei eine volle Verfahrensgebühr i.H.v. 1.459,90 EUR angesetzt. Dem ist der Beklagte entgegengetreten und hat geltend gemacht, es sei die vorgerichtlich nach Nr. 2300 VV-RVG verdiente Geschäftsgebühr in Abzug zu bringen.
Mit Beschluss vom 21.8.2009 hat das LG die von der Klägerin an den Beklagten zu erstattenden Kosten auf 1.570,60 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 14.4.2009 festgesetzt (Bl. 113 ff. d.A.). Es hat gemeint, die für die vorgerichtliche Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten des Beklagten verdiente Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 RVG-VV sei gemäß Vorbem. 3 Abs. 4 zu 3100 ff. RVG-VV zur Hälfte auf die spätere Verfahrensgebühr anzurechnen, so dass sich die Verfahrensgebühr um 729,95 EUR verringere.
Gegen diesen ihr am 2.9.2009 zugestellten Beschluss hat der Beklagte mit beim LG am 16.9.2009 eingegangenen Schriftsatz vom selben Tage sofortige Beschwerde eingelegt (Bl. 119 ff. d.A.). Er hat unter Hinweis auf den Beschluss des OLG Stuttgart vom 11.8.2009 die Auffassung vertreten, die Geschäftsgebühr sei nicht anzurechnen.
Mit Beschluss vom 5.10.2009 hat das LG der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Es hat auf die Rechtsprechung des Senats (2 W 240/09 vom 26.8.2009) und diejenige des Hanseatischen OLG vom 21.9.2009 (4 W 236/09) Bezug genommen.
II. Die sofortige Beschwerde ist gem. § 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2, 569 ZPO zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. Trotz der missverständlichen Formulierung, dass "wir hiermit ... sofortige Beschwerde" einlegen, handelt es sich bei verständiger Würdigung nicht um ein im eigenen Namen der Prozessbevollmächtigten, sondern vielmehr um ein im Namen des Beklagten eingelegtes Rechtsmittel. Dies ergibt sich daraus, dass in der Begründung auf den Kostenfestsetzungsantrag des Beklagten und dem diesem gegen die Klägerin zustehenden Erstattungsanspruch Bezug genommen wird.
Die so verstandene Beschwerde hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Mit Recht hat der Rechtspfleger im angefochtenen Beschluss die außergerichtliche Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 RVG-VV nach VV Vorbem. 3 Abs. 4 RVG hälftig auf die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 RVG-VV angerechnet.
1. Zu Unrecht macht die Klägerin unter Berufung auf die Entscheidung des OLG Stuttgart vom 11.8.2009 geltend, die Rechtslage zur Anrechnung einer vorgerichtlich verdienten Geschäftsgebühr auf die gerichtliche Verfahrensgebühr habe sich durch die Einführung des § 15a RVG geändert, diese Vorschrift sei auch auf Altfälle anzuwenden. Der Senat hat bereits in seinem Beschluss vom 26.8.2009 (Az.: 2 W 240/09) und später in weiteren Beschlüssen (gegen den Beschluss vom 10.9.2009 zum Verfahren 2 W 253/09 ist mittlerweile Rechtsbeschwerde zum BGH - X ARZ 292/09 - eingelegt worden) darauf hingewiesen, dass die Regelung des § 15a RVG wegen der Überleitungsvorschrift des § 60 Abs. 1 RVG keine Anwendung findet und hierzu u.a. ausgeführt:
"Die Kläger übersehen, dass der Gesetzgeber im Rahmen der Neuregelung keine eigenständige Übergangsvorschrift geschaffen hat, so dass auch insoweit § 60 Abs. 1 RVG Anwendung findet. Danach ist das anzuwendende Recht davon abhängig, wann der Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit i.S.d. § 15 RVG erteilt worden ist. Ist der Auftrag vor der Gesetzesänderung erteilt worden, findet bisheriges Recht Anwendung. Danach ist für den Streitfall bisheriges Recht anzuwenden, nachdem der Rechtsstreit bereits vor der Gesetzesänderung beendet war. Soweit z.T. in der Literatur (u.a. Hansens, zuletzt RVGreport 2009, 306) und neuerdings auch in der Rechtsprechung (OLG Stuttgart, Beschl. v. 11.8.2008 - 8 W 339/09) die Auffassung vert...