Leitsatz (amtlich)
1. Bei einem Anspruch wegen Sachmängeln betrifft die Hemmung - entsprechend der durch die sog. Symptomtheorie in gleicher Weise verminderten Anforderungen an die Mängelrüge des Käufers bzw. Werkbestellers - die Mangelursache, nicht nur die erkennbar gewordenen Mangelerscheinungen.
2. Die Hemmung erfasst darüber hinaus - wie § 213 BGB n.F. (vgl. zuvor §§ 477 Abs. 3, 639 Abs. 2 BGB a.F.) ausdrücklich klarstellt - auch Ansprüche die aus demselben Grunde wahlweise (sei es alternativ, sei es in elektiver Konkurrenz) neben dem Anspruch oder an seiner Stelle gegeben sind. Dies ist für alle heute in § 634 BGB geregelten werkvertraglichen Nacherfüllungs- und Gewährleistungsreche anzunehmen, die auf demselben Mangel beruhen.
3. § 213 BGB erweitert § 204 BGB auf Fälle, bei denen es um verschiedene prozessuale Ansprüche geht, die aber auf demselben oder zumindest auf einem "im Kern" identischen Anspruchsgrund beruhen bzw. auf dasselbe oder zumindest auf ein im Kern identisches "wirtschaftliches Interesse" gerichtet sind.
4. Die erweiterten Hemmungswirkungen des § 213 BGB können - über den Streitgegenstand hinaus - auch erst später geltend gemachte Ansprüche erfassen, sofern diese dasselbe Ziel wie der zunächst erhobene Anspruch verfolgen und sich nach Grund und Rechtsnatur als Ausprägung des geltend gemachten Anspruchs darstellen.
5. Das Verhältnis von Minderung und Rücktritt i.S.v. § 437 Nr. 2 BGB n.F. ist nunmehr ein Verhältnis ausschließender Konkurrenz, wobei die Ausübung des einen oder des anderen Gestaltungsrechts jeweils unmittelbar und einseitig und mit Bindungswirkung für den Käufer zu einer Änderung der Rechtsbeziehung führt. Durch wirksamen Rücktritt entfällt grundsätzlich das Wahlrecht des Käufers (bzw. sein Recht auf Minderung) bindend und der Käufer kann grundsätzlich - vorbehaltlich der Wirksamkeit des Rücktritts und vorbehaltlich widersprüchlichen Verhaltens des Verkäufers i.S.v. § 242 BGB - nicht mehr auf die Minderung übergehen.
6. Weder aus dem Wortlaut noch aus der Systematik des Gesetzes noch aus den Materialien folgt, dass der Gesetzgeber die Hemmungswirkung des § 213 BGB auch darauf erstrecken wollte, dass infolge eines Rechtsirrtums der Käuferin bzw. deren Prozessbevollmächtigten (§ 85 Abs. 2 ZPO) die Bindungswirkung des zuvor erklärten Rücktritts zunächst verkannt wird, in unverjährter Zeit lediglich eine auf ein infolgedessen materiell-rechtlich nicht (mehr) statthaftes Minderungsverlangen gerichtete Klage erhoben wird und die zuvor mit Bindungswirkung gewählte Rückabwicklung des Kaufvertrages dann erst nach Eintritt der Verjährung des Rückabwicklungsanspruchs und gerichtlichem Hinweis prozessual geltend gemacht wird.
7. Die Verjährungshemmung durch gerichtliche Rechtsverfolgung tritt regelmäßig (mit Ausnahme von Vorschussansprüchen) nur in Höhe des konkret geltend gemachten Betrages ein.
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 7. Zivilkammer des LG Wuppertal vom 15.8.2013 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neugefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Die Klägerin macht gegen die Beklagte nach Rücktritt vom Kaufvertrag über das Pferd "C." zu einem Kaufpreis von 48.000 EUR (mit Inzahlungnahme des Pferdes "LF" zum Preis von 8.000 EUR) Gewährleistungsrechte wegen einer sog. Hufrollenerkrankung des Pferdes "C. " an den Vorderfüßen geltend, zunächst die Minderung des Kaufpreises um 15.000 EUR zuletzt die Rückabwicklung des Kaufvertrages, die Feststellung des Annahmeverzuges sowie der Ersatzpflicht der Beklagten hinsichtlich Verwendungen bis zur Rückabwicklung. Wegen weiterer Einzelheiten wird gem. § 540 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Das LG hat - nach Hinweisen (61 ff./71/410 GA) sowie Beweisaufnahme durch Zeugenvernehmung (87 GA i.V.m. 129/144 ff. GA - Zeuge O. -, 136 ff. GA - Zeuge R.; 171 GA i.V.m. 190 ff. GA - Zeuge K. -, 178/205 GA - Verzicht auf den Zeugen T.) und durch ein Gutachten des Sachverständigen Dr. W. (214 ff. i.V.m. 359 ff. GA) der Klage teilweise (hinsichtlich des Zahlungsantrages begrenzt auf 40.000 EUR und unter Abweisung eines Teils der Zinsen) entsprochen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Rückzahlung i.H.v. 40.000 EUR Zug um Zug gegen Herausgabe des Pferdes "C. " zu (§§ 437 Nr. 2, 433, 326, 323, 346 ff. BGB).
Die Beklagte habe die Pflich...