Leitsatz (amtlich)
Wird eine bulgarische Staatsangehörige unter Beibehaltung ihrer durch Geburt erworbenen Staatsangehörigkeit eingebürgert und gibt sie keine Erklärung nach Art. 47 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB ab, so behält sie den nach ihrem bisherigen Heimatrecht geführten Vatersnamen (Zwischenname) bei. Dieser wird nicht zum bloßen Vornamen.
Normenkette
EGBGB Art. 47 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Nürnberg (Beschluss vom 21.11.2011; Aktenzeichen UR III 278/11) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Beschwerde der Stadt N. - Standesamtsaufsicht - gegen den Beschluss des AG Nürnberg vom 21.11.2011 wird zurückgewiesen.
II. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
III. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3000 EUR festgesetzt.
Gründe
I.1) Die Antragstellerin wurde am ... in S./Bulgarien als bulgarische Staatsangehörige als Tochter der Eheleute L. I. D. und N. G. D. geboren. Sie erhielt den Vornamen N. und hieß daher N. N. D. Am 10.8.2010 wurde sie unter Beibehaltung der bulgarischen Staatsangehörigkeit eingebürgert. Am 20.8.2011 heiratete sie in S./Bulgarien den deutschen Staatsangehörigen A. G., mit dem sie in N. zusammenlebt. An der Wirksamkeit der Eheschließung bestehen keine Zweifel. Eine Erklärung nach § 47 Abs. 1 EGBGB zur Angleichung ihres Namens hat die Ehefrau nicht abgegeben, sie will insbesondere ihren Vatersnamen "N." behalten, der als solcher sowohl in der bulgarischen Heiratsurkunde wie in ihrem bulgarischen Personalausweis eingetragen ist. Der Heiratsurkunde lässt sich keine Rechtswahlerklärung, sondern nur die Feststellung entnehmen, dass die Eheleute nach der Eheschließung den Namen G. bzw. D.-G. tragen.
2) Die Beteiligte zu 1) hat am 30.9.2011 die Beurkundung ihrer Ehe im Eheregister des Standesamts N. beantragt. Dabei hat sie für die Namensführung deutsches Recht gewählt. Das Standesamt Nürnberg möchte den Vatersnamen der Antragstellerin als solchen gekennzeichnet eintragen, hat aber Zweifel, ob er nicht lediglich als weiterer Vorname einzutragen ist. Es hat den Antrag deshalb nach § 49 Abs. 2 PStG dem AG Nürnberg zur Entscheidung vorgelegt. Aus den vom Standesamt N. vorgelegten Entwürfen zu den möglichen Registereintragungen lässt sich entnehmen, dass die Antragstellerin auf die Voranstellung ihres Geburtsnamens (§ 1355 Abs. 4 BGB) verzichtet hat und nur noch den Familiennamen G. führen will.
Mit Beschluss vom 21.11.2011, auf den wegen der näheren Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das AG den Standesbeamten angewiesen, den Vatersnamen der Antragstellerin als solchen in das Eheregister einzutragen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der durch den (zusätzlichen) Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit eingetretene Statutenwechsel nicht geeignet sei, den bis dahin rechtmäßig geführten Namen zu ändern und aus dem Zwischennamen (Vatersnamen) bulgarischen Rechts einen Vornamen nach deutschem Recht zu machen.
Gegen diesen ihr am 25.11.2011 zugestellten Beschluss hat die Stadt N. - Standesamtsaufsicht - am 29.11.2011 Beschwerde eingelegt, der das AG nicht abgeholfen hat. Zur Begründung verweist sie auf ihre und des Standesamts gegenüber dem AG Nürnberg abgegebenen Stellungnahmen.
II. Das Rechtsmittel ist zulässig (§§ 58, 59 Abs. 3, 63 FamFG, § 51 Abs. 1, § 53 Abs. 2 PStG), hat aber in der Sache keinen Erfolg. Der (zusätzliche) Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch die Antragstellerin lässt ihren Namen auch hinsichtlich ihres mit der Geburt erworbenen Mittelnamens unberührt. Es besteht insoweit mangels einer gesetzlichen Ermächtigung keine Möglichkeit zu einer Zwangsangleichung an deutsches Personenstandsrecht. Auch der vom EuGH entwickelte Grundsatz der Namenseinheit innerhalb der Europäischen Union spricht für dieses Ergebnis.
1) a) Nach Art. 10 Abs. 1 EGBGB unterliegt der Name einer Person dem Recht des Staates, dem die Person angehört. Maßgebender Zeitpunkt für die Anknüpfung zum Zwecke der Bestimmung des richtigen Namensstatuts ist der namensbegründende bzw. -ändernde Vorgang (BGHZ 121, 305; OLG Hamm StAZ 2006, 357; KG OLGZ 1979, 166; Birk in MünchKomm/BGB, 5. Aufl. Art. 10 EGBGB Rz. 25). Mit der Geburt erwirbt das Kind seinen Geburtsnamen. Dieser Grundsatz erfasst Inlands- ebenso wie Auslandsgeburten. Zum Zeitpunkt der Geburt der Beteiligten zu 1) war für die Bestimmung ihres Namens allein bulgarisches Recht maßgeblich. Danach führte sie neben Vor- und Familiennamen zwingend den vom Vornamen ihres Vaters abgeleiteten Zwischennamen "N.".
b) Hieran hat sich durch ihre Einbürgerung am 10.8.2010 nichts geändert. Zwar unterliegt ihre Namensführung von da an ungeachtet des Fortbestands ihrer bulgarischen Staatsangehörigkeit nach Art. 10 Abs. 1 i.V.m. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 EGBGB dem deutschen Recht. Ein solcher Statutenwechsel zum deutschen Recht lässt die Namensführung jedoch grundsätzlich unberührt. Das für die namensrechtlichen Folgen der Einbürgerung maßgebliche deutsche Recht enthält keine Norm, die es ohne weiteres erlauben würde, ...