Leitsatz (amtlich)
1. Zum Umfang der Bindungswirkung der rechtskräftigen Feststellung der Schadensersatzpflicht wegen Markenverletzung im anschließenden Betragsverfahren (Zahlungsklage).
2. Der Schadensersatz für die Markenverletzung (hier: Parallelimport von Arzneimitteln ohne Vorabinformation) kann im Wege der Lizenzanalogie bestimmt werden, und zwar im Einzelfall unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände, zu diesen gehört die Bedeutung der Marke bzw. des Arzneimittels. Beruht die Markenverletzung nur auf der fehlenden Vorabinformation, so geht es der Sache nach nur um eine Art Ergänzungslizenz für eine Verletzung von eher geringerem Gewicht (vorliegend 1 % des Umsatzes).
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 12.01.2000; Aktenzeichen 315 O 731/99) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 15, vom 12.1.2000 abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.697,49 Euro (= 3.320 DM) nebst 4 % Zinsen seit dem 27.8.1999 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 4/5 und die Beklagte 1/5.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 2.400 Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 2.000 Euro abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin – ein in Deutschland ansässiges Pharmaunternehmen – produziert und vertreibt in Deutschland die Arzneimittel B. und B. MITE. Die Bezeichnung „B. …” ist als deutsche Marke (Klagemarke) für sie als Lizenznehmerin geschützt, Inhaberin der Klagemarke ist die mit ihr konzernmäßig verbundene schwedische A.-AB.
Die Beklagte – eine Parallelimporteurin von Arzneimitteln – hat die Arzneimittel B. und B. MITE parallelimportiert und in Deutschland nach entspr. Umkonfektionierung vertrieben. Die hierbei verwendeten Blisterpackungen beanstandet die Klägerin als Markenrechtsverletzung und außerdem als wettbewerbswidrig.
Sie nimmt die Beklagte mit der vorliegenden Klage auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch.
In dem vorangegangenen Klageverfahren gleichen Rubrums (im „Vorprozess” – damals firmierte die Klägerin noch unter „A.-GmbH”) hat das LG Hamburg mit rechtskräftig gewordenem Urteil vom 10.3.1999 (LG Hamburg, Urt. v. 10.3.1999 – 315 O 698/98 – vgl. Anlage K 1) u.a. festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen Schaden zu erstatten, der dieser aus Handlungen der in Ziff. 1 gekennzeichneten Art seit dem 15.4.1998 entstanden ist und/oder noch entstehen wird.
Mit der in Bezug genommenen „Ziff. 1” des Urteilsausspruchs des LG im Vorprozess ist die Beklagte verurteilt worden, es zu unterlassen,
(a) das Arzneimittel B. und/oder
(b) das Arzneimittel B. mite mit den aus den anliegenden Ablichtungen ersichtlichen Blisterpackungen in der Bundesrepublik Deutschland feilzuhalten und/oder in den Verkehr zu bringen (es folgen die Ablichtungen der Blisterpackungen gem. der dortigen Anlagen K 3–4).
Auf die Beiakte des Vorprozesses LG Hamburg 315 O 698/98 wird Bezug genommen. Die dortigen Anlagen K 3–4 zeigen in Ablichtung die von der Beklagten verwendeten Blisterpackungen: Auf deren Vorderseite hat die Beklagte jeweils ihre Firmenbezeichnung („E.”) aufgedruckt und auf der Rückseite ist jeweils die Firma der Klägerin („A.”) stehen geblieben; außerdem ist auf der Rückseite des Blisters „B. (r) 100 mg” (statt B. – Anlage K 3) bzw. „B. (r) 50 mg” (statt B. MITE – Anlage K 4) stehen geblieben.
Nach dem Urteil vom 10.3.1999 im Vorprozess hat die Beklagte Auskunft erteilt, dass sie seit April 1998 mit den beanstandeten Packungen B. und B. MITE Umsätze i.H.v. 332.000 DM erzielt habe (hiesige Anlage K 2).
Die Klägerin hat vorgetragen:
Sie berechne den Schadensersatz über eine angemessene Lizenz i.H.v. 5 % des Umsatzes von 332.000 DM, mithin 16.600 DM (wegen der Abmahnung: Anlage K 3). Die Lizenzhöhe von 5 % liege am unteren Ende der üblichen und angemessenen Lizenz für den Vertrieb von Pharmazeutika (Beweisantritt Bl. 4).
Schon im Vorprozess sei vorgetragen und unstr. geblieben, dass Markeninhaberin der Marke „B. ” die A.-AB. sei. Sie – die Klägerin – sei alleinige Lizenznehmerin und klagebefugt (Beweisantritt Bl. 18). Nach den bindenden Feststellungen des LG im Vorprozess liege eine Markenverletzung sowie ein Verstoß gegen das AMG (mit § 1 UWG) vor. Für die Frage der Markenverletzung komme es auf die Auffassung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) nicht an, die von der Beklagten hierzu vorgelegte Anlage B 1 betreffe diese i.Ü. nicht.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 16.600 DM nebst 5 % Zinsen p.a. seit dem 27.8.1999 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat vorgetragen:
Es fehle an einer Markenverletzung....