Entscheidungsstichwort (Thema)

Insolvenzanfechtung: Vorliegen objektiver Gläubigerbenachteiligung

 

Verfahrensgang

LG Gießen (Entscheidung vom 14.01.2011; Aktenzeichen 4 O 211/10)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 13.09.2012; Aktenzeichen IX ZA 1/12)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Gießen vom 14.1.2011 wird zurückgewiesen.

Das Urteil des Landgerichts ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf eine Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe des 1,2-fachen des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des 1,2-fachen des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger als Insolvenzverwalter nimmt die Beklagte wegen Insolvenzanfechtung einer Grundschuldabtretung des Insolvenzschuldners an die Beklagte nach einer während des Insolvenzverfahrens von ihm vorgenommenen freihändigen Veräußerung des bereits vorrangig wertausschöpfend belasteten Grundstück auf Ersatz eines "Lästigkeitswerts" der Grundschuld in Anspruch.

Anstelle einer Darstellung des Sach- und Streitstandes in erster Instanz und der erstinstanzlichen Klageanträge wird auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts Gießen vom 14.1.2011 Bezug genommen. Der Tatbestand ist dahin zu ergänzen, dass das von dem Kläger veräußerte Grundstück des Insolvenzschuldners nicht nur dinglich durch vorrangige Grundschulden über den von dem Kläger bei der Veräußerung erzielten Kaufpreis hinaus belastet war; vielmehr reichte der Kaufpreis nach dem unstreitig gebliebenen Vortrag der Beklagten auch nicht aus, um die Verbindlichkeiten des Insolvenzschuldners bei der Grundschuldgläubigerin bzw. deren Rechtsnachfolgerin auszugleichen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dem Kläger stehe kein Anspruch auf Zahlung gegen die Beklagte aus den §§ 134 Abs. 1, 143 Insolvenzordnung zu, da nicht festgestellt werden könne, dass der Insolvenzmasse zu Gunsten der Beklagten ein solcher Vermögenswert entzogen worden sei. Die an letzter Rangstelle stehende Grundschuld, welche die Beklagte erhalten habe, habe für den Insolvenzschuldner keinen unmittelbaren wirtschaftlichen Wert gehabt und zu Gunsten der Insolvenzgläubiger nicht auf direktem Wege erfolgreich verwertet werden können, da bei einem Kaufpreis von nur 800.000,-- € vorrangige dingliche Belastungen von 1.450.000,-- € bestanden hätten. Es sei seitens des Klägers weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass bei einer aus der Eigentümergrundschuldschuld von dem Kläger betriebenen Zwangsversteigerung ein Erlös von mehr als 800.000,-- € oder gar mehr als 1.450.000,-- € hätte erzielt werden können. Hinsichtlich der (theoretischen) Möglichkeit der Verwertung einer Grundschuld durch Veräußerung an einen Dritten könne nicht angenommen werden, dass bei einem Grundstückswert von 800.000,-- € und vorrangigen Grundpfandrechten von 1.450.000,-- € ein Erwerber bereit gewesen wäre, dafür irgend eine Gegenleistung zu erbringen.

Die Klageforderung sei auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Rechtsprechung zum sogenannten Lästigkeitswert gemäß dem vom Kläger zitierten Urteil des Oberlandesgerichts Hamburg begründet. Zwar unterliege eine Grundschuld nach dieser zur Konkursordnung ergangenen Entscheidung der Anfechtung, wenn eine tatsächliche Möglichkeit bestehe, dass der Inhaber der Grundschuld aus der bloß formalen, bezogen auf vorrangige Grundstücksbelastungen an sich nicht werthaltigen Grundschuldeintragung einen Lästigkeitswert realisiere, weil andere Grundschuldgläubiger bereit seien, ihm seine für eine freihändige Verwertung des Grundstücks erforderliche Zustimmung "abzukaufen". Es sei jedoch nicht anzunehmen, dass die Beklagte einen solchen Lästigkeitswert habe realisieren können. Der von der Beklagten eingeräumte Umstand, dass der Besitz der Eigentümergrundschuld die Verhandlungen ihres Prozessbevollmächtigten mit der A-Bank beschleunigt habe, sei ein erstes Indiz dafür, dass vielleicht ein Lästigkeitswert bestanden habe. Mehr als dieses Indiz liege aber nicht vor, so dass sich das Gericht nicht dazu habe durchringen können, die Behauptung der Klägerin zu den realisierten Gegenleistungen als erwiesen anzusehen. Die Beweisaufnahme sei gescheitert, weil sämtliche vom Kläger für seine Behauptung benannten Zeugen sich auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht im Sinne von § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO berufen hätten. Die Behauptung des Klägers könne nach den Grundsätzen der Beweisvereitelung unter Berücksichtigung der von der Beklagten angegebenen Gründe für ihre Berufung auf das Bankgeheimnis auch nicht als wahr unterstellt werden, zumal die Gegenleistung, welche die Beklagte nach dem Vortrag des Klägers für die Herausgabe des Grundschuldbriefes von der A-Bank erhalten haben solle, mit einer Summe, die nahezu 30 %...

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