Leitsatz (amtlich)

§ 7 Abs. 1 Satz 1 HWG (hier: Barrabatt für verschreibungspflichtige Arzneimittel entgegen §§ 1-3 AMPreisV) setzt entsprechend § 1 Abs. 1 HWG die Werbung für ein Arzneimittel voraus, d.h. eine produktbezogene Absatzwerbung. Daran fehlt es, wenn allgemein die Ausgabe von Gutscheinen durch eine Apotheke gleichsam als Entschädigung für bestimmte Unannehmlichkeiten des Kunden angekündigt wird.

Eine Umgehung des Barrabattverbots ist jedenfalls dann nicht gegeben, wenn die Prämiengewährung wesentliche Punkte (hier: Nachlieferung eines Artikels, Warten auf Arzneimittelzubereitung länger als 20 Minuten, Selbstabholung bei Nachlieferungen) betrifft.

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 28.11.2006; Aktenzeichen 416 O 320/06)

 

Tenor

Die Berufung der Antragstellerin gegen das Urteil des LG Hamburg, Kammer 16 für Handelssachen vom 28.11.2006 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der in der Berufungsverhandlung gestellte Verfügungsantrag zurückgewiesen wird.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

 

Gründe

A. Die Antragstellerin betreibt eine Versandapotheke in ..., ihr Hauptabsatzgebiet ist die Bundesrepublik Deutschland. Die Antragsgegnerin ist Inhaberin einer Apotheke in Saarbrücken. Die Parteien stehen miteinander im Wettbewerb.

Die Antragsgegnerin betreibt unter der Domain www.xoxoxox.de ein Internetangebot. Auf den Internetseiten wirbt sie mit ihrem als "Der Saartaler" bezeichneten Kundenbindungssystem mit Prämien bzw. Gutscheinen zum Sammeln (vgl. die Internetwerbung: Anlage ASt 1 mit den Kopien Bl. 11-12a, Werbeblatt: Anlage AG 1).

Die Antragstellerin beanstandet das als unlauter und nimmt die Antragsgegnerin vorliegend im Wege des Verfügungsverfahrens auf Unterlassung in Anspruch.

In der Werbung der Antragsgegnerin für ihren "Saartaler" heißt es u.a. (Anlage ASt 1 mit Bl. 11-12a):

"Der SAARTALER

TOLLE PRÄMIEN in der ...-apotheke S.".

Was Sie davon haben?

Suchen Sie sich dafür bei uns eine tolle Prämie aus (s. Innenseiten).

Holen Sie sich eine tolle Prämie aus vielen Geschäften in S. und Umgebung.

Tun Sie Gutes und werfen Sie Ihren Taler in die Spendenbüchse in der Apotheke! Wir tauschen die Taler in EUR um und überweisen das Geld an eine wohltätige Organisation. Weitere Informationen zu Höhe und Verwendung der Spende finden Sie an der Spendenbüchse."

Außerdem ist in der "Saartaler"-Werbung unter der Überschrift: "Wofür gibt's unsere SAARTALER" eine Art Tabelle mit verschiedenen Anlässen (Fällen) und den dazu versprochenen Prämienpunkten (Taler mit Zahlen) aufgeführt (Anlage ASt 1 mit Bl. 11-12a). Nach der Ankündigung soll man jeweils einen "Saartaler":

  • Als Dankeschön für Ihren Einkauf ab 10 EUR aus unserem Freiverkauf-Warensortiment.
  • Wenn Sie bei uns einen Artikel nachgeliefert bekommen.
  • Wenn Sie einen Artikel in einer anderen Apotheke billiger finden.
  • Wenn Sie Ihre Bestellung per Fax oder E-Mail im voraus an die Apotheke schicken.
  • Wenn Sie Ihre Leinentasche benutzen und keine neue Tüte brauchen
  • Wenn Sie mit den öffentl. Verkehrsmitteln kommen oder ein Parkticket vorlegen.
  • Wenn Sie an unseren Gesundheitsaktionen teilnehmen.
  • Wenn Sie auf die Zubereitung eines Arzneimittels länger als 20 Minuten warten müssen;

bekommen, zwei "Saartaler" erhält man "Für Selbstabholung bei Nachlieferungen" und jeweils fünf "Saartaler" bekommt man:

  • Für jede neue Kundenkarte.
  • Beim Vorzeigen Ihrer Praxisgebührquittung.
  • Zur Geburt Ihres Kindes.
  • Als Präsent am Geburtstag für alle Kundenkarteninhaber.

Das LG hat mit seiner Beschlussverfügung vom 19.10.2006 der Antragsgegnerin unter Androhung von bestimmten Ordnungsmitteln verboten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs im Rahmen des Betriebes einer Apotheke ein Prämiensystem zu betreiben und hierbei Prämien für

a) die Nachlieferung für Artikel;

b) eine Wartezeit von mehr als 20 Minuten für die Zubereitung eines Arzneimittels;

c) die Selbstabholung nach Nachlieferungen auszuloben; sofern hierbei Zuwendungen auf verschreibungspflichtige, preisgebundene Arzneimittel gewährt werden.

Durch Urteil vom 28.11.2006 hat das LG seine Beschlussverfügung vom 19.10.2006 aufgehoben und den auf ihren Erlass gerichteten Verfügungsantrag zurückgewiesen.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Antragstellerin mit der Berufung, die sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet hat.

Die Antragstellerin beantragt, unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Beschlussverfügung des LG vom 19.10.2006 erneut zu erlassen, und zwar mit der Maßgabe, dass der "sofern"-Satz am Ende des Verbotsausspruch wie folgt lautet:

"sofern dies anlässlich der Abgabe von verschreibungspflichtigen preisgebundenen Arzneimitteln wie in Anlage ASt 1 geschieht."

Die Antragsgegnerin bittet um Zurückweisung der Berufung.

B. Die zulässige Berufung der Antragstellerin hat in der Sache keinen Erfolg. Sie ist demgemäß mit der aus dem Urteilsausspruch des Senats ersichtlichen Maßgabe zurückzuweisen.

I. Der Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Unterlassungsantrag gemäß der Beschlussverfügung des L...

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