Entscheidungsstichwort (Thema)

Einholung weiteren Gutachtens im selbständigen Beweisverfahren

 

Normenkette

ZPO § 412 Abs. 1, § 492 Abs. 1, § 567 Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LG Wiesbaden (Beschluss vom 21.09.2007; Aktenzeichen 10 OH 5/02)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegner zu 3) und 4) in wird der Beschluss des LG Wiesbaden - 10. Zivilkammer - vom 21.9.2007 aufgehoben.

Die Sache wird mit der Maßgabe an das LG zurückverwiesen, dass über die Anträge des Antragsgegners zu 3) vom 6.2.2007 und des Antragsgegners zu 4) vom 21.2.2007 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Beschwerdegerichts neu zu entscheiden ist.

 

Gründe

I. Die Antragsteller begehren im selbständigen Beweisverfahren die gutachterliche Feststellung, dass in den Keller des von ihnen als Bauherrn errichteten Neubaus Feuchtigkeit eindringt, ferner die Klärung der Frage, welche Fehler der Antragsgegner dafür ursächlich sind, sowie, welche Maßnahmen zur Mängelbeseitigung erforderlich sind und deren Kosten. Die Antragsgegnerin zu 1) war als Generalübernehmerin mit der Erstellung des Neubaus beauftragt; die Antragsgegnerin zu 2) hat u.a. die Bodenplatte ausgeführt; der Antragsgegner zu 3) war als Architekt mit der Genehmigungsplanung beauftragt; der Antragsgegner zu 4) war mit Ingenieurleistungen bei der Tragwerksplanung und der thermischen Bauphysik beauftragt. Der Antragsgegner zu 5) schließlich hat ein Baugrundgutachten erstellt und Beratungsleistungen erbracht.

Auf der Grundlage des Beweisbeschlusses vom 19.3.2002 (Bl. 94 d.A.), ergänzt durch Beschluss vom 22.11.2002 (Bl. 253 d.A.) hat der Sachverständige A unter dem 8.4.2004 ein schriftliches Gutachten erstattet (Anlagenband). Mit Beschluss vom 14.9.2004 (Bl. 575 d.A.) ist dem Sachverständigen aufgegeben worden, zu den Einwendungen der Antragsteller und der Antragsgegner zu 1) bis 4) Stellung zu nehmen. Der Sachverständige hat daraufhin unter dem 9.12.2005 ein schriftliches Ergänzungsgutachten (Anlagenband) erstellt. Nach dahingehendem Antrag der Antragsgegnerin zu 2) (Bl. 781 d.A.) ist aufgrund des Beschlusses des LG vom 2.6.2006 (Bl. 847) der Sachverständige A am 6.10.2006 mündlich angehört worden (Protokoll Bl. 690 d.A.). Mit Schriftsatz vom 7.2.2007 hat der Antragsgegner zu 3) beantragt, einen neuen Sachverständigen mit der Begutachtung zu beauftragen, hilfsweise Einholung eines Obergutachtens, höchsthilfsweise dem Sachverständigen A eine schriftliche Ergänzung seines Gutachtens aufzugeben und weiter hilfsweise den Sachverständigen mündlich anzuhören (Bl. 962 d.A.). Er hat dazu die schriftliche Stellungnahme des Sachverständigen für Beton- und Stahlhochbau B zu den Gutachten des Sachverständigen A vorgelegt (Bl. 994 ff. d.A.). Unter Bezugnahme auf die Stellungnahme des Sachverständigen B hat am 21.2.2007 auch der Beklagte zu 4) die Einholung eines Obergutachtens beantragt (Bl. 1042 d.A.).

Das LG hat zunächst mit Schreiben vom 5.4.2007 (Bl. 1092 d.A.) darauf hingewiesen, dass es zu bestimmten Fragen die Einholung eines Obergutachtens durch einen anderen Sachverständigen als erforderlich ansehe.

Nach Hinweis auf eine nunmehr geänderte Würdigung der Rechtslage (Bl. 1136 d.A.) hat das LG mit Beschluss vom 21.9.2007 (Bl. 1160 d.A.) den Streitwert festgesetzt und festgestellt, dass das selbständige Beweisverfahren abgeschlossen sei. Es hat in den Gründen ausgeführt, dass keine weitere Beweiserhebung durchzuführen sei. Die Einholung eines Obergutachtens im selbständigen Beweisverfahren sei nur dann möglich, wenn das eingeholte Gutachten grobe Mängel aufweise und schon auf den ersten Blick völlig ungeeignet erscheine (OLG Frankfurt, Beschluss vom 5.5.2006 - 19 W 17/06). Dies sei hier nicht der Fall.

Hiergegen richten sich die von den Antragsgegnern zu 3) und 4) eingelegten Rechtsmittel.

Der Antragsgegner zu 3) vertritt die Auffassung, dass das Gericht nach dem auch im selbständigen Beweisverfahren anzuwendenden § 412 ZPO darüber befinden müsse, ob es das bereits eingeholte Gutachten für ungenügend erachte. Dies sei nicht nur dann der Fall, wenn das Gutachten grobe Mängel aufweise und "auf den ersten Blick" als völlig ungeeignet erscheine. Im Rahmen dieses Ermessens sei auch im selbständigen Beweisverfahren eine Beweiswürdigung vorzunehmen. Er meint, aus der vorgelegten Stellungnahme des Sachverständigen B ergebe sich die Einstufung der Gutachten und der mündlichen Ausführungen des Sachverständigen A als ungenügend und mangelhaft. Zumindest habe das LG seinen Hilfsanträgen stattgegeben müssen.

Der Antragsgegner zu 4) vertritt die Auffassung, das Gutachten des Sachverständigen A weise grobe Fehler auf. Für die Einholung eines Obergutachtens komme es nicht darauf an, dass dieser Fehler erst nach Beurteilung durch einen weiteren (Privat-)Sachverständigen offenkundig werde. Aus dem Privatgutachten ergebe sich auch, dass es dem Sachverständigen A an grundlegenden Kenntnissen fehle und er methodisch falsch gearbeitet habe. Den Parteien sei ohne Einholung eines Obergutachtens mit dem Beweisverfahren nicht gedient...

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