Leitsatz (amtlich)

1. Das Firmenschlagwort „Sieh an!” ist der Bezeichnung „siehan.de” sehr ähnlich. Eine Verwechslungsgefahr scheidet – trotz bestehender potentieller Verwechslungsfähigkeit der vorgenannten Bezeichnungen – aus, wenn Branchennähe nicht besteht. Zwischen einer Tätigkeit im Versandhandel, insbesondere mit Textilien, und dem Betreiben eines interaktiven Internet-Portals und der Herausgabe eines Internet-Magazins, über welche allgemeine Informationen gesammelt und zugänglich gemacht werden, besteht keine Branchennähe.

2. Bei der Beurteilung der Branchennähe ist im Hinblick auf eine Domainbezeichnung maßgeblich auf die unter der Internet-Adresse angebotenen Waren und Dienstleistungen abzustellen.

 

Normenkette

UWG § 25; MarkenG § 5 Abs. 2, § 15 Abs. 2, § 4 und 5; BGB § 12

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Aktenzeichen 416 O 15/01)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Hamburg, Kammer 16 für Handelssachen, vom 4.5.2001 abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des gesamten Rechtsstreits.

Das Urteil ist – für die Beklagte – gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000 Euro vorläufig vollstreckbar.

Gegen dieses Urteil wird das Rechtsmittel der Revision nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte aus Marken-, Namens- und Wettbewerbsrecht in Anspruch.

Die Klägerin betreibt ein Versandhandelsunternehmen, dessen Angebot insbesondere Bekleidung umfasst (Anl. K 6), und ist seit dem 26.6.1997 unter der Firma „S.! Handelsgesellschaft mbH” im Handelsregister des AG Amberg eingetragen. Als Unternehmensgegenstand wurden „der Groß- und Einzelhandel, insbesondere der Versand- und der Warenhaushandel mit Waren aller Art, ferner die Herstellung der im Rahmen der Einzelhandelsaktivitäten angebotenen Waren sowie Dienstleistungen aller Art” angegeben (Anl. K 1). Die Klägerin ist Inhaberin der Domain „sieh-an.de”, welche am 7.8.1997 für sie registriert wurde. Darüber hinaus ist die Klägerin Inhaberin der Domains „siehan.com”, „siehan.net”, „siehan.at”, „siehan.ch” sowie der Domains „sieh-an.com”, „sieh-an.net”, Dsieh-an.at” und „sieh-an.ch”. Diese Domains ließ die Klägerin im August 2000 für sich registrieren.

Die Beklagte ist Inhaberin der Domain „siehan.de”, welche im World Wide Web unter der Internet-Adresse „www.siehan.de” abrufbar ist. Diese Domain wurde am 14.12.1998 für die Beklagte registriert. Gleichzeitig wurde der Geschäftsführer der Beklagten bei der D. e.G. als administrativer Ansprechpartner eingetragen (Anl. K 2). Unter der genannten Adresse bietet die Beklagte ein Internetmagazin bzw.

Internetportal mit dem Namen „www.siehan.de” an. Unter der streitgegenständlichen Internet-Adresse werden über die Website der Beklagten redaktionell, thematisch und alphabetisch geordnete Hyperlinks zu Stichworten, wie bspw. Auto, Auktionen, Chat, Download, Politik oder Shopping, bereit gehalten. Die Beklagte stellt auf diesem Wege über 800 Links zur Verfügung (Anl. K 3).

Mitte August 2000 bemerkte die Klägerin, dass die Beklagte die Domain „www.siehan.de” für sich hatte registrieren lassen. Mit Schreiben vom 7.9.2000 mahnten die Kläger-Vertreter die Beklagte unter Fristsetzung zum 11.9.2000 ab (Anl. K 4). Die Beklagte war jedoch nicht bereit, eine entsprechende Verpflichtungserklärung abzugeben.

Das LG Hamburg, Kammer 16 für Handelssachen, hat der Beklagten nachfolgend mit einstweiliger Verfügung vom 19.9.2000 (Az.: 416 O 247/00)

1. bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel verboten,

a. sich im geschäftlichen Verkehr der Bezeichnung „S.” zu bedienen, insbesondere eine Domain „www.siehan.de” zu halten;

b. die Internet-Domain „siehan.de” zu veräußern oder veräußern zu lassen, sie zu übertragen oder übertragen zu lassen oder in sonstiger Weise darüber zu verfügen, sofern nicht die Veräußerung, Übertragung oder sonstige Verfügung an die Firma S.! Handelsgesellschaft mbH oder mit deren Zustimmung erfolgt,

2. bei Meidung eines Zwangsgeldes von bis zu 50.000 DM, ersatzweise Zwangshaft, aufgegeben, gegenüber D. alle notwendigen Handlungen vorzunehmen, damit die Übertragung der Domain „siehan.de” zugunsten der Antragstellerin vorgenommen werden kann.

Gegen diese Beschlussverfügung hat sich die Beklagte mit Teil-Widerspruch vom 23.10.2000 gewendet. Sie hat ihren Widerspruch auf den Tenor zu 2. beschränkt und zur Begründung ausgeführt, dass ein Domain-Übertragungsanspruch, zumal im einstweiligen Verfügungsverfahren, nicht bestehe.

Mit Urteil vom 15.12.2000 hat daraufhin das LG Hamburg seine einstweilige Verfügung vom 19.9.2000 hinsichtlich der Ziffer 2. aufgehoben und insoweit den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zurückgewiesen.

Nachfolgend hat die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 18.12.2000 unter Fristsetzung zum 8.1.2001 zur Abgabe der Abschlusserklärung aufgefordert. Die Beklagte war jedoch nicht bereit, die verlangte Erklärung abzugeben. Daraufhin hat die Klägerin ihre Ansprüche im vorliegenden Rechtsstreit im Wege der Hauptsacheklage weiter verfolgt.

Sie hat dazu erstinstanzlich...

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